Die Menge des eingeführten Rauschgiftes hat erhebliche Bedeutung bei der Strafzumessung.
Das Amtsgericht Hamm verurteilte den Angeklagten wegen Einfuhr einer nicht geringen Menge Betäubungsmitteln zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. In der Berufung vor dem Landgericht Dortmund wurde die Strafe auf zwei Jahre reduziert und zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Revision ein.
Der polnische Angeklagte geriet mit seinem Unternehmen in Polen in finanzielle Schwierigkeiten. In den Niederlanden wurde ihm ein Drogenkurierjob angeboten. Er sollte knapp 2 Kilogramm Haschisch von den Niederlanden über Deutschland nach Polen bringen. Dafür sollte er 500 Euro erhalten. Bereits hinter der niederländischen Grenze wurde er von deutschen Zollbeamten angehalten und das Haschisch gefunden. Das Landgericht nahm einen minder schweren Fall gemäß § 30 Abs. 2 BtMG an.
Begründet hat das Landgericht die Entscheidung damit, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war und bereits zweieinhalb Monate Untersuchungshaft verbüßt hatte. Ebenfalls war er lediglich Kurier, wofür auch die geringe Vergütung verspricht. Ebenfalls sei Haschisch bezüglich der typischen Gefährlichkeit eher dem unteren Bereich zuzuordnen. Ebenfalls war das Rauschgift nicht für Deutschland vorgesehen und kam nicht in den Umlauf. Strafschärfend wirkte lediglich, dass die nicht geringe Menge (7,5g THC bei Cannabis) um das 16-fache überschritten wurde.
Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) erkennt in der Strafzumessung des Landgerichts Rechtsfehler. Für die Annahme eines minder schweren Falles muss das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle im erheblichen Maße abweichen. Dabei kommt der Menge des Rauschgiftes eine erhebliche Bedeutung zu. Je höher die eingeführte Menge ist, desto gewichtiger müssen Abweichungen vom durchschnittlichen Tatbild vorliegen, damit ein minder schwerer Fall angenommen werden kann.
„Die maßgeblichen Erwägungen enthalten Wertungsfehler, verhalten sich zu gewichtigen Umständen nicht und lassen insgesamt besorgen, dass die Menge des geschmuggelten Rauschgifts zwar ausdrücklich erörtert, aber tatsächlich nicht berücksichtigt worden ist. Letzteres liegt deshalb nahe, weil die Rauschgiftmenge durch das Landgericht lediglich erwähnt wird, das Urteil aber jegliche Auseinandersetzung missen lässt, weshalb gleichwohl ein minder schwerer Fall anzunehmen war“.
Auch bei den weiteren Argumenten für den minder schweren Fall hat das OLG Hamm erhebliche Bedenken. Diese würden so auf fast jeden Kurier zutreffen, vor allem die Unbestraftheit, die Stellung als bloßes ausführendes Werkzeug, die wirtschaftliche Not und dass das sichergestellte Rauschgift den Markt nicht mehr erreicht. Daher kommt solchen Umständen nur eine geringe Bedeutung zu. Auch hätte das Landgericht die verbüßte Untersuchungshaft nicht zu Gunsten des Angeklagten werten dürfen, da diese nach § 51 Abs. 1 S. 1 StGB auf die vollstreckende Strafe anzurechnen sei und daher den Verurteilten nicht gesondert belasten würden. Auch könne nicht strafmildernd berücksichtigt werden, dass das Rauschgift nicht für den deutschen Markt bestimmt sei, denn der Schutz vor Gesundheitsbeeinträchtigungen solle nicht nur der inländischen Bevölkerung dienen.
Daher hat die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg. Das OLG Hamm verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurück.
OLG Hamm, Beschluss vom 20. März 2012, Az.: III-1 RVs 2/12
Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG schützt nicht Gegenstände, die lediglich der Bequemlichkeit dienen.
Mehrere Personen haben sich aus der gesamten Republik auf den Weg nach Berlin gemacht, um gegen die unmenschlichen Asylzustände in Deutschland zu protestieren. Unter dem Motto „Bleiberecht für alle, Abschaffung der Residenzpflicht“ halten sie eine Dauermahnwache vor dem Brandenburger Tor ab.
Der Polizeipräsident in Berlin verbot den Veranstaltern der Mahnwache die Nutzung von „dem Witterungsschutz dienenden“ Gegenständen. Darunter fallen Zelte, Schlafsäcke, Isomatten, aber auch Planen und Pappen. Da gegen diese Anordnung verstoßen wurde, nahmen Polizeibeamten den Demonstranten die Gegenstände ab.
In einem Eilverfahren beschloss die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin nun, dass dieses Vorgehen rechtmäßig war. Das Gericht führt aus, dass die grundgesetzlich gewährleistete Versammlungsfreiheit nur die Verwendung solcher Gegenstände schützt, die unmittelbar für die Versammlung wesensnotwendig seien.
Bei den beschlagnahmten Sachen handele es sich aber lediglich um Gegenstände, die der Bequemlichkeit der Teilnehmer dienen. Nur bei längeren Versammlungen könnte ein zeitweiliges Ausruhen der Versammlungsteilnehmer von Art. 8 GG geschützt sein. Da das Bezirksamt Berlin-Mitte jedoch vier Wärmebusse duldet, sei der Schutz vor der Kälte ausreichend gewährleistet.
Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.
VG Berlin, Beschluss vom 2. November 2012, Az.: VG 1 L 299.12
Das Vermitteln und Begleiten bei einem Drogengeschäft ist regelmäßig nur als Beihilfe anzusehen.
