Untreue-Verfahren gegen Vorsitzenden der TGD ohne Auflagen eingestellt

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den langjährigen Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde (TGD) in Deutschland, Kenan Kolat, wegen des Verdachts der Untreue (§ 266 StGB). Zuvor hatte sich Kolat selbst angezeigt. Nun wurde das Strafverfahren gegen ihn folgenlos und ohne Auflagen eingestellt.
Der frühere Vorsitzende hatte in seiner Selbstanzeige gestanden, Gelder vom Vereinskonto für private Zwecke abgehoben zu haben. Später zahlte er die Gelder jedoch vollständig wieder zurück. Bereits durch dieses unrechtmäßige Privatdarlehn könnte der Straftatbestand der Untreue erfüllt sein.

Ob im konkreten Fall eine strafbare Untreue vorlag, wird jedoch offen bleiben. Das Gericht stimmte der folgenlosen Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit durch die Staatsanwaltschaft noch im Ermittlungsverfahren zu. Denn selbst wenn sich am Ende des Verfahrens die Schuld herausstellen würde, wäre sie lediglich als so gering anzusehen, dass die Zahlung einer Geldauflage wie z.B. im Fall Edathy aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht notwendig erschien.

Nach Einstellung des Verfahrens gilt der Beschuldigte weiterhin als unschuldig

Damit wird dem Beschuldigten eine öffentliche und Hauptverhandlung mit eventueller Medienberichterstattung erspart. Er gilt weiterhin als unschuldig und es erfolgt weder eine Eintragung in das Bundeszentralregister noch ins polizeiliche Führungszeugnis. In vielen Fällen kann eine Einstellung, auf die auch ein Strafverteidiger hinwirken kann, sowohl die Nerven der Beschuldigten als auch Justizressourcen schonen.

Die Einstellung eines Strafverfahrens noch im Ermittlungsverfahren kommt häufiger vor, als dies oft angenommen wird. Teilweise ist selbst nach Anklageerhebung die Einstellung des Verfahrens – ggf. gegen Zahlung einer Geldauflage – ein Ziel, welches Rechtsanwälte bzw. Strafverteidiger für ihren Mandanten erreichen können. Dabei sind die Erfolgsaussichten umso höher, je geringer der Schuldvorwurf ist und je länger die angebliche Tat zurückliegt. Doch auch in Verfahren, in denen Beweisschwierigkeiten auftreten, kommt eine Verfahrenseinstellung in Betracht, selbst wenn es um Millionenbeträge geht. Gerade im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts sind die Wirtschaftsstrafkammern oft überlastet. Mit zahlreichen Beweisanträgen und entsprechenden Ressourcen können gute Strafverteidiger erreichen, dass das Gericht die drohende Arbeitsüberlastung bei der Überlegung berücksichtigt, das Verfahren ohne umfangreiche Beweisaufnahme im Rahmen eines sog. Deals zu erledigen.

Im Fall Kolat war dies nicht notwendig, da die Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsverfahren erfolgreich davon überzeugt werden konnte, dass jedenfalls die Schuld geringfügig wäre. Bei der Bewertung kam Kenan Kolat sicherlich auch seine Selbstanzeige zugute, auch wenn diese – anders als im Steuerstrafrecht – bei dem Tatbestand der Untreue i.S.d. § 266 StGB nicht zur Straflosigkeit führt. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Verfahren deshalb mit Zustimmung des Amtsgerichts Tiergarten eingestellt, was einen doch recht erfreulichen Ausgang für Herrn Kolat bedeutet.

Der durch den Gesetzgeber konturlose Tatbestand des § 266 StGB führt in der Praxis immer wieder zu schwierigen Abgrenzungsfragen, was (noch) erlaubt ist und was schon eine Straftat darstellt. Daraus ergeben sich für Geschäftsführer, Prokuristen und Personen in vergleichbaren Positionen immer wieder unkalkulierbare Risiken aber auch Möglichkeiten für die Strafverteidigung. Für den Betroffenen empfiehlt sich in solchen Fällen eine rechtliche Beratung durch einen auf das Wirtschaftsstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger.

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