Bundesverfassungsgericht zur Beweisverwertung rechtswidrig erhobener Informationen im Rahmen der Wohnraumüberwachung

Seit Juni 2004 wurde die Wohnung der Beschwerdeführer mit technischen Mitteln gemäß § 29 Abs. 1 des Rheinland-Pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG RP) akustisch überwacht. Die Anordnung wurde damit begründet, dass der sich in der Wohnung regelmäßig treffende Personenkreis die Begehung terroristischer Anschläge plane.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte die Beschwerdeführer im Jahre 2007 letztinstanzlich wegen Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug in 28 tateinheitlich begangenen Fällen zu Freiheitsstrafen von sieben Jahren, sechs Jahren bzw. drei Jahren und sechs Monaten. Dabei wurden die Informationen aus der Wohnraumüberwachung verwertet.

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen diese strafrechtliche Verurteilungen. Sie betreffen insbesondere die Frage, ob die Informationen aus der eigentlich präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung als Beweis im Strafprozess verwertet werden durfte, obwohl die Ermächtigungsgrundlage aus dem POG RP nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts erfüllte.

Dazu das Bundesverfassungsgericht:

Ob rechtswidrig erhobene oder erlangte Informationen in einem Strafverfahren verwertet werden können, bemisst sich am Recht auf ein faires Verfahren (zu diesem Recht vgl etwa BVerfG, 15.01.2009, 2 BvR 2044/07, BVerfGE 122, 248 <271>). Denn die Frage eines Verwertungsverbotes kann sich auch in Bezug auf Informationen stellen, deren Gewinnung oder Verwertung nicht oder nicht allein das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Angeklagten berühren. (Rn.115)

Von Verfassungs wegen ist ein Beweisverwertungsverbot geboten, wenn der Rechtsverstoß dazu führt, dass der Angeklagte Gang und Ergebnis des Verfahrens nicht mehr hinreichend beeinflussen kann, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht gewahrt sind oder die Informationsverwertung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde.

Die Abwägungslösung des BGH (vgl etwa BGH, 11.11.1998, 3 StR 181/98, BGHSt 44, 243 <248 f>) und die Kriterien, die der BGH in deren Rahmen bei der Prüfung eines Verwertungsverbotes heranzieht, entsprechen den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ergeben. Auch begegnet es keinen Bedenken, dass der BGH ein Verwertungsverbot hinsichtlich rechtswidrig erlangter Informationen von einem Widerspruch in der Hauptverhandlung abhängig macht.

Demnach ist eine Verwertung von rechtswidrig gewonnenen Informationen an dem Recht auf ein faires Verfahren zu bemessen. Das Bundesverfassungsgericht sieht die sog. Abwägungslösung des BGH als verfassungskonformes Instrument an, mit dem ein Beweisverwertungsverbot bestimmt werden kann.

BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011, Az.: 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10

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