falsche Versicherung an Eides Statt

  • Vor kurzem hat das Bundesverfassungsgericht die Verständigung im Strafprozess für verfassungskonform erklärt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013, Az.: 2 BvR 2628/10). Offen blieb jedoch die Frage, in wieweit diese Gespräche dokumentiert werden müssen. Dazu hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges Urteil gesprochen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: 2 StR 195/12).

  • Quelle: Pressemitteilung vom Nr. 182/2012 vom 30.10.2012

    Der unter anderem für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des BGH (Bundesgerichtshof) hat vorgestern entschieden, dass die Meldung im Online-Archiv eines Internetangebots einer Nachrichtenzeitung über das Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versichung gegen einen Manager von Gazprom Germania GmbH zulässig sei, weil das öffentliche Informationsinteresse gegenüber dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen in diesem Fall überwiegen würde.

    Auszug aus der Pressemitteilung:

    Meldung im „Online-Archiv“ über Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung
    gegen Gazprom-Manager zulässig

    Der Kläger ist „Direktor Finanzen und Controlling“ der Gazprom Germania GmbH. Von Ende 1985 bis Ende 1989 war er aufgrund einer eigenhändig verfassten Verpflichtungserklärung als „Offizier im besonderen Einsatz“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, „niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit“ gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren nach Zahlung eines Geldbetrags gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt.

    Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen „Nachtrag“, in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.

    Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

    Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Zwar liegt in dem Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet ein Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da das Schutzinteresse des Klägers hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten hat.

    Die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag war zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig. In dem Beitrag wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat begründeten ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses sind die die Besonderheiten des Streitfalles, insbesondere die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und sie damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet.

    Das Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf ist auch weder durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO noch infolge des Abmahnschreibens des Klägers vom 7. Februar 2011 rechtswidrig geworden. Durch die Einstellung des Strafverfahrens hat die Meldung ihre Aktualität nicht verloren. Die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, ist nicht schwerwiegend. Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren.

    Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12

    Landgericht Hamburg – Urteil vom 12. August 2011 – 324 O 203/11

    Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 29. November 2011 – 7 U 80/11

    Karlsruhe, den 30. Oktober 2012


  • BGH, Urteil vom 17.03.2011, Az.: 1 StR 407/10

    Das Landgericht Regensburg hat festgestellt, dass der Angeklagte bei der Kommunalwahl als Parteiloser für den Stadtrat von R. kandidierte. Im Rahmen der Briefwahl füllte er Stimmzettel von 60 Wahlberechtigten ohne Mitwirkung des jeweiligen Wahlberechtigten aus. Zum Teil haben die Wahlberechtigten dabei anschließend selbst unterschrieben, zum Teil hatte sich der Angeklagte ohne Wissen des Wahlberechtigten dessen Wahlbenachrichtigungskarte verschafft und diese mit dessen Namen unterschrieben oder er hatte einen Angehörigen des Wahlberechtigten hierzu veranlasst.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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