2. Senat des Bundesverfassungsgerichts, Az.: 2 BvR 2561/08
Der 2. Senat prüfte einen Durchsuchungsbeschluss (Durchsuchungsanordnung) des AG in der Gestalt der Beschwerde- und Gegenvorstellungsentscheidungen des LG auf seine verfassungsrechtliche Vereinbarkeit.
Nach Entscheidung des 2. Senats dürfe das Beschwerdegericht seine Entscheidung nicht auf Gründe stützen, die dem Ermittlungsrichter nicht bekannt gewesen sind. Prüfungsmaßstab bleibe im Beschwerdeverfahren die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses.
1. Kammer des 2. Senats des BVerfG, Az.: 2 BvR 1046/08
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Durchsuchung einer Wohnung und die Anordnung einer Blutentnahme ohne richterliche Anordnung aufgrund von Gefahr im Verzug.
Die Blutentnahme wurde von einem Polizeibeamten gegen 18.30 Uhr angeordnet und von einem Arzt um 18.40 Uhr beziehungsweise 19.04 Uhr durchgeführt. Der Verteidiger der Beschwerdeführerin beantragte die die Feststellung dass die Blutentnahme rechtswidrig gewesen sei. Ferner beantragte er die Vernichtung der an diesem Tag entnommenen Blutproben. Die Anträge wurden auf die Verletzung von Art. 13 GG, Art. 19 Abs 4 GG und Axt. 2 Abs.. 2 Satz 1 GG gestützt. Der Richtervorbehalt sei nach seiner Ansicht missachtet worden. Gefahr im Verzug habe nicht vorgelegen. Die Anträge und damit die Verfassungsbeschwerde hatten Erfolg.
Die 1. Kammer des 2. Senats führt dazu aus, dass der Richtervorbehalt bei der Anordnung einer Blutentnahme Beachtung finden muss.
Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:
„Die angegriffenen Entscheidungen der Gerichte verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 19 Abs.4 GG, soweit sie das Bestehen der polizeilichen Eilkompetenz mir einer Begründung angenommen haben, die den einfachrechtlichen Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO bei Blutentnahmen zur Feststellung der BAK im Regelfall leer laufen lassen würden.
Auch im Fall der Blutentnahme nach S 81a Abs. I und Abs. 2 StPO muss eine effektive nachträgliche Kontrolle der 2 nichtrichterlichen Eilanordnung gewährleistet sein (vgl. BVerfGK10, 270, 273; BVerfGK 12, 374, 376 f.). Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu (vgl. BVerfGK 10, 270, 274). Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der konkreten strafprozessualen Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl. BVerfGE 96, 44, 51 ff.; BVerfGE 103, 142, l51; BVerfGK 10, 270, 273 f.). Die Ermittlungsbehörden müssen zunächst regelmäßig versuchen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung einhergehenden Verzögerung besteht auch eine Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und -nachrangig – ihrer Ermittlungspersonen (vgl. BVerfGK 10, 270, 274). Die Gefahrenlage muss dann mir auf den Einzelfall bezogenen Tatsachen begründet werden, die in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist (vgl. BVerfGK l0, 270, 274).“
Aufgrund der fehlenden Beachtung des Richtervorbehalts hatte die Verfassungsbeschwerde Erfolg hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Blutentnahme. Das Bundesverfassungsgericht erblickte darin einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
Der Verteidiger von Jörg Kachelmann, Johann Schwenn, beantragte die Durchsuchung der Redaktionsräume von „Focus“ und „Bunte“. Schwenn kritisierte die Berichterstattung besagter Blätter aufgrund „nachteiliger Tendenz“ und „selektivem Präsentieren vermeintlich belastender Umstände“.
„Die dargestellten Umstände begründen die Gewissheit“, so Schwenn, „dass sich in den Redaktions- und Verlagsräumen der genannten Blätter schriftliche Vereinbarungen von Inhalt und Art der mit der Zeugin geschlossenen und aus Anlass vertraulicher Gespräche auch mit Amtsträgern angefallene Verzehrbelege befinden“. Dieser Verdacht werde – so die Verteidigung – durch die Beobachtung gestützt, dass ‚Focus‘ offenbar über einen „zeitnah aktualisierten Aktenauszug verfügt und mitunter sogar über noch nicht einmal aktenkundig gewordene Vorgänge berichtet hat.“
Zudem geht Schwenn davon aus, dass verschiedene Zeuginnen von einzelnen Medien zu Angaben verleitet worden sein könnten, die nicht der Wahrheit entsprächen.
Die Sprecher von „Focus“ und „Bunte“ wiesen jedwede Behauptung in dieser Hinsicht zurück. Die Focus-Redaktion sieht diesen Antrag lediglich als Ablenkungsmanöver.
Bisher hat das Gericht dazu noch keine Stellung genommen und den Antrag zurückgestellt, da Schwenn bisher nur ein Exemplar einreichte. Es soll zunächst die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft abgewartet werden.
(Quelle: spiegel-online.de vom 08.12.2010; Hambuger Abendblatt-online vom 08.12.2010 und 09.12.2010)
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Sicherheitsfirma Prevent, die bei der HSH Nordbank tätig ist. Im Zuge der Ermittlungen wurden Büros von Prevent in München und Norderstedt und auch Büros der Tochterfirma Validd in Hamburg und Mainz durchsucht. Zudem wurden Privatwohnungen der Prevent-Gründers und des Vorstands durchsucht.
Prevent-Mitarbeitern wird vorgeworfen dem ehemaligen Leiter der HSH Nordbank-Niederlassung New York bei seiner Kündigung kinderpornographische Schriften untergeschoben zu haben. Jedoch seinen nach Aussage der Staatsanwaltschaft keine Hinweise darauf ersichtlich, dass dies von der HSH beauftragt wurde.
Prevent wies diese „Unterstellungen“ zurück. Diese Stellungnahme gab Prevent bereits zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kiel ab, als diese dem Verdacht nachgingen, dass einem ehemaligen Vorstandsmitglied ebenfalls fingierte Beweise untergeschoben worden sein sollten, um ihn entlassen zu können.
(Quelle: Hamburger Abendblatt vom 04.11.2010, S. 1)
Nach Aussage der Kieler Staatsanwaltschaft wurden in der letzten Woche 23 Durchsuchungsbeschlüsse in Flensburg im Zusammenhang mit Geschäften der früheren Flensburger Sparkasse vollstreckt worden. Es bestehe der Verdacht der Gewährung von Krediten ohne ausreichende Sicherheiten, so die Staatsanwaltschaft Flensburg.
Dabei wurden wohl auch die Privatwohnung des ehemaligen Vorstandschefs sowie der Flensburger Hauptsitz der jetzigen Nord-Ostsee-Sparkasse durchsucht.
Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass es um Kreditgeschäfte in Höhe von 23 Millionen Euro gehe, die insbesondere mutmaßliche Geschäfte mit Aktien der Beate Uhse AG beträfen. Es sollen eigens Firmen gegründet worden sein, um den Börsenkurs der Beate Uhse Aktien in die Höhe zu treiben. Die Sicherheiten für die gewährten Kredite sollen angeblich nur Beate Uhse Aktien gewesen sein.
(Hamburger Abendblatt vom 28.10.2010, S. 27)
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner