Freispruch

  • Die Richter des Landgerichts Halle mussten sich mit einem suspendierten Kollegen aus Dessau befassen. Ihm wurden Urkundenfälschung und Strafvereitelung im Amt vorgeworfen. Der 61-jährige Richter am Landgericht Dessau-Roßlau soll zwischen April 2005 und August 2007 in fünf Fällen die schriftlich ausgefertigten Urteile nachträglich überarbeitet haben.

    Der Richter gestand, dass er unfertige Urteile innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist zur Geschäftsstelle gereicht hatte. Anschließend ergänzte und überarbeitete er die Urteile und lies die unvollständigen Urteile damit vervollständigen. Durch das Abliefern der unfertigen Urteile wurde den Verurteilten die Chance der Revision genommen. Denn ist ein Urteil nicht innerhalb von fünf Wochen zur Akte gereicht, ist das Urteil in der Revision aufzuheben.

    Das Landgericht Halle sah in diesem Verhalten zwar eine Rechtsverletzung, jedoch hätte es nicht die erforderliche Schwere erreicht, um als Rechtsbeugung angesehen zu werden. Der Angeklagte hatte weder Urteilstenor noch den Sachverhalt verfälscht. Aus diesem Grund liegt auch der für eine Rechtsbeugung notwendige erhebliche Unrechtsgehalt nicht vor.

    Die Staatsanwaltschaft hatte eine zweijährige Bewährungsstrafe gefordert, die Strafverteidigung plädierte auf Freispruch. Letzterem kam das Landgericht Halle auch nach und sprach den Richter frei. Die Staatsanwaltschaft hat bereits angekündigt, ihrerseits die Revision einzulegen.

    ( LG Halle, 10.10.2012 – 3 KLs 16/12 )


  • Ein ehemaliges Mitglied der Hells Angels musste sich vor dem Amtsgericht Rüsselsheim verantworten. Vor zwei Jahren hörte das Wiesbadener Landeskriminalamt ein Telefongespräch aus der Rockerszene ab. In dem Gespräch unterhielten sich zwei Mitglieder der Hells Angels mit einer Polizeibeamtin. Im Gespräch ging es hauptsächlich um Drogen. Am Ende forderte die Beamtin erst 50 und später 20 Euro.

    Die Polizei ging davon aus, dass hiermit 50.000 Euro bzw. 20.000 Euro gemeint wären. Die Behörde war bestürzt, dass die Polizistin anscheinend geheime Polizei-Informationen verkauft hätte. Die Polizistin gab später zu, dass sie Drogensüchtig sei und mehrfach Drogen mit dem Angeklagten konsumiert hätte. Sie wurde bereits in einem anderen Verfahren zu elf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

    Der Angeklagte, der schon seit einiger Zeit kein Mitglied der Rockergruppe mehr ist, bestritt jedoch jeden Handel mit Drogen. Die Polizistin selbst musste daraufhin als Zeugin aussagen. Dabei verwickelte sie sich in Widersprüche bezüglich Ort, Zeit und konsumierte Menge.

    Im weiteren Verfahren stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei den 70 Euro um keine 70.000 Euro, sondern tatsächlich um 70 Euro handelte. Diese hatte der Angeklagte sich fürs Tanken geliehen. Am Ende forderte nicht nur die Strafverteidigung einen Freispruch, sondern auch die Staatsanwaltschaft. Das Gericht folgte diesem. Das Urteil ist rechtskräftig.


  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 143/2012 vom 04.09.2012

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft den Freispruch des Angeklagten (ein Münchener Apotheker) aufgehoben und darüberhinaus über die Zulassungspflicht für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zur Behandlung krebskranker Patienten entschieden.

    Auszug aus der Pressemitteilung:

    Der Bundesgerichtshof hat erstmals – und mit Auswirkungen für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle im Bundesgebiet – über die Reichweite der Zulassungspflicht für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zur Behandlung krebskranker Patienten (Zytostatika) entschieden.

    Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen des Inverkehrbringens von Fertigarzneimitteln ohne die erforderliche Zulassung (§ 96 Nr. 5 AMG*), der unerlaubten Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Verschreibung (§ 96 Nr. 13 AMG*) und des Betruges (§ 263 StGB**) freigesprochen.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ der Angeklagte in den Jahren 2006 und 2007 im Labor der von ihm geleiteten Apotheke auf Rezept Zytostatika-Lösungen auf der Basis des Fertigarzneimittels Gemzar zubereiten. Obwohl es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, hierzu auf das in Deutschland zugelassene Medikament zurückzugreifen, bezog er in einer Vielzahl von Fällen eine stoffgleiche, nur in einigen anderen Staaten der Welt zugelassene Herstellung. Der Angeklagte ersparte sich durch den Einkauf des deutlich günstigeren, in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittels Erwerbsaufwendungen in Höhe von mehr als 58 500, — Euro. Bei der Abrechnung legte er nicht offen, dass das von ihm verwendete Arzneimittel nicht zugelassen war. Er rechnete vielmehr nach dem Listenpreis ab, was von den Patienten nicht bemerkt und bei stichprobenhaften Rechnungsprüfungen der Kassen auch nicht beanstandet wurde.

    Das Landgericht hat dieses Verhalten des Angeklagten als straflos bewertet. Weil der Angeklagte nicht das erworbene Fertigarzneimittel, sondern eine daraus in seiner Apotheke hergestellte – zulassungsfreie – Rezeptur durch Herausgabe an die Patienten in den Verkehr gebracht habe, sei der Tatbestand des Inverkehrbringens von Fertigarzneimitteln ohne Zulassung nicht erfüllt. Auch ein Verstoß gegen die Verschreibungspflicht liege nicht vor, weil der Angeklagte die Rezepturarzneimittel entsprechend der ärztlichen Verschreibung abgegeben habe. Diese diene nicht der Durchsetzung von Zulassungsvorschriften. Schließlich habe der Angeklagte auch keinen Betrug begangen, da die von ihm abgegebene Lösung  – mangels Zulassungspflicht – verkehrsfähig gewesen sei und eine Pflicht zur Offenlegung seiner Einkaufspreise nicht bestanden habe.

    Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft das freisprechende Urteil aufgehoben. Die Zulassungspflicht entfällt nicht dadurch, dass aus dem Arzneimittel Gemzar durch Hinzugabe von Kochsalzlösung eine Injektionslösung zubereitet wird. Die Verbringung eines Fertigarzneimittels in seine anwendungsbereite Form macht aus ihm kein Rezepturarzneimittel; hierfür bedarf es vielmehr der Durchführung wesentlicher Herstellungsschritte in der Apotheke. Die Pflicht zur Zulassung besteht damit fort. Eine solche Zulassung hätte bereits in einem vereinfachten Verfahren, in dem die stoffliche und therapeutische Identität des Medikaments mit der in Deutschland zugelassenen Herstellung zu prüfen und gegebenenfalls festzustellen ist, erreicht werden können. Damit kommt entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts eine Strafbarkeit gemäß § 96 Nr. 5 AMG in Betracht. Der Senat hat offen gelassen, ob, was im Hinblick darauf, dass ein Arzt grundsätzlich nur zugelassene Medikamente verschreiben will, naheliegt, auch § 96 Nr. 13 AMG verwirklicht ist. Jedenfalls tritt diese Strafvorschrift im vorliegenden Fall hinter § 96 Nr. 5 AMG zurück. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts kommt aber auch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Betruges in Betracht, weil für nicht zugelassene Medikamente kein Erstattungsanspruch besteht. Damit läge ein Schaden in voller Höhe der von den Krankenkassen und privat versicherten Patienten zu Unrecht erstatteten Beträge vor.

    Über die Vorwürfe wird nunmehr eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts erneut zu befinden haben.  [..]

    Urteil vom 4. September 2012 – 1 StR 534/11

    Landgericht München II – W 5 KLs 70 Js 25946/08 – Urteil vom 15. Juli 2011

    Karlsruhe, den 4. September 2012


  • Ist die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei, ist es erst recht die fahrlässige Tötung eines Suizidwilligen durch Unterlassen.

    Der Geschädigte ließ sich selbst in der Klinik für forensische Psychiatrie einweisen. Im Aufnahmegespräch teilte er der beschuldigten Ärztin mit, dass er sich nicht umbringen wolle, jedoch befürchte, dies zu jedoch zu tun. Daraufhin wurde der Patient stationär aufgenommen, jedoch nicht als suizidgefährdet eingestuft. Aus diesem Grund wurde sowohl auf sedierende Medikamente als auch auf die Wegnahme von Gegenständen verzichtet. Am nächsten Morgen wurde der Patient tot in seinem Zimmer aufgefunden. Er hatte sich mit seinem Gürtel erhängt.
    Das Amtsgericht Gießen hat die Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen nicht zugelassen. Dagegen richtete sich die Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde. Die Beschwerde hat vor dem Landgericht Gießen jedoch keinen Erfolg.
    Das Landgericht stellt fest, dass die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar ist. Daher muss erst recht die fahrlässige Tötung durch Unterlassen straffrei sein.

