4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs; Az.: 4 StR 409/10
Erneut hatte eine Revision im Bereich des dem Wirtschaftsstrafrecht zuzuordnenden Untreuetatbestandes im Sinne des § 266 StPO teilweise Erfolg. Allerdings hat der BGH klargestellt, dass einem Gerichtsvollzieher eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den ihn beauftragenden Gläubigern zukommt.
Das LG hatte den Angeklagten – einen Gerichtsvollzieher – wegen Gebührenüberhebung in 81 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, und wegen Abgabenüberhebung in 7 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem wurde dