Beleidigung

  • Ein Banner bei einem Fußballspiel mit „A.C.A.B.“ kann grundsätzlich eine Beleidigung der anwesenden Polizisten sein.

    Ein Fußballfan hielt im Fanblock des Zweitligisten Karlsruher SC ein großes Banner mit der Abkürzung „A.C.A.B.“ hoch. Die Abkürzung steht für „all cops are bastards“. Das Landgericht Karlsruhe hatte den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen.
    Das Oberlandesgericht Karlsruhe vermisste dagegen eine geschlossene Darstellung der Tatsachen zur objektiven und subjektiven Tatseite und hob den Freispruch auf. Zusätzlich wies das Oberlandesgericht darauf hin, dass für die neue Hauptverhandlung vor allem die Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG beachtet werden müsste. Erlaubt das Banner mehrere Auslegungen, so sei diejenige Auslegung anzunehmen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

    Vor allem muss das Landgericht sich mit der Frage beschäftigen, ob das Banner lediglich ein nicht beleidigungsfähiges unüberschaubares Kollektiv, das die Polizei grundsätzlich ist, anspricht, oder ob eine beleidigungsfähige abgrenzbare Gruppe der Polizei, zum Beispiel die Beamten vor Ort, gemeint ist.

    Grundsätzlich gesteht das OLG Karlsruhe der Abkürzung A.C.A.B. jedoch beleidigenden Charakter zu. Denn die Bezeichnung als „Bastard“ legt einen beleidigenden Charakter im Sinne des § 185 StGB nahe. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Bezeichnung als „Bastard“ nicht als Kritik am Polizeieinsatz gesehen werden könne, da kein Bezug zur polizeilichen Tätigkeit bestünde. Daher liegt der Fall anders, als wenn Polizisten bei einer Verkehrskontrolle als „Wegelagerer“ bezeichnet werden.

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2012, Az.: 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12


  • Wird eine Ausweiskontrolle nur deswegen durchgeführt, weil jemand eine dunkle Hautfarbe besitzt, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

    Darf die Hautfarbe eines Menschen der Grund für eine Polizeikontrolle sein? Diese Frage musste das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rheinland-Pfalz) beantworten. Auslöser war eine Bahnfahrt im Dezember 2010. Dort wurde ein dunkelhäutiger Student von zwei Bundespolizisten kontrolliert. Dabei soll der Student die Polizisten beleidigt haben. Im Strafverfahren gegen den Studenten gestand ein Beamter, dass er gezielt dunkelhäutige Passagiere kontrolliere.
    Das Verwaltungsgericht Koblenz hielt dieses Vorgehen für rechtmäßig. Da die Beamten nur Stichproben durchführen könnten, müssten sie sich am Aussehen der Passagiere orientieren. Das OVG Rheinland-Pfalz sieht dies dagegen anders und stellt daher die Rechtswidrigkeit dieser Kontrolle fest. Eine Kontrolle, die alleine auf der Hautfarbe basiere, sei daher ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG.

    Das Verfahren selbst wurde dann jedoch im Einvernehmen beendet. Nachdem die beiden Polizisten sich beim Kläger entschuldigt hatten, erklärten alle Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit für erledigt. Das erstinstanzliche Urteil wurde aufgehoben, die Kosten des Verfahrens muss die Beklagte tragen.

    OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. Oktober 2012, Az.: 7 A 10532/12.OVG


  • Polizeibeamte als „homosexuell“ zu bezeichnen ist keine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB.

    Der Angeklagte bezeichnete während einer Blutentnahme auf einem Polizeirevier vier Polizisten als „Homosexuell“, „dreckige Schwanzlutscher“ und „Schwuchteln“. Das Amtsgericht Tübingen sah in den letzten beiden Äußerungen eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB. Bezüglich der Beleidigung beim Wort „Homosexuell“ erkannte das Amtsgericht dagegen keine Beleidigung.

  • Ist ein Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden, darf es nur berücksichtigt werden, wenn das Gericht eigene Feststellungen zur Tat trifft.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin wegen des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Bei der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wurde auch eine wegen Beleidigung verhängte Geldstrafe von 20 Tagessätzen einbezogen.

    Das Landgericht hatte bei der Strafzumessung ein weiteres Verfahren wegen Beleidigung in zwei Fällen berücksichtigt. Dieses Verfahren wurde im Hinblick auf die zu erwartende Strafe im vorliegenden Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Um das eingestellte Verfahren einzubeziehen, hätte das Tatgericht sich jedoch von der Täterschaft des Angeklagten überzeugen müssen:

    Eine strafschärfende Berücksichtigung von einer Einstellung nach § 154 StPO betroffener Taten setzt jedoch voraus, dass diese in der Hauptverhandlung prozessordnungsgemäß festgestellt sind und zur Überzeugung des Tatgerichts feststehen (BGH, Beschluss vom 2. August 2000 – 5 StR 143/00, NStZ 2000, 594; Urteil vom 30. November 1990 – 2 StR 230/90, NStZ 1991, 182; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 41). Das Abstellen auf einen bloßen Verdacht der Begehung weiterer Straftaten ist unzulässig (BGH, Beschluss vom 12. Mai 1995 – 3 StR 179/95, NStZ 1995, 439; Beschluss vom 9. April 1991 – 4 StR 138/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 14).

