Beugehaft

  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 008/2012 vom 19.01.2012

    Die Beugehaft gegen die Zeugin Christa Eckes im Strafverfahren gegen die mutmaßliche RAF-Mitwirkende Verena Becker wird auf dessen Beschwerde hin aufgehoben. Diese war zu einer Zeugenaussage nicht bereit.

    Pressemitteilung:

    Beugehaft im Strafverfahren gegen Verena Becker aufgehoben

    Der Bundesgerichtshof hat auf die Beschwerde der Zeugin Christa Eckes die Anordnung der Beugehaft aufgehoben, die das Oberlandesgericht Stuttgart in dem Strafverfahren gegen Verena Becker gegen die Zeugin verhängt hatte, da diese nicht zur Aussage bereit war.

    Der Generalbundesanwalt wirft der Angeklagten Becker vor, an der Ermordung des damaligen Generalbundesanwalts Buback und dessen Begleiter Göbel und Wurster am 7. April 1977 beteiligt gewesen zu sein. In diesem Verfahren sollte die Zeugin [Eckes] insbesondere zum Inhalt von Gesprächen mit der Angeklagten im Jahre 2008 aussagen. Sie hat jedoch das Zeugnis mit der Begründung verweigert, ihr stehe ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, weil sie sich durch ihre Antworten möglicherweise selbst der Gefahr einer Strafverfolgung aussetze. Das Oberlandesgericht hat ein solches Recht nicht anerkannt und gegen die Zeugin zur Erzwingung einer Aussage Beugehaft bis zur Dauer von sechs Monaten angeordnet.

    Diesen Beschluss hat der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3.
    Strafsenat des Bundesgerichtshofs aufgehoben. Er hat dabei offen gelassen, ob der Zeugin ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht; die Anordnung der Beugehaft verstoße jedenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

    Die Zeugin ist derzeit schwer erkrankt. Ausweislich eines fachärztlichen Attests sind sowohl die Erkrankung als auch die durchzuführenden Therapiemaßnahmen lebensbedrohend und erfordern die Behandlung in einer spezialisierten Krankenhausabteilung mit Intensivstation. Bei einer Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt oder ein Justizvollzugskrankenhaus ist ernsthaft zu befürchten, dass die Zeugin ihr Leben einbüßen oder zumindest einen weitergehenden schwerwiegenden Schaden an ihrer Gesundheit nehmen wird.

    Unter diesen Umständen muss das ­ als solches anzuerkennende – Interesse an der möglichst vollständigen Aufklärung der Tat zurücktreten. Die gerichtliche Fürsorgepflicht gegenüber der Zeugin gebietet es, bereits von der Anordnung der Beugehaft abzusehen. Diese bewirkt hier einen schweren Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützten Rechte der Zeugin auf Freiheit sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Auch deren Schutz ist dem Staat aufgegeben. Der Zweck des Strafverfahrens würde daher verfehlt, wenn es den Strafverfolgungsorganen gestattet wäre, unbegrenzt in andere Individual- oder Gemeinschaftsrechtsgüter einzugreifen. Deshalb gilt ­ auch in Fällen sehr schwerer Straftaten wie terroristisch motivierter Tötungsdelikte ­ der Grundsatz, dass die Wahrheit nicht um jeden Preis ­
    hier: um den Preis der hohen Gefährdung des Lebens einer schwer erkrankten Zeugin ­ erforscht werden darf.

    Strafprozessordnung § 70 Abs. 2

    Grundgesetz Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2

    Bundesgerichtshof – Beschluss vom 10. Januar 2012 ­ StB 20/11

    Oberlandesgericht Stuttgart – Beschluss vom 1. Dezember 2011 ­ 6-2 StE 2/10

    Karlsruhe, den 19. Januar 2012


  • Der Beschwerdeführer ist Zeuge in einem Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie unter anderem wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gegen die Angeklagten M. und C. vor dem 5. Strafsenat des OLG Frankfurt am Main.

    Als der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vom Vertreter des Generalbundesanwaltes vernommen und ihm die Frage gestellt wurde „Wurden Sie oder Ihre Familie seit Ihren Aussagen bei der Polizei bis heute in Deutschland oder der Türkei von irgendjemandem aufgefordert oder gebeten, nicht oder in einem bestimmten Sinn in dem vorliegenden Strafverfahren auszusagen?“ verweigerte er die Beantwortung dieser Frage, denn eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage würde dazu führen, dass er sich und seine Ehefrau der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt sehe.

    Daraufhin hat das OLG Frankfurt am Main gegen den Beschwerdeführer mit Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 Euro, ersatzweise für je 50 Euro einen Tag Ordnungshaft verhängt und „zur Erzwingung des Zeugnisses Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet“. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und hat mit dieser hinsichtlich der Anordnung der Beugehaft Erfolg.

  • Gegen den Beschuldigten ist vom AG Frankfurt/Main ein Haftbefehl gestützt auf Verdunkelungsgefahr erlassen worden. Er wird in mehreren Fällen der Straftat der Hehlerei dringend verdächtigt. Im Raum standen in diesem Fall 33 entwendete Tauchermasken. So sprachen nach Aktenlage dringende Gründe dafür, dass der Beschuldigte einige Teile der Ware besitzt – über den Aufenthaltsort des restlichen Teils der Masken ist nichts Weiteres bekannt.

    Aufgrund des davon ausgehenden dringenden Tatverdachts gemäß §112 StPO erließ das AG einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten, weil dieser den Verbleib der restlichen Beute nicht preisgab und möglicherweise einen Teil bereits verkauft hatte.

    Die hiergegen eingelegte Haftbeschwerde des Beschuldigten ist nach Ansicht des OLG Frankfurt begründet. Der Haftgrund der Verdunklungsgefahr nach §112 StPO Abs. 2 Nr. 3a StPO bestand nach Auffassung des Gerichts zu keinem Zeitpunkt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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