Beihilfe

  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR 355/03

    Die Angeklagten H. und B. wurden vom Vorwurf der Untreue bzw. vom Vorwurf des Betrugs aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dem Angeklagten H. wurde vorgeworfen, dass er als Abteilungsleiter Geschäfte bei der Firma M. im Zusammenwirken mit dem Angeklagten B. Aufträge im Außenhandelsbereich erteilt habe, ohne dass den jeweiligen Transaktionen Kompensationsgeschäfte der Firma M. zu Grunde lagen.
    Der Angeklagten B. soll, nach Anweisung der jeweiligen Zahlungen an Drittfirmen die Rechnungsbeträge der Firma D. & H., deren alleiniger Gesellschafter und allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer er war, in Rechnung gestellt haben, obwohl er gewusste haben soll, dass dieses Unternehmen auf Grund seiner ökonomischen Situation nicht in der Lage sein würde, die übernommenen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. So sei es den Angeklagten gelungen, Umsatzgeschäfte vorzutäuschen und die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen durch die Firma M. erheblich zu verzögern. Der Firma M. sei ein Gesamtschaden in Höhe von 8.267.035 DM entstanden.

    Gegen die Freisprüche legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.

    Nach Ansicht des 2. Strafsenats des BGH hat die Revision der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg. Die Scheingeschäfte der Angeklagten seien nicht erwiesen. Zudem habe der Angeklagte H. den Rahmen zulässiger „Risikogeschäfte“ nicht überschritten.

    Aus dem Wortlaut des Urteils:

    „Die Feststellungen der Strafkammer zu den einzelnen Geschäften rechtfertigen entgegen dem Vorbringen der Revision nicht eine Verurteilung des Angeklagten H. wegen Untreue bzw. des Angeklagten B. wegen Beihilfe zur Untreue. Der Angeklagte H. war verpflichtet, bei seiner Tätigkeit die für ihn geltenden kaufmännischen Maßstäbe zu beachten. Zwar handelte es sich um so genannte Risikogeschäfte, also um Geschäfte, die für den Treugeber das Risiko des Vermögensverlustes beinhaltete, jedoch erfüllt der Abschluss eines mit einem Risiko behafteten Geschäfts nicht schon wegen des Risikos als solchem oder wegen des Eintritts eines Verlustes den Tatbestand der Untreue. Es darf somit keine Pönalisierung von wirtschaftlich vernünftigen Ausgaben im Rahmen kaufmännischen Unternehmergeistes stattfinden. Ein riskantes Handeln, dessen Folgen einen anderen treffen, ist allerdings in der Regel pflichtwidrig, wenn der Handelnde den ihm gezogenen Rahmen nicht einhält, insbesondere die Grenzen des verkehrsüblichen Risikos überschritten hat (BGH wistra 1982, 148, 150; 1985, 190 f.;). Ein von § 266 StGB erfasstes (Risiko-)Geschäft liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten (BGH NStZ 1990, 437 f.). Für die Beurteilung des eingeräumten Spielraums maßgebend ist dabei das zu Grunde liegende Treueverhältnis, danach beurteilt sich, wie weit diesem das Eingehen oder Vermeiden von Verlustrisiken innewohnt, sowie ob und in welchem Umfang sich eine Begrenzung der Dispositionsmacht daraus ergibt.“

    Nach Verwerfung der Revision der Staatsanwaltschaft ist der Freispruch rechtskräftig.


  • 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 3 StR 359/10
    Der Angeklagte wurde vom LG Duisburg wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

    Der Verurteilung war eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen. Danach sollte die Strafkammer nach einem glaubhaften Geständnis des Angeklagten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkennen.
    Der 3. Strafsenat ist der Ansicht, dass gegen den Schuldspruch des LG Duisburg erhebliche rechtliche Bedenken bestünden. Nach den Feststellungen des LG handele es sich bei den Tatbeiträgen des Angeklagten lediglich um Kuriertätigkeiten. Diese stellten untergeordnete Tatbeiträge für den Betäubungsmittelhandel dar und seien als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreibens zu werten.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Auf der Grundlage der Feststellungen ist der Angeklagten schuldig des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitten in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande (§ 29a I Nr. 2, § 30 I Nr. I BtMG, §§ 27, 52 StGB).
    Bei einer Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten darf gem. § 257c II 1, III 2 StPO für den Fall eines Geständnisses lediglich ein Strafrahmen mit einer Ober- und Untergrenze vereinbart werden. Die Verständigung auf eine bestimmte Strafe ist unzulässig Da das LG eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren vereinbart und ausgesprochen hat, lassen die an sich rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen besorgen, dass diese nicht ernst gemeint sind, sondern lediglich formal die bereits feststehende Strafe begründen sollen.“

    Der Strafsenat hob das Urteil mit allen Feststellungen auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Duisburg zurück.