    „So kann derjenige, der mit Gehilfenvorsatz den Tod eines Selbstmörders mit verursacht, nicht bestraft werden. Schon dies verbietet es aus Gründen der Gerechtigkeit, denjenigen zu bestrafen, der nur fahrlässig eine Ursache für den Tod eines Selbstmörders setzt. Er ist sich – bei bewusster Fahrlässigkeit – wie der Gehilfe der möglichen Todesfolge bewusst, nimmt sie aber anders als jener nicht billigend in Kauf.“

    Prägnant stellt das Landgericht am Ende fest:

    „Aus der Straflosigkeit von Anstiftung und Beihilfe zur Selbsttötung folgt zwingend, dass der Garant, der nichts zur Verhinderung des freiverantwortlichen Suizids unternimmt, ebenfalls straffrei bleiben muss (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 24).“

    Denn hätte die Ärztin dem Patienten den Gürtel aktiv für die Selbsttötung gereicht, wäre dies eine Beihilfe zu einer straffreien Selbsttötung gewesen. Dies hätte dann auch nicht bestraft werden können.
    Daran ändert auch eine mögliche Unfreiwilligkeit der Selbsttötung nichts. So bestehen zwar Zweifel daran, wie frei eine eigenverantwortliche Willensbildung noch möglich war, jedoch zählt auch hier „im Zweifel für den Angeklagten“:

    „Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit können jedoch keine Strafbarkeit begründen, sondern wirken, wie stets, zugunsten des Angeklagten (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 27, m. w. N., Rn. 31).“

    Damit hatte die Beschwerde der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg.

    LG Gießen, Beschluss vom 28.06.2012, Az.: 7 Qs 63/12


  • Im Prozess gegen Anders Breivik wurden vor wenigen Tagen die abschließenden Plädoyers vor dem Gericht in Oslo gehalten. Nach 43 Verhandlungstagen in Prozess wegen des 77-fachen Mordes wurden fast durchweg die Nerven der Beteiligten und Angehörigen der Opfer strapaziert. Nun ist ein Ende in Sicht.

  • Der Bundesgerichtshof hebt den Freispruch des angeklagten Arztes in dem spektakulären Fall um den Tod des C. im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen („Brechmitteleinsatz“) erneut auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Bremen.

  • Das Landgericht Itzehoe hat einen 27-jährigen Mann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Laut Anklage sollte der Mann seine damalige Ehefrau im September 2010 in der gemeinsamen Wohnung sexuell missbraucht und verletzt haben. Damals waren sie gerade frisch verheiratet.

  • Vor dem Potsdamer Landgericht musste sich der ehemaliger Leiter eines Kinder- und Jugendheimes wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung verantworten.
    Laut Anklage soll der Mann seine damalige Lebensgefährtin und Mitarbeiterin vergewaltigt haben. Allerdings verwickelte sich das mutmaßliche Opfer nach Ansicht des Gerichts in Widersprüche.

    Das Landgericht hat den Angeklagten aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
    Im Zuge der Ermittlungen gegen den ehemaligen Leiter wurden auch Geschäfte offen gelegt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft könnte im Moment nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte Geld des Vereins auf sein privates Konto gelenkt habe. Ihm droht deshalb ein Verfahren wegen Untreue.

    ( Quelle: Märkische Allgemeine online vom 10.05.2012 )

  • Am Tattag brach der Angeklagte mittels einer Scheckkarte in die Wohnung seiner schwerbehinderten Ex-Freundin ein. Zunächst würgte der Angeklagte die Geschädigte und fragte sie, wer das Türschloss ausgewechselt habe. Anschließend kam es zum Oral- und dann zum Geschlechtsverkehr. Dabei wehrte sich die Geschädigte nicht und sagte dem Angeklagten auch nicht, dass sie keinen Geschlechtsverkehr wolle. Danach zog sich der Angeklagte an und verließ die Wohnung.

  • Das Landgerichts Trier hatte im letzten Jahr einen damals 55-jährigen Mann wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

    Nach Auffassung des Landgerichts hatte der Angeklagte seinen Nachbarn getötet. Zunächst soll er versucht haben, seinen verhassten Nachbarn per Mordauftrag loszuwerden. Da dies nicht funktionierte, soll der Angeklagte ihn selbst getötet haben.  Allerdings wurde die Leiche nie gefunden. Schon 1988 hatte der Angeklagte auf seinen Nachbarn geschossen und war zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Die Auseinandersetzungen zwischen den Nachbarn hörten nie auf.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt