Beihilfe

  • Die in einem versuchten Totschlag verwirklichte gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB verjährt unabhängig vom Totschlag.

    Das Landgericht Hamburg verurteilte einen Angeklagten wegen Beihilfe zum versuchten Totschlag und Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung aus dem Jahr 1992 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

    Die Strafverteidigung legte hiergegen Revision ein, da die Körperverletzung bereits verjährt war.

  • Ein Prozessrisiko als Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB muss konkret beziffert werden.

    Die Angeklagte wurde vom Landgericht Hannover wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung verurteilt. Ihr Ehemann mietete sich hochwertige Leihwagen an, lies sich dann von einem Dritten die Papiere fälschen und verkaufte diese unter Zuhilfenahme der Angeklagten an ahnungslose Käufer weiter.

  • Es reicht für die Beihilfe aus, dass der Teilnehmer die Unrechts- und Angriffsrichtung der Haupttat für möglich hält und diese billigt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Düsseldorf wegen Begünstigung gemäß § 257 Abs. 1 StGB verurteilt. Der bereits rechtskräftig wegen Betrugs verurteilte Haupttäter bezog von einem Telefonnetzanbieter Telefonnetzkapazitäten in einem geringen Umfang. Durch die Hilfe eines eingeweihten Mitarbeiters des Telefonnetzanbieters erlangte er jedoch höhere Kapazitäten und verkaufte diese über eine weitere Scheinfirma an andere Telekommunikationsanbieter weiter. Das Geld behielt der Haupttäter vollständig für sich.

  • Das Schweigen auf die Frage, ob sich der Zoll in der Nähe befindet, ist keine Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a BtMG.

    Der Angeklagten wurde vom Landgericht Wuppertal vorgeworfen, dass sie ihrem Freund Beihilfe zur der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geleistet hätte. Während der mitangeklagte Freund zu Fuß die niederländische Grenze überschritt und dort ein Heroingemisch kaufte, wartet die Angeklagte auf der deutschen Seite. Die Angeklagte wurde vor der Rückkehr von ihrem Freund angerufen, da dieser erfahren wollte, ob der Zoll in der Nähe sei. Da kein Zoll zu sehen war, musste die Angeklagte keine Warnung aussprechen.

    Das Landgericht sah bereits in diesem Schweigen eine Warnung und damit eine Beihilfe zur Tat. Dagegen wehrte sich die Strafverteidigung erfolgreich mit der Revision.

    Der BGH erkennt in dem Schweigen kein aktives Tun. Eine Abrede, dass ein Schweigen eine konkludente Entwarnung sei, hätten die beiden Angeklagten vorher nicht getroffen. Auch die reine Billigung konnte keine Beihilfe sein:

    „Dass die Angeklagte um das Tun des L. wusste und es billigte, genügt für die Annahme einer Beihilfe zu seiner Tat nicht; denn die Billigung der Tat ist nur dann ein als Hilfeleisten zu wertendes Handeln, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft, ihn weiter zu verfolgen, bestärkt wird (BGH, Beschluss vom 3. Mai 1996 – 2 StR 641/95, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleistung 17).“

    Auch eine Bestrafung wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch Unterlassen scheidet aus.

    „Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beilhilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch Unterlassen würde voraussetzen, dass sie rechtlich dazu verpflichtet gewesen wäre, die Einfuhr des Heroingemischs durch L. zu unterbinden (§ 13 Abs. 1 StGB). Eine solche Rechtspflicht lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten.“

    Damit hatte die Revision Erfolg. Der BGH hebt den gesamten Schuldspruch auf. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 31. Mai 2012, Az.: 3 StR 178/12


  • Erschöpft sich das Mitwirken in einer bloßen Förderung fremden Handelns, liegt lediglich Beihilfe vor

    Die Angeklagte hatte unter falschem Namen Kontakt mit dem Geschädigten aufgenommen. Anschließend trafen sich Beide und die Angeklagte brachte den Geschädigten zu dem abgelegen Tatort. Dort setzt sie ihn ab und fuhr weiter. Die Mitangeklagten nötigten den Geschädigten dann unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für dessen Leib und Leben zur Übergabe von 9000 Euro.
    Das Landgericht Neubrandenburg verurteilte die Angeklagte wegen mittäterschaftlicher räuberischer Erpressung gemäß § 253 Abs. 1 und 2, §§ 255, 25 Abs. 2 StGB.

  • Ist die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei, ist es erst recht die fahrlässige Tötung eines Suizidwilligen durch Unterlassen.

    Der Geschädigte ließ sich selbst in der Klinik für forensische Psychiatrie einweisen. Im Aufnahmegespräch teilte er der beschuldigten Ärztin mit, dass er sich nicht umbringen wolle, jedoch befürchte, dies zu jedoch zu tun. Daraufhin wurde der Patient stationär aufgenommen, jedoch nicht als suizidgefährdet eingestuft. Aus diesem Grund wurde sowohl auf sedierende Medikamente als auch auf die Wegnahme von Gegenständen verzichtet. Am nächsten Morgen wurde der Patient tot in seinem Zimmer aufgefunden. Er hatte sich mit seinem Gürtel erhängt.
    Das Amtsgericht Gießen hat die Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen nicht zugelassen. Dagegen richtete sich die Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde. Die Beschwerde hat vor dem Landgericht Gießen jedoch keinen Erfolg.
    Das Landgericht stellt fest, dass die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar ist. Daher muss erst recht die fahrlässige Tötung durch Unterlassen straffrei sein.