    Da die Strafkammer keine eigenen Feststellungen zu den eingestellten Verfahren getroffen hatte, drängen sich dem Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) die Bedenken auf, dass der Verdacht, der Angeklagte hätte weitere Straftaten begangen, strafschärfend gewertet wurde. Aus diesem Grund hat die Revision der Strafverteidigung Erfolg und der Gesamtstrafausspruch wird aufgehoben.

    BGH, Beschluss vom 12. September 2012, Az.: 5 StR 425/12

  • Das Landgericht Saarbrücken hat den Angeklagten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug eines Teils der Gesamtstrafe angeordnet sowie Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB verhängt. Hiergegen wendt sich die Staatsanwaltschaft mit der Revision.

    Das Landgericht hatte festgestellt, dass der Messerangriff auf das mutmaßliche Opfer von dem Ausspruch „Verreck‘, du Hurensohn“ begleitetet wurde. Allerdings hatte das Gericht ebenfalls festgestellt, dass der Angeklagte lediglich einen Stich ausgeführt habe und darüber hinaus auch nicht unerheblich alkoholisiert gewesen sei.

    Daher hat das Landgericht einen Tötungsvorsatz abgelehnt und den Angeklagten lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dazu der BGH:

    „Bedingt vorsätzliches Handeln setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (BGH, Urteil vom 9. Mai 1990 – 3 StR 112/90, BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 7 m.w.N.).“

    „Die Annahme einer Billigung liegt nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz erkannter Lebensgefährlichkeit durchführt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2005 – 4 StR 109/05, NStZ-RR 2005, 372; Urteil vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.). Hierbei sind die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise -, die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motivation in die Beweiswürdigung mit einzubeziehen (vgl. BGH, Urteile vom 27. August 2009 – 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372, und vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 702). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolgs regelmäßig dann zu verneinen, wenn der vorgestellte Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe kommt, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann (BGH, Urteile vom 16. September 2004 – 1 StR 233/04, NStZ 2005, 92, vom 23. Juni 2009 – 1 StR 191/09, NStZ 2009, 629, 630, und vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 360/11).“

    Nach Ansicht des BGH hat das Landgericht den Tötungsvorsatz des Angeklagten nicht umfassend geprüft. Insbesondere habe das Landgericht es verpasst, Anhaltspunkte dafür zu finden, dass der Angeklagte trotz der Lebensgefährlichkeit des Messerstichs ernsthaft darauf vertraut habe, das Opfer würde nicht zu Tode kommen. Daran ändert auch die sogenannte „Hemmschwellentheorie“ nichts, da diese lediglich pauschal beschreibt, dass für die Annahme eines bedingten Vorsatzes bei Tötungsdelikten eine höhere Hemmschwelle vorliegt. Dies entbehrt hier aber nicht der Prüfung im Einzelfall.

    BGH, Urteil vom 22.03.2012, Az.: 4 StR 558/11

  • Das Landgericht Bremen hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit Körperverletzung, sowie wegen Nötigung, wegen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, wegen Körperverletzung und wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Von dieser Strafe hat das Gericht ein Jahr Freiheitsstrafe als vollstreckt erklärt. Die Strafkammer hat den Angeklagten ferner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin in Höhe von 10.000 € verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Angeklagten.

    Im Prozess stand die Aussage des mutmaßlichen Opfers, welches als Nebenklägerin auftrat, gegen die Aussage des mutmaßlichen Täters. Dies ist wohl die Regel in einem Vergewaltigungsprozess, da oft keine weiteren direkten Zeugenaussagen zum Tatgeschehen vorliegen. Daher wird – wie auch hier – eine Verurteilung häufig ausschließlich auf die belastenden Angaben des mutmaßlichen Opfers gestützt.

  • Nach den Feststellungen des Landgerichts Neuruppin hat der Angeklagte die 15-jährige Nebenklägerin auf die Lippen geküsst, wobei er gleichzeitig kurzzeitig seine Zunge in ihren Mund steckte. Nach einiger Gegenwehr ließ der Angeklagte von ihr ab. Anschließend streichelte der Angeklagte noch ihren Oberschenkel und fragte sie, ob sie mit ihm schlafen wolle. Der gesamte Vorfall dauerte nur wenige Sekunden.

    Auf die Berufung der Nebenklägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin, wonach der Angeklagte freigesprochen wurde, aufgehoben und den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

  • OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.08.2011, Az.: 1 Ss 136/11

    Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Brake wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.

  • BGH, Beschluss vom 09.08.2011, Az.: 4 StR 367/11

    Nach den Feststellungen des Landgerichts München I forderte der Angeklagte die Zeugin A. auf, ihm ein I-Phone herauszugeben, welches er ihr einige Zeit zuvor geliehen hatte. Ebenfalls anwesend war der Zeuge S. Der Angeklagte fand das I-Phone nicht und beleidigte die Zeugin. Anschließend zog er eine geladene Schreckschusspistole aus dem Hosenbund und richtete sie auf den Unterkörper des Zeugen. Er forderte ihn auf zu gehen, um mit der Zeugin A. alleine reden zu können. Diese bat ihn aufzuhören und drückte seine Hand nach unten. Daraufhin steckte der Angeklagte die Schreckschusspistole wieder in seinen Hosenbund.

  • BGH, Beschluss vom 20.07.2011, Az.: 5 StR 246/11

    Das Landgericht Dresden hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, dessen Unterbringung in der Entziehungsanstalt angeordnet sowie den Vorwegvollzug von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe vor der Maßregel bestimmt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagten mit der Revision.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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