  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR – 111/09

    Das Landgericht hat den Angeklagte F. wegen Beihilfe zur Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und angeordnet, dass hiervon neun Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Den Angeklagten M. hat es wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon wegen überlanger Verfahrensdauer acht Monate als vollstreckt gelten.
    Dagegen legte beide Angeklagten Revision ein. Diese wurde vom 2. Strafsenat als unbegründet verworfen.

    Der 2. Strafsenat erachtete die Feststellungen des Landgerichts als zutreffend und die Verurteilung der Angeklagten tragend.

    „Das Landgericht hat das Handeln die Angeklagten jeweils als Beihilfe zur Untreue des Haupttäters T. zum Nachteil der T. GmbH bzw. der T. AG bewertet. Dieser habe seine gegenüber der Treugeberin bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die einzelnen Zahlungen zur Einrichtung und Auffüllung der schwarzen Kasse bei der S. AG in der Schweiz ohne Einverständnis der Mitgesellschafterin RWE bewirkt habe, um die transferierten Gelder eigenmächtig und unkontrolliert nach seinem persönlichen Gutdünken unter Ausschluss der gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen verwenden zu können. Hierdurch habe er dem Unternehmen beträchtliche Vermögenswerte entzogen und sie so in die konkrete Gefahr eines endgültigen Verlustes gebracht.

    Diese Gefahr habe sich zum einen aus den vielfachen unkontrollierten Zugriffmöglichkeiten dritter Personen ergeben, zum anderen aus dem Umstand, dass ein etwaiger Verlust wegen der fehlenden bzw. absichtlich unzutreffenden Dokumentation der Zahlungsabflüsse und wegen etwaiger steuerstrafrechtlicher Konsequenzen mit rechtlichen Mitteln kaum erfolgreich habe verfolgt werden können. Den Betrieb der schwarzen Kasse hätten die Angeklagten durch konkrete eigene Untersuchungshandlungen individuell gefördert. Dabei sei es unerheblich, dass die Mittel nach der Vorstellung T. und der Angeklagten letztlich dem T.-Konzern über die Generierung von Umständen durch „nützliche Aufwendungen“ zugute kommen sollten, weil dadurch die Möglichkeit eines endgültigen Vermögensverlusts nicht berührt und zudem ein nicht unbeachtlicher Teil der Gelder durch die Kosten aufgezehrt worden sei.  [..]

    Die Einrichtung und Unterhaltung einer „Kriegskasse“ im Ausland verletzte in gravierender Weise die von T. zu beachtende Sorgfalt in beiderlei Hinsicht.
    Zugleich verletzte T. damit die ihm nach § 41 GmbHG, § 91 AktG obliegende Verpflichtung, für die ordnungsmäßige Buchführung der Muttergesellschaft zu sorgen, was auch die Konzernbuchhaltung für die zum Konsolidierungskreis des T.-Konzerns gehörenden Tochterunternehmen U. und I. einschloss (§ 290 HGB).
    An einer wirksamen Einwilligung der Treugeberin, welche eine Pflichtwidrigkeit möglicherweise hätte ausschließen können (vgl. BGHSt 52, 323, 335 Rn. 40), fehlte es.

    Die Revisionen meinen, schon allein das Einverständnis des Mehrheitsgesellschafters in die pflichtwidrige Handlung des Geschäftsführers entfalte eine den Tatbestand der Untreue ausschließende Wirkung unabhängig davon, ob überhaupt eine Willensbildung aller Gesellschafter erfolgt sei; sie folgern dies aus den auch sonst dem Mehrheitsprinzip folgenden Willensbildungsregeln des GmbH-Rechts (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Nach der neueren Rspr. des BGH kommt jedoch nur dem Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einem (Mehrheits)-Beschluss des die Gesamtheit der Gesellschafter repräsentierenden Gesellschaftsorgans (so BGHsT 50, 331, 342 [= StV 2006, 301] betr. die Aktiengesellschaft; noch enger Krekeler/Werner, Unternehmer und Strafrecht, 2006: stets Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich) Tatbestandsausschließende Wirkung zu. Ob nur Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen werden kann, die im Wege eines förmlichen Beschlusses herbeigeführt worden sind oder ob tatbestandsausschließende Wirkung auch solchen Mehrheitsentscheidungen zukommt, die nicht unter Einhaltung der Formalien der §§ 47 ff, GmbHG getroffen worden sind bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. [..]“

    Der Senat hat die Revisionen verworfen und das Urteil aufrechterhalten.


  • 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 1 StR 220/09

    Das Landgericht hat den Angeklagten S. der Beihilfe zur Untreue mit Betrug in vier hierzu tateinheitlichen Fällen, schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen legte der Angeklagte S. Revision ein.
    Den nicht revidierenden Mitangeklagten Fe. hat das Landgericht wegen Untreue, zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.

    Das LG hat die Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die Tätigkeit der AUB seitens des Mitangeklagten Fe. als Untreue und als Beihilfe hierzu durch den Angeklagten S. angesehen. Durch die Zahlungen habe der Mitangeklagte Fe. gegen die Vorschrift des § 119 BetrVG verstoßen und dadurch die ihm gegenüber der Siemens AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Der Siemens AG sei hierdurch ein Vermögensnachteil in Höhe der gezahlten 30,3 Millionen Euro entstanden, weil den Zahlungen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Siemens AG gegenüber gestanden habe.

    Der 1. Strafsenat beschränkt die Strafverfolgung auf den Straftatbestand des Betrugs. Für den Vorwurf der Untreu reichten die Feststellungen des Landgerichts nicht aus.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Selbst wenn noch weitere Feststellungen sollten getroffen werden können, erscheint es fraglich, ob diese einen Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue rechfertigen könnten. Die Verfahrensbeschränkung ist daher aus ökonomischen Gründen angebracht.

    Der Senat hat nämlich Bedenken, ob der Mitangeklagte Fe. dem Vermögen der Siemens AG einen Vermögensnachteil zugefügt hat, indem er die verfahrensgegenständlichen Zahlungen in der konkreten An und Weise veranlasste. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue.
    Es erscheint fraglich, ob der Mitangeklagte Fe. dadurch pflichtwidrig i.S.v. § 266 SIGB gehandelt hat, dass er unter Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die AUB finanziell förderte. [..]

    Im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des § 266 Abs. 1 StGB kann daher nicht in jedem Verstoß gegen die Rechtsordnung auch eine i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevante Pflichtverletzung erblickt werden.
    Bei einer Aktiengesellschaft bestimmen sich Umfang und Grenzen der Vermögensbetreuungspflichten der Organe grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 76, 93, 1l6 AktG (vgl. BGH, Urteil. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04; BGHST 50, 331, 335 f. für den Aufsichtsrat [= StV 2006, 301]; BGH, Urteil v. 17.09.2009 -5 StR 521/08, BGHSt 54, 148 Rn. 36 für den Vorstand [= StV 2010,77]).
    [..]
    Die den Organen einer Aktiengesellschaft angehörenden Personen haben deshalb – auch gegenüber der Aktiengesellschaft selbst – die rechtlichen Pflichten und Vorgaben der Rechtsordnung einzuhalten (vgl. BGH, Urteil v. 15.11.1993 – II ZR 23/92, BGHZ 124, 111, 127; Spindler in Münch- Komm-AktG., 3. Aufl., S. 93 Rn. 63 ff). Die somit für die Organe einer Aktiengesellschaft bestehende Legalitätspflicht bedingt dass kein aktienrechtlich geschützter Handlungsspielraum für profitable Pflichtverletzungen besteht (vgl. Fleischer, ZIP 2005, 141, 145).
    Liegt der Verstoß gegen die §§ 93, 116 AktG allein darin, dass eine nicht vermögensschützende Norm außerhalb des Aktiengesetzes verletzt wird, führt dies nicht dazu, dass die Verletzung einer vermögensschützenden Norm im Sinne einer Pflichtverletzung gem. § 266 Abs. 1 StGB vorläge, nur weil die primär verletzte Pflicht durch die §§ 93, 116 AktG zu einer aktienrechtlichen Pflicht der Organe der Aktiengesellschaft wird. Denn auch die §§ 93, 116 AktG sind Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit und generalklauselartigem Charakter (BVerfG, Beschluss v. 23.06.2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97). [..]

    Eine allein auf die Verletzung dieser Vorschriften abstellende Auslegung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB wäre daher nicht geeignet, die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung der Anwendung des Untreuetatbestands auf evidente Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken und damit den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren. [..]“

    Der 1. Strafsenat beschränkte die Strafverfolgung hinsichtlich des Angeklagten S. auf den Straftatbestand des Betrugs und fasste den Schuldspruch neu. Hinsichtlich des Untreuevorwurfs wurde das Urteil aufgehoben.


  • Das Landgericht hat die Angeklagten D. und C. wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ( Betäubungsmittelstrafrecht ) zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Jahren verurteilt.

    Die Angeklagte J. hat es wegen Beihilfe zu dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollziehung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

    Hiergegen legten die Angeklagten D., und C. Revision ein. Die Angeklagte J. legte ebenfalls Rechtsmittel ein. Die  Revision des D., eine allgemeine Sachrüge und das sich auf das Strafmaß beziehende Rechtsmittel der J., blieben ohne Erfolg, Die Revision des C. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils.