Das Landgericht Düsseldorf hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen richtete die Strafverteidigung die Revision.
Der Angeklagte vermittelte ein Rauschgiftgeschäft über 600g Heroin. Er sollte dabei vom Lieferanten der Drogen einen gewissen Anteil erhalten. Bei der Übergabe dolmetschte der Angeklagte zwischen Käufer und Verkäufer und half dem Käufer anschließend bei der Einfuhr der Drogen nach Deutschland. Eine weitere Vergütung sollte der Angeklagte dafür aber nicht erhalten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) mag in diesem Verhalten keine Mittäterschaft sehen. Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme erfolgt anhand des Grades des eigenen Interesses am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft oder wenigstens dem Willen zur Tatherrschaft. In diesem Fall ist dies nicht gegeben:
„Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft, die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte der Angeklagte nicht; ebenso wenig sollte er die gehandelten Betäubungsmittel in Besitz nehmen. Sein Beitrag bei dem Erwerb und der Übergabe des Heroins beschränkte sich auf das Dolmetschen zwischen den Käufern und dem Lieferanten, so dass auch insoweit keine hinreichend gewichtigen Aktivitäten festgestellt sind, die eine Täterschaft des Angeklagten belegen könnten.“
Aus diesem Grund ist der Angeklagte lediglich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar. Die Sache wird zur neuen Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Revision der Strafverteidigung hatte damit Erfolg.
BGH, Beschluss vom 4. September 2012, Az.: 3 StR 337/12
Ein Rentner aus dem Dorf Becherbach in Rheinland-Pfalz muss sich jetzt vor dem Gericht wegen Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz in insgesamt 84 Fällen verantworten. Er soll nach Medienberichten bereits die Tat gestanden haben.
Er hatte Jahre lang militärische Waffen und Sprengstoff im Haus und der Scheune gesammelt. Im Dorf war der ungewöhnliche Mann als „Pulver-Kurt“ bekannt für seine Liebe zum Militär. Doch keiner hatte mit solch einem Ausmaß und den Gefahren gerechnet. Dennoch sprechen viele von Glück, dass es zu keinem Schaden und keinen Verletzten kam.
Am 1. Januar 2013 soll eigentlich ein neues Steuerabkommen zwischen Deutschland der Schweiz in Kraft treten. Das Ziel dieser Übereinkunft ist es, weitere Fälle der Steuerhinterziehung zu verhindern und die Versteuerung von deutschen Konten in der Schweiz zu regeln sowie an das deutsche Steuersystem quasi anzupassen. Dieser Plan wurde nach dem Ankauf von so genannten „Steuersünder-CDs“ aus der Schweiz und etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen sowohl der Bankkunden als auch der involvierten Mitarbeiter der Bank angegangen, die diese Daten beschafft und später nach Deutschland verkauft haben.
Die Schweizer Justiz hat Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen erlassen.
Den Beamten wird vorgeworfen, am illegalen Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuersünder beteiligt gewesen zu sein. Nach Ansicht der Schweizer Behörden besteht der konkrete Verdachte, dass es Aufträge zum Ausspionieren von Informationen und Daten gab. Wichtig: In der Schweiz ist die Verletzung des Bankgeheimnisses grundsätzlich strafbar, in Deutschland nicht.
Auch in Deutschland hat der illegale Ankauf damals zu Auseinandersetzungen geführt. Allerdings ging es dabei lediglich darum, ob man die Daten bewusst illegal „beschaffen“ dürfe.
Die Schweiz hingegen beschuldigt die drei Steuerfahnder der Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis. Bei einer Einreise in die Schweiz müssen die Beamten mit einer Verhaftung rechnen.
Durch das Geschehen soll das für 2013 geplante Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz nicht beeinträchtigt werden. Danach sollen Anleger in der Schweiz mindestens genau so hoch besteuert werden. Zudem könnte das Abkommen solche Vorfälle künftig unmöglich machen, denn es werde die Strafverfolgung deutscher Beamter ausgeschlossen.
( Quelle: Financial Times Deutschland online vom 31.03.2012 )
Einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft zum Wirtschaftsstrafrecht zufolge sind für 17 Prozent der Mitarbeiter großer Unternehmen in Europa Bestechung und Korruption anerkannte Mittel zur Umsatzsteigerung. „Spitzenreiter“ sind Griechenland und Russland. In Deutschland sahen nur zwölf Prozent der Mitarbeiter solche Maßnahmen als akzeptabel.
Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass die Akzeptanz von Korruption mit den Auswirkungen der „Euro-Krise“ zusammenhängt: Je stärker die Betroffenheit, desto größer die Toleranz.
Bei Mitteln wir Schmiergeldern, Geschenken und Ähnlichen handelt es sich aber nicht um Kavaliersdelikte, sondern um Straftaten. Diese sind zum Teil mit hohen Strafen belegt. Daher ergreifen vor allem in Deutschland immer mehr Unternehmen Gegenmaßnahmen wie zum Beispiel ein Anti-Korruptions-Training. Dabei fanden die Autoren der Studie auch heraus, dass das Rechtsbewusstsein in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch ist. Besonders gering ist dieses in Russland, Tschechien, Kroatien, der Ukraine und Irland. Daneben setzen die Unternehmen auch auf verstärke Überwachung.
Insgesamt wird das Verhalten nach Angaben der Befragten noch zu selten verfolgt respektive bestraft. Als Grund dafür wurden vor allem die fehlenden Ressourcen der Behörden angegeben.
( Quelle: RiskNET online vom 21. Juli 2011 )
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner