Allgemeines Persönlichkeitsrecht

  • Im Oktober 2010 musste sich ein Journalist vor dem Amtsgericht München verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, einen Prominenten genötigt und dessen höchstpersönlichen Lebensbereich durch unbefugte Bildaufnahmen verletzt zu haben. Dabei sollte der Angeklagte den Geschädigten mit einem Sex-Video zu einem Interview gezwungen haben. Das Video zeigt das mutmaßliche Opfer beim Sex mit zwei Prostituierten.

    Das Amtsgericht verhängte eine Geldstrafe von insgesamt 14.400 Euro.

    Gegen diese Entscheidung legte der Strafverteidiger Berufung ein und der Angeklagte wurde vom Landgericht München freigesprochen. Da der Geschädigte sowie sie Staatsanwaltschaft Revision einlegten, muss nun das Oberlandesgericht München entscheiden.

    ( Quelle: Bayerischer Rundfunk online vom 02.04.2012 )


  • Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 206/2011 vom 22.12.2011

    In der vorliegenden Entscheidung wertete der BGH das Selbstgespräch sowie dessen Inhalt von einer polizeilich abgehörten Person in seinem Kraftfahrzeug zum Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, woraus sich ein absolutes Verwertungsverbot ergab und die Aussage nicht im Prozess verwertet werden darf.  Mit der Entscheidung wurde sowohl der von Art. 13 GG geschützte Bereich auf das eigene Fahrzeug erweitert als auch das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht am eigenen Wort bzw. der ausgesprochenen Gedanken und dem hiervon ausgehenden Gewicht in der Interessenabwägung mit der Strafverfolgung.

    Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof entscheidet zur Unverwertbarkeit von polizeilich abgehörten Selbstgesprächen

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen der drei Angeklagten das Urteil des Landgerichts Köln vom 11. Dezember 2009 aufgehoben, durch welches diese jeweils wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitstrafe verurteilt worden waren (vgl. Pressemitteilung Nr. 176/2011).

    Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete einer der Angeklagten seine Ehefrau, nachdem diese sich von ihm getrennt hatte. Er wollte damit verhindern, dass die Geschädigte das gemeinsame Kind mitnehme, das nach dem Willen des Angeklagten im Haushalt seiner mitangeklagten Schwester und deren ebenfalls mitangeklagten Ehemanns aufwachsen sollte. Die beiden Mitangeklagten waren an der Tat zumindest im Vorbereitungsstadium maßgeblich beteiligt; sie handelten, um den Wunsch zu verwirklichen, das Kind der Getöteten selbst aufzunehmen und großzuziehen. Konkrete Feststellungen zur Art der Tötung und zu konkreten Tatbeiträgen konnte das Landgericht nicht treffen, zumal die Leiche des Tatopfers nicht aufzufinden war.

    Als eines unter mehreren für die Tatbegehung selbst sowie für die Täterschaft der Angeklagten sprechendes Indiz hat das Landgericht Bemerkungen des Ehemanns der Getöteten gewertet, die dieser bei Selbstgesprächen in seinem PKW gemacht hat. Das Kraftfahrzeug war auf richterliche Anordnung mit technischen Mitteln abgehört worden. Dabei wurden sowohl Gespräche von zwei der Angeklagten bei gemeinsamen Fahrten als auch ­ bruchstückhaft ­ Selbstgespräche des angeklagten Ehemanns der Getöteten aufgezeichnet. Auf beides hat das Landgericht die Verurteilung der drei Angeklagten gestützt.

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Selbstgespräche im konkreten Fall nicht hätten zur Überführung der Angeklagten im Strafprozess hätten verwendet werden dürfen. Insoweit bestand ein Beweisverwertungsverbot, das sich unmittelbar aus der Verfassung ergab.
    Denn mit der heimlichen Aufzeichnung und Verwertung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs war ein Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit verbunden.

    Maßgeblich für diese Bewertung des Senats war eine Abwägung und Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände des konkreten Falles. Denn nicht jedes Selbstgespräch einer Person ist ohne Weiteres dem vor staatlichen Eingriffen absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit zuzuordnen.
    Andererseits muss nach den Grundätzen des Schutzes der Menschenwürde und der Freiheit der Person ein Kernbereich privater Lebensgestaltung und Lebensäußerung verbleiben, in welchen der Staat auch zur Aufklärung schwerer Straftaten nicht eingreifen darf.

    Der Grundsatz, dass „die Gedanken frei“ und dem staatlichen Zugriff nicht zugänglich sind, beschränkt sich nicht allein auf innere Denkvorgänge , sondern erfasst auch ein in ­ unbewussten oder bewussten, unwillkürlich oder willkürlich geführten ­ Selbstgesprächen formuliertes Aussprechen von Gedanken, bei welchem sich die Person als „allein mit sich selbst“
    empfindet.

    Wichtige Kriterien für die Entscheidung, ob Äußerungen in Selbstgesprächen diesem innersten, unantastbaren Bereich der Persönlichkeit zuzuordnen sind, sind namentlich

    die Eindimensionalität der Selbstkommunikation, also die Äußerung ohne kommunikativen Bezug;

    die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation und das Maß des berechtigten Vertrauens der Person darauf, an dem jeweiligen Ort vor staatlicher Überwachung geschützt zu sein;

    die mögliche Unbewusstheit der verbalen Äußerung;

    die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken ,

    die Äußerungsform als bruchstückhafter, auslegungsfähiger oder ­bedürftiger Ausschnitt eines „Gedankenflusses“.

    In der Flüchtigkeit und Bruchstückhaftigkeit des in Selbstgesprächen gesprochenen Worts ohne kommunikativen Bezug liegen nach Ansicht des Senats auch rechtlich erhebliche Unterschiede etwa zu Eintragungen in Tagebüchern.
    Aus dem Umstand, dass eine Äußerung innerhalb des nach Art. 13 GG geschützten Bereichs der Wohnung fällt, lässt sich nach der gesetzlichen Systematik zwar ein verstärkendes Indiz für die Zuordnung zum geschützten Kernbereich ableiten. Auch außerhalb der Wohnung ist dieser Kernbereich aber absolut geschützt, wenn andere der genannten Gesichtspunkte in der Wertung überwiegen. So lag es in dem vom 2. Strafsenat entschiedenen Fall. Der gegen die Zuordnung zum Kernbereich der Persönlichkeit sprechende Sozialbezug der Äußerungen, der in ihrem möglichen oder tatsächlichen Bezug auf eine schwere Straftat lag, trat dagegen zurück.

    Aus der Verletzung des von Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG geschützten Kernbereichs der Persönlichkeit ergab sich danach ein absolutes Verwertungsverbot für die bei den Selbstgesprächen aufgezeichneten Äußerungen. Dieses Verwertungsverbot wirkt auch in Bezug auf die beiden Mitangeklagten.

    Die Sache muss demnach erneut vor dem Landgericht Köln verhandelt werden.

    Urteil vom 22. Dezember 2011 ­ 2 StR 509/10

    Landgericht Köln ­ Urteil vom 11. Dezember 2009 – 90 Js 196/07 105 ­ 19/08

    Karlsruhe, den 22. Dezember 2011

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 169/2011 vom 25.10.2011

    Internet: Mit der vorliegenden Entscheidung nimmt der BGH Stellung zu der umstrittenen Frage nach der Verantwortlichkeit des Hostproviders hinsichtlich der Haftung für rechtswidrige Inhalte und Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Denn die Haftungsprivilegierung gilt für solche Anbieter, die als Hostprovider oder Vermittler von Daten tätig werden und nicht selbst den Blog leitet und pflegt.

    Pressemitteilung:

    Verantwortlichkeit eines Hostproviders für einen das Persönlichkeitsrecht verletzenden Blog-Eintrag

    Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verbreitung einer ehrenrührigen Tatsachenbehauptung im Internet auf Unterlassung in Anspruch.

    Die Beklagte mit Sitz in Kalifornien stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für eine Website und für die unter einer Webadresse eingerichteten Weblogs (Blogs) zur Verfügung. Hinsichtlich der Blogs,
    journal- oder tagebuchartig angelegten Webseiten, fungiert die Beklagte als Hostprovider. Ein von einem Dritten eingerichteter Blog enthält unter anderem eine Tatsachenbehauptung, die der Kläger als unwahr und ehrenrührig beanstandet hat.  

    Das Landgericht hat der Unterlassungsklage hinsichtlich der Verbreitung einer Behauptung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte insoweit keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die angestrebte Klageabweisung weiter.

    Der u.a. für das Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat hat die Auffassung der Vorinstanzen, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien und dass deutsches Recht Anwendung finde, gebilligt.

