Entschädigung

  • Nach rund zwei Jahren und 196 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Landgericht das Urteil gefällt. 21 Mitglieder der rockerähnlichen Jugendbande „Black Jackets“ wurden wegen eines Überfalls auf einen Schulhof im Juni 2009 verurteilt.
    Die Angeklagten im Alter von 20 bis 27 Jahren hatten damals mit Baseballschlägern und Eisenstangen mehrere Personen auf einem Schulhof angegriffen. Dabei wurde einer fast zu Tode geschlagen. Zwei Opfer bekamen vom Gericht Entschädigungen von jeweils 9250 Euro zugesprochen. Ein Schwerverletzter, der unheilbare Hirnschäden davon trug, bekam 90.000 Euro und eine monatliche Rente von 120 Euro.

    Die Strafkammer erkannte bei den Angreifern jeweils Tötungsabsicht, einen versuchten Mord wollte das Gericht jedoch nicht erkennen. Die längste Haftstrafe erhielt ein 22-Jähriger, der eine Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten erhielt. Die meisten anderen, die zum größten Teil nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, bekamen ihrerseits Freiheitsstrafen zwischen drei und sechs Jahren.


    Autor des Beitrags ist Rechtsanwalt für Strafrecht & Strafverteidiger Dr. Böttner, Anwaltskanzlei aus Hamburg und Neumünster. Weitere Gerichtsentscheidungen und allgemeine Informationen zum Strafrecht und der Strafverteidigung finden Sie auf der Kanzlei-Homepage.

  • Vor rund drei Monaten hatte Patrick S. aus Leipzig vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg mit seiner Klage vor der Kleinen Kammer des Gerichts verloren.

    Der wegen Beischlafs mit Verwandten mehrfach Verurteilte zeugte in den Jahren 2001 und 2005 mit seiner Schwester vier Kinder und kam dafür für knapp drei Jahre in Haft. Daraufhin zog er bis vor Bundesverfassungsgericht. Auch dies lehnte seine Beschwerde ab. Anschließend versuchte er es vor dem EGMR und verwies auf die Menschenrechte sowie das Grundrecht auf Schutz des Familienlebens.

    Doch auch hier blieb seine Klage erfolglos. Die Richter hielten sich an das deutsche Strafrecht und dem „Inzestverbot“ und erklärten, dass die Liebe unter Geschwistern in der Mehrheit der Mitgliederstaaten untersagt sei.

    Doch damit nicht genug. Nun versucht er es vor der Großen Kammer des EGMR, da er wesentliche Fragen wie z.B. ob sexuelle Beziehungen zwischen zwei Erwachsenen, die beide in diese einwilligen, gegen ein Gesetz verstoße, als ungeklärt ansieht. Sollte die Große Kammer diesen Fragen eine Bedeutung beimessen, könnten sie als letzte Instanz den Beschluss aufheben und Patrick S. eine Entschädigung zusprechen.

     ( Quelle: n-tv, 3.07.2012 )


  • BGH, Beschluss vom 05.07.2011, Az.: 3 StR 444/10

    Das Landgericht Hildesheim hat gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 € verhängt. Zugleich hat es als Entschädigung für die überlange Dauer des Verfahrens ausgesprochen, dass 30 Tagessätze dieser Strafe als vollstreckt gelten.
    In der Revision hat sich der BGH dem Antrag des Generalbundesanwalts angeschlossen.

  • BGH, Beschluss vom 24.08.2011, Az.: 1 StR 276/11

    Das Landgericht Stuttgart hat den Angeklagten am 1. Dezember 2010 wegen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion unter Einbeziehung der Strafen aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe sowie der Unterbringung wurden zur Bewährung ausgesetzt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein. Allerdings verstarb er, bevor eine Entscheidung ergehen konnte. Fraglich ist, wie in einem solchen Fall mit der Revision umgegangen werden soll.

    Dazu der BGH:
    „Das Verfahren ist gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen (BGH, Beschluss vom 8. Juni 1999 – 4 StR 595/97, NJW 1999, 3644). Das angefochtene Urteil ist damit gegenstandslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf (BGH, Beschluss vom 5. August 1999 – 4 StR 640/98, BGHR StPO § 467 Abs. 3 Verfahrenshindernis 2; Senat, Beschluss vom 10. Juli 2001 – 1 StR 235/01).“

    „Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO, die Entscheidung über die notwendigen Auslagen auf § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Das Rechtsmittel des Angeklagten erschien nicht aussichtsreich. Es wäre deshalb unbillig, der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen.
    Eine Entschädigung für die durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen (insbesondere Untersuchungshaft) ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen.“

    Somit stellt der BGH klar, dass das Verfahren in diesem Fall eingestellt wird. Die Verurteilung wird durch den Tod gegenstandslos, weshalb der BGH es nicht als notwendig erachtet, das Urteil aufzuheben. Anders ist es freilich in den Fällen, in denen der Verurteilte nicht (in Untersuchungshaft )verstirbt.