    „So kann derjenige, der mit Gehilfenvorsatz den Tod eines Selbstmörders mit verursacht, nicht bestraft werden. Schon dies verbietet es aus Gründen der Gerechtigkeit, denjenigen zu bestrafen, der nur fahrlässig eine Ursache für den Tod eines Selbstmörders setzt. Er ist sich – bei bewusster Fahrlässigkeit – wie der Gehilfe der möglichen Todesfolge bewusst, nimmt sie aber anders als jener nicht billigend in Kauf.“

    Prägnant stellt das Landgericht am Ende fest:

    „Aus der Straflosigkeit von Anstiftung und Beihilfe zur Selbsttötung folgt zwingend, dass der Garant, der nichts zur Verhinderung des freiverantwortlichen Suizids unternimmt, ebenfalls straffrei bleiben muss (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 24).“

    Denn hätte die Ärztin dem Patienten den Gürtel aktiv für die Selbsttötung gereicht, wäre dies eine Beihilfe zu einer straffreien Selbsttötung gewesen. Dies hätte dann auch nicht bestraft werden können.
    Daran ändert auch eine mögliche Unfreiwilligkeit der Selbsttötung nichts. So bestehen zwar Zweifel daran, wie frei eine eigenverantwortliche Willensbildung noch möglich war, jedoch zählt auch hier „im Zweifel für den Angeklagten“:

    „Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit können jedoch keine Strafbarkeit begründen, sondern wirken, wie stets, zugunsten des Angeklagten (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 27, m. w. N., Rn. 31).“

    Damit hatte die Beschwerde der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg.

    LG Gießen, Beschluss vom 28.06.2012, Az.: 7 Qs 63/12


  • Kaum ein Bereich im Strafrecht ist so umstritten wie die Sterbehilfe. Während die Beihilfe zur Selbsttötung grundsätzlich straffrei möglich ist, begibt man sich als Unterstützer immer dann  in die Gefahr der Strafverfolgung bezüglich eines Tötungsdeliktes, wenn die suizidwillige Person die Selbsttötung nicht mehr vollständig selbstständig ausführen kann. Aber bereits das Verschaffen von tödlichen Medikamenten kann strafrechtliche Sanktionen nach dem  Arzneimittelgesetz nach sich ziehen.

  • Gegen den früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus wurde nun ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue oder Beihilfe zur Untreue eingeleitet. Ebenso wird in derselben Sachen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue gegen den Investmentbanker Dirk Notheis von der US-Bank Morgan Stanley ermittelt. Dies erklärte die zuständige Staatsanwaltschaft.

    Bereits am Dienstag ist es zu Durchsuchungen bei Mappus und der Bank gekommen, bei welcher umfangreiche Unterlagen beschlagnahmt wurden. Insgesamt wurden fünf Wohnungen und fünf Büros durchsucht.

    Der Ermittlungsbehörde nach bestehen zureichende Anhaltspunkte dafür, dass der CDU-Politiker beim Kauf von knapp 45 Prozent der Anteile an der EnBW durch das Land sich der Untreue strafbar gemacht haben könnte, indem ein deutlich zu hoher Preis bezahlt wurde. Insgesamt bezahlte das Bundesland knapp 4,7 Milliarden Euro für die Anteile an dem Energiekonzern. Nach Einschätzung von Analysten und Gutachten lag der tatsächliche Wert jedoch deutlich unter dem Kaufpreis. Offenbar einigte man sich zwischen dem französischen Unternehmen, dem Bundesland und als Vermittler die Bank Morgen Stanley über einen zu hohen Preis. So wurde unter anderem der Kaufpreis um 10 cent nach oben korrigiert, was den gesamten Deal allein um mehr als 11 Millionen Euro teuer werden ließ.

    Dadurch entstand dem Land ein Schaden von 840 Millionen Euro, der letztlich einen Schaden für den Steuerzahler darstellt. Und die Ermittlungen sind erst am Anfang.

    Für Mappus ist damit wohl das Karriereende nahe.

    ( Quelle: stern online, 11.07.2012 )


  • Der seit September 2010 laufende Prozess in Stuttgart gegen das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker ist nun beendet und ein Urteilsspruch erfolgt: Die 59-jährige Frau wurde wegen Beihilfe zum Mord an dem damaligen Generalstaatsanwalt Siegfried Buback im Jahre 1977 zu einer Haft von vier Jahren verurteilt, wovon zweieinhalb Jahre als bereits verbüßt gelten.

  • Das Landgericht Duisburg hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

    Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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