  • 4. Strafsenat des BGH, Az. 4 StR 514/09

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Frankenthal wegen Beihilfe zum Betrug in insgesamt elf Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Die Verfahrensverzögerung, die im Zwischenverfahren eingetreten war, hat das LG dahingehend kompensiert, dass es vier Monate der Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt hat. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und kann hiermit einen Teilerfolg erzielen.

    Wie der 4. Strafsenat feststellt, ist die Verurteilung wegen Beihilfe zum Betrug in einem der vom Landgericht aufgeführten Fälle aufgrund der eingetreten Verjährung rechtsfehlerhaft. Auch ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Ludwigshaften ist danach nicht geeignet gewesen, „eine Unterbrechung der Verjährungsfrist gemäß § 78 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB herbeizuführen, da er nicht die Beteiligung des Angeklagten an Taten des H. A. betraf“.

    Den betroffenen Verfahrensteil stellt der Senat somit ein und ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Allerdings führt die Einstellung von diesem Verfahren in der Strafzumessung nicht zu einer Aufhebung der Gesamtstrafe.

    Auszug aus dem Wortlaut der Entscheidung:

    „Der mit der Teileinstellung verbundene Wegfall der Einzelstrafe von vier Monaten würde zwar für sich genommen angesichts der Anzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen nicht zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe führen. Die Strafzumessung begegnet aber aus anderen Gründen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Zumessungserwägungen des Landgerichts lassen nicht erkennen, ob es bei der Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe die drohenden anwaltsrechtlichen Sanktionen gemäß § 114 Abs. 1 BRAO berücksichtigt hat. Die Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung auf das Leben des Täters sind jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert (vgl. BGH, Beschl. vom 27. August 1987 – 1 StR 412/87, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 8; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 46 Rdn. 9 m.w.N.).“

    Es ist daher nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass das Landgericht angesichts dieser Feststellungen insgesamt unter Berücksichtigung der erheblichen beruflichen Konsequenzen für den Angeklagten als Rechtsanwalt zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre. Die Entscheidung ist daher an den neuen Tatrichter zurückzuverweisen.

    Zudem wirken sich die Feststellungen des Senats auch auf die Kompensation wegen der hier vorliegenden und der Justiz anzulastenden Verfahrensverzögerungen aus. In Betracht kommt in diesem Fall ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK als Regelung zur Verfahrensverzögerungen zu Lasten des Angeklagten. Einzig die Bemessung der Kompensation bedarf einer Überprüfung und neuen Entscheidung.

    Hierzu führt der Senat aus:

    „Die Revision beanstandet insoweit zu Recht, dass es nicht nur im Zwischenverfahren, sondern auch während des Ermittlungsverfahrens zu einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK gekommen ist, weil das Verfahren nach Fertigung des Abschlussberichts der Polizei bis zur Anklageerhebung nicht erkennbar gefördert wurde. Dagegen hält sich die Zeitspanne zwischen dem Eingang der Revisionsbegründung und der Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt, wie dieser in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, trotz der zwischenzeitlichen Herbeiführung einer Beschwerdeentscheidung zur Frage einer ordnungsgemäßen Vertretung des Angeklagten durch einen weiteren Verteidiger innerhalb der üblichen Verfahrensdauer.“

    Folglich wird der neue Tatrichter auch über die Kompensation der der Justiz anzulastenden Verfahrensverzögerungen im Ermittlungsverfahren neu zu entscheiden haben. Dabei wird er sich an den vom Großen Senat für Strafsachen aufgestellten Maßstäben zu halten und die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen haben, wobei der 4. Strafsenat des BGH in seiner Entscheidung – in dieser Form eher ungewöhnlich – konkrete Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Kompensation macht:

    „Die Anrechnung hat sich aber im Regelfall auf einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu beschränken (vgl. BGHSt 52, 124, 146 f.; BGH, Urt. vom 9. Oktober 2008 – 1 StR 238/08; Beschl. vom 11. März 2008 – 3 StR 54/08; Senatsbeschl. vom 24. November 2009 – 4 StR 245/09). Im Hinblick auf § 358 Abs. 2 StPO darf im vorliegenden Fall der nach Abzug des für vollstreckt zu erklärenden Teils der schuldangemessenen Strafe verbleibende Strafanteil jedenfalls acht Monate nicht übersteigen.“


  • Der Angeklagte war vom Landgericht Bochum wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit solchen in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gewendeten Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hat der Angeklagte nun Erfolg.

  • Der Angeklagte S. wurde vom Landgericht Oldenburg wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt, Angeklagter B zu einer solchen von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

    Weitere Angeklagte wurden zu einer Geldstrafe und zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren verurteilt, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurden.

    Die Angeklagten S. und B wenden sich gegen das Urteil mit ihrer Sachrüge innerhalb der Revision. Diese haben in der Sache Erfolg und sind gemäß §357 StPO auf weiteren, nicht revidierenden Angeklagten zu erstrecken.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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