    Zur Frage der Haftung der Beklagten nach deutschem Recht ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Der Bundesgerichtshof hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein Hostprovider als Störer für von ihm nicht verfasste oder gebilligte Äußerungen eines Dritten in einem Blog auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

    Dies setzt voraus, dass der Hostprovider die im Folgenden dargelegten Pflichten verletzt hat:

    Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann.

    Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

    Durch die Zurückverweisung an das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit gegeben, dazu vorzutragen, ob die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten erfüllt hat.

    Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10
    Landgericht Hamburg ­ Urteil vom 22. Mai 2009 – 325 O 145/08
    Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg ­ Urteil vom 2. März 2010 – 7 U 70/09
    Karlsruhe, den 25. Oktober 2011

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Bereits gestern hatte sich Facebook zu den aktuellen Streitthemen der Datenschützer aus Deutschland im SPIEGEL geäußert und von einer wirklich großen Nervosität im Umgang mit persönlichen Daten im Hinblick auf Deutschland gesprochen. Das Land sei ein „spezieller Fall“ heißt es.

    Neben dem fragwürdigen „Like“-Button, der von angemeldeten und nicht-angemeldeten Seitenbesuchern eventuell die IP-Adresse speichert und zu den Servern von Facebook in den USA sendet, was ein Verstoß gegen die deutschen Datenschutzbestimmungen darstellen würde, ist vor allem auch die automatische Gesichtserkennung des größten sozialen Netzwerks der Welt heiß diskutiert. Diese würde biometrische Daten gegen den Willen des Betroffenen erfassen, was ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht der jeweiligen Person bedeutet könne.

    Wie Ilse Aigner (CSU), derzeitige Bundesverbraucherschutzministerin der Regierung, nun erklärte, unterstützt sie das Bestreben des Hamburger und Schleswig-Holsteiner Datenschutzbeauftragten, gegen diese automatische Gesichtserkennung vorzugehen. Insbesondere dürfe diese nur mit Einwilligung des Benutzers erfolgen und nicht automatisch voreingestellt.

    Zudem hofft sie auf eine europaweite Lösung dieses Problems. „Es wäre absurd, wenn ein globaler Internetkonzern regionale Sonderregelungen für einzelne Bundesländer machen würde“ bekräftigte die Ministerin gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

    Doch damit dürfte die Kuh noch nicht vom Eis sein, denn derzeit sieht es nicht danach aus als würde Facebook den Forderungen entgegen kommen.

    ( Quelle: Hamburger Abendblatt, 24.10.2011 )


  • Quelle: Pressemitteilung vom Bundesgerichtshof (BGH) Nr. 107/2011 vom 21.06.2011

    Mit dieser Entscheidung stellt der BGH (erneut) fest, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I, 1 I GG) des Aussagenden, in diesem Fall die ehemalige Tagesschau-Sprecherin und Buchautorin Eva H.,  der Pressefreiheit unterliegt, wenn die Äußerung des Betroffenen durch die Presse weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben wird.

    Pressemitteilung:

    Wiedergabe einer im Rahmen einer Pressekonferenz gefallenen Äußerung

    Die Klägerin, Buchautorin, Journalistin und ehemalige Sprecherin der „Tagesschau“, präsentierte am 6. September 2007 auf einer Pressekonferenz das von ihr verfasste Buch „Das Prinzip Arche Noah – warum wir die Familie retten müssen“. Gegenüber den anwesenden Journalisten äußerte sie sich wie folgt:

    „Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ´ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das –  alles was wir an Werten hatten  – es war ´ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle  – aber es ist eben auch das, was gut war  – das sind die Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben.“

    In der Ausgabe des „Hamburger Abendblatts“ vom 7. September 2007 und auf den Internetseiten der Zeitung erschien ein Artikel, in dem unter anderem ausgeführt ist:

    „“Das Prinzip Arche Noah“ sei wieder ein „Plädoyer für eine neue Familienkultur, die zurückstrahlen kann auf die Gesellschaft“, heißt der Klappentext.“ Die Autorin, „die übrigens in vierter Ehe verheiratet ist, will auch schon festgestellt haben, dass die Frauen „im Begriff sind, aufzuwachen“, dass sie Arbeit und Karriere nicht mehr unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung betrachten, sondern unter dem der „Existenzsicherung“. Und dafür haben sie ja den Mann, der „kraftvoll“ zu ihnen steht. In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende.“

    Die Klägerin sieht sich in der Berichterstattung der Beklagten falsch zitiert und schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht betroffen. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Richtigstellung und auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen im Wesentlichen Erfolg.

    Der u. a. für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die beanstandete Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt. Zwar umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht am eigenen Wort und schützt den Einzelnen davor, dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung. Die Beklagte hat die Äußerung der Klägerin aber weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben. Die Äußerung lässt im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung nur die Deutung zu, die die Beklagte ihr beigemessen hat.

    Urteil vom 21. Juni 2011 – VI ZR 262/09

    LG Köln – Urteil vom 14. Januar 2009 – 28 O 511/08

    OLG Köln – Urteil vom 28. Juli 2009 – 15 U 37/09

    Karlsruhe, den 21. Juni 2011


  • Nachdem die Kläger vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Verfahren gegen das Lehrerbewertungsportal unter www.spickmich.de gescheitert sind, denn der Senat sah in dieser Form der Bewertungen der Lehrer kein Verstoß gegen Bestimmungen des Datenschutzes sowie keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen, schloss sich das Bundesverfassungsgericht (BverfG) dieser Wertung an und lehnte die Annahme der Klage einer Lehrerin ab.  Das Portal selber sei von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 I GG geschützt, die auch derartige Bewertungen und Benotungen des Personals der Schule umfasst.

    Die Lehrer müssen sich in Zukunft weiterhin dieser Form der Bewertung nach Kompetenz und die Wiedergabe von Zitaten im jeweiligen Bereich auf der Seite sprichmich.de gefallen lassen. So würde die Seite mehr Transparenz in das Schulsystem und die Lehrerschaft bringen, so eines der Argumente für die Kommunikationsplattform. Derweil plant der Anbieter den Ausbau der Seite.

    ( Quelle: FAZ vom 23.09.2010 Nr. 221, S. 4 )

  • Bürgerrechtler streben eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die im kommenden Jahr geplante Volkszählung an. Dies resultiert aus einem Protest gegen die Erfassung persönlicher Daten. Bereits im Jahre 1983 hatte das so genannte „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts für Aufmerksamkeit gesorgt, da der Senat hierrin das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ als Ausprägung des Allgemeinen Personlichkeitsrecht des Einzelnen begründete und die Rechte des Bürgers deutlich stärkte. Gleichzeitig galt das Urteil als Anstoß des Bundesdatenschutzgesetzes.
    (FAZ vom 23.06. 2010 Nr. 142, S. 4)

  • Ein Münsteraner Rechtsanwalt beklagt die presserechtlichen Gepflogenheiten des Hamburgischen Landgerichts. In Hamburg würde grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht gegenüber der Meinungs- und Pressefreiheit überwiegen und das, obwohl es dafür im Grundgesetz keine Anhaltspunkte gebe. Das Bundesverfassungsgerichtshof und der Bundesgerichtshof hätten in den letzten Monaten viele Entscheidungen der Hamburger Gerichte bemängelt.
    Trotzdem würden sich die Hamburger Gerichte immer für jene Interpretation der Meinungsäußerung entscheiden, gegen die etwaige Berichtserstattungskläger nicht vorgehen könnten oder würden.
    (FAZ vom 02.06.2010 Nr. 125, S. 21)

  • Az. BVerfG, 1 BvR 1318/07 vom 5.12.2008

    Während einer Rede des Stadtratmitglieds wurde dieser von einem weiteren Stadtratmitglied unterbrochen, woraufhin der Redner ihn als „Dummschwätzer“ bezeichnete. Der Beschwerdeführer wurde anschließend hierfür wegen Beleidigung  zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Nach erfolgloser Revision erhob der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde. In dieser Sache hatte der BverfG nun entschieden, dass die Bezeichnung als „Dummschwätzer“ nicht zwingend eine Beleidigung im Sinne der §185ff StGB darstellt, sondern von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG umfasst wird. So müsse im Einzelfall im Rahmen der Abwägung geprüft werden, ob „es sich bei dem vom Beschwerdeführer verwendeten Begriffs des „Dummschwätzers“ um eine so genannte „Schmähkritik“ handelt, bei der die Diffamierung des Zeugen im Vordergrund stand oder ob die Äußerung durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und des Meinens geprägt war. Nur dann, wenn eine solche Äußerung nicht mehr der Auseinandersetzung in der Sache dient, hat sie als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzustehen“. Weiter stellten die Richter klar:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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