    Dann nämlich besteht ein berechtigtes Interesse an einer Aufhebung der Verurteilung.
    Zudem erläutert der BGH, dass die Staatskasse die Kosten für die Revision trägt. Allerdings können der Staatskasse nicht die notwendigen Auslagen des Verurteilten auferlegt werden.


  • Gegen 17 ehemalige und gegenwärtige Mitarbeiter der „Jewish Claims Conference“ wurde von der Staatsanwaltschaft New York Anklage erhoben. Insgesamt sollen sie durch Betrug 42 Millionen Doller ertrogen haben. Die „Jewish Claims Conference“ ist eine 1951 in New York gegründete Organisation, die die Interessen von Holocaust-Opfern vertritt und in Sammelklagen finanzielle Entschädigungen von Deutschland zu erstreitet und verteilt.
    Der russische Einwanderer Seymon Domnitser soll laut Staatsanwaltschaft in den letzten elf Jahren die Mittel aus zwei Entschädigungsfällen vergeben haben. Dabei sollten mehr als 5500 Anträge gefälscht und sodann das Geld unter den 17 Angeklagten selbst aufgeteilt worden sein. Zudem sollen jüdische Einwanderer aufgefordert worden sein, Anträge zu stellen, obwohl sie keinen Anspruch auf Entschädigung hatten.
    Von den 17 Angeklagten waren am 09.11.2010 12 festgenommen worden, die fünf weiteren befinden sich bereits seit längerem in Haft. Vier der Angeklagten haben sich laut Staatsanwaltschaft für schuldig bekannt. Den Angeklagten drohen jetzt bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe.
    (Quelle: FAZ vom 11.11.2010 Nr. 263, S. 1)

  • EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009

    Erneut sorgt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte für Aufsehen.  Mit dem Urteil vom 17. Dezember 2009 stellte der EGMR fest, dass Deutschland mit der rückwirkenden Anwendung des geänderten §67d Abs. 3 StGB, der eine über die zur Tatzeit zulässige Höchstdauer hinausgehende Sicherungsverwahrung eines Verurteilten regelt, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt und dem Beschwerdeführer eine Entschädigung in Höhe von 50.000 Euro zu zahlen hat.

    Der Beschwerdeführer M wurde nach bereits mehreren begangenen Straftaten zuletzt im November 1986 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Raub zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren vom Landgericht Marburg verurteilt. Das Gericht ordnete die anschließende Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung an und begründete dieses mit dem psychiatrischen Gutachten, welches den Beschwerdeführer als gefährlichen Straftäter einordnet und weitere Straftaten als wahrscheinlich ansieht.

    Nachdem der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe längst verbüßt hatte und sich weiterhin in Sicherungsverwahrung befand, beantragte er mehrmals in den Jahren zwischen 1992 und 1998 die Aussetzung seiner Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung. Hierbei blieb er jedoch erfolglos. Unter anderem lehnte das LG Marburg einen entsprechenden Antrag im Jahre 2001 ab und verwies auf die im psychiatrischen Gutachten festgestellte Wiederholungsgefahr des Beschwerdeführers. Gleichzeitig bekräftigte das Gericht seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und ordnete eine über die Maximalgesamtdauer von 10 Jahre gehende Sicherungsverwahrung an.

    Eigentlich hätte der Beschwerdeführer spätestens nach 10 Jahren Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen.

    Als auch das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers im Februar 2004 auf Grundlage des Charakters der Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem StGB zurückwies, legte der Beschwerdeführer am 24. Mai 2003 eine Beschwerde beim EGMR ein und stütze diese auf sein subjektives Recht aus Art. 5 I EMRK.

    Am 17. Dezember 2009 erschien daraufhin das Urteil des EGMR, das in der überzogenen Sicherungsverwahrung einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention durch Deutschland feststellt. So stellt nach Ansicht der Straßburger Richter die verlängerte und über 10 Jahre hinausgehende Sicherheitsverwahrung einen Verstoß gegen Art. 5 I EMRK dar.

    Zudem befanden die Richter des EGMR, dass die Sicherheitsverwahrung eine der härtesten Maßnahmen nach dem StGB und gleichzusetzen mit der Freiheitsstrafe sei. Eine verlängerte Sicherheitsverwahrung stelle eine zusätzliche und ungerechtfertigte Bestrafung dar, die über das zulässige Strafmaß hinausgeht. Hinzukommt, dass das in Deutschland keine ausreichende psychologische Betreuung der Häftlinge gewährleistet werde.

    Folglich liegt in der Entscheidung ein Verstoß gegen Art. 7 I EMRK vor. Ferner wird Deutschland zu einer Entschädigung in Höhe von 50.000 Euro gegenüber dem Beschwerdeführer verurteilt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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