EuGH erklärt Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein viel diskutiertes Thema in der Politik und den Medien. Immer wieder werden die Argumente pro und contra der Vorratsdatenspeicherung in den Wahlkampf gebracht. Die einstigen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland wurden aber bereits 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Seit dem gab es, trotz entsprechender EU-Richtlinie, keine Umsetzungsversuche mehr in nationales Recht.

Was ist die Vorratsdatenspeicherung? Was wird gespeichert?

Die Vorratsdatenspeicherung sieht eine Pflicht für Internetprovider zur Speicherung von Daten ihrer Kunden vor. Darunter fallen vor allem Verkehrsdaten, also das Kommunikationsverhalten des Benutzers wie auch personenbezogene Daten. Zusätzlich sollen auch Standort-Daten gespeichert werden. So kann über Monate hinweg ein Bewegungsprofil eines Handys, und damit in der Regel auch seines Besitzers, erstellt werden.

Vorratsdatenspeicherung ist in Deutschland verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Regelung am 2. März 2010 für verfassungswidrig. Es störte sich vor allem an dem mangelnden Datenschutz, den niedrigen Zugriffsschwellen für Behörden und der langen Speicherfrist von 6 Monaten. Die Provider waren daraufhin zur umgehenden Löschung verpflichtet.
Seitdem verstößt Deutschland, da es die Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzt, gegen die entsprechende EU-Richtlinie. Obwohl immer wieder über die modifizierte Einführung des Gesetzes beraten wurde, entschied die Bundesregierung vorerst abzuwarten. Unter anderem hatten nämlich Österreich und Irland die Prüfung der Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angestrebt.

EuGH erklärt Richtlinie für ungültig

Nun entschied auch der EuGH und erklärte die Richtlinie für unwirksam (EuGH, Urteil vom 8. April 2014, Az. C-293/12 und C-594/12). Dabei betont das europäische Gericht, ähnlich wie bereits das Bundesverfassungsgericht, dass zwar eine Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich mit den Grundsätzen der Verfassung, beziehungsweise der EMRK, vereinbar sei. Jedoch müsse der Eingriff auf ein Minimum reduziert sein.
Dies sahen die europäischen Richter genauso wenig umgesetzt wie die Richter in Karlsruhe. Den zeitlichen Rahmen der Speicherfrist (6 bis 24 Monate) hielten sie für zu lang. Vor allem sei nicht ersichtlich, dass der besonders schwere Eingriff in das Privatleben der Bürger auf das Notwendigste beschränkt wurde. So wird lediglich von „schweren Straftaten“ gesprochen, die einen Zugriff auf die Daten rechtfertigen würden. Was genau eine schwere Straftat jedoch ist, ist den nationalen Gesetzgebern überlassen. Ähnlich wie bereits beim BVerfG wird auch der mangelnde Datenschutz kritisiert.

Auswirkungen für die Zukunft

Damit muss Deutschland die Vorratsdatenspeicherung vorerst nicht mehr umsetzen. Möglicherweise wird die EU jedoch eine modifizierte Version der Vorratsdatenspeicherung als neue Richtlinie erlassen. Dann müssten aber die vom EuGH aufgezeigten Problematiken beseitigt werden.
Vor allem dürfte die Vorratsdatenspeicherung dann nur einen deutlich kürzeren Zeitraum umfassen und konkrete Ausgestaltungen zu den Straftaten, bei denen auf die Daten zugegriffen werden dürfte, beinhalten.
Möglich scheint jedoch auch, dass sich grundsätzlich gegen die Vorratsdatenspeicherung entschieden wird. Eine Alternative wäre das sogenannte Quick Freeze. Hiernach könnten die Ermittlungsbehörden bei einem Verdacht die angefallenen Verkehrsdaten bei den Internetprovidern „einfrieren“ lassen und damit die sonstige umgehende Löschung verhindern. Anschließend wird ein richterlicher Beschluss angestrebt. Genehmigt der Richter die Auswertung der Daten, dürfen die Verkehrsdaten dann für ein Strafverfahren verwendet werden. Ansonsten erfolgt auch in diesem Fall die umgehende Löschung. Ein großer Nachteil des Systems ist jedoch, dass die Ermittlungsbehörden dann deutlich schneller reagieren müssten als bei der Vorratsdatenspeicherung. Für welchen Weg sich die EU entscheiden wird, dürfte eine spannende Frage sein, die auch die strafrechtliche Verfolgung von Delikten im Internet beeinflussen wird.

Die Entscheidung:  EuGH, Urteil vom 8. April 2014, Az. C-293/12 und C-594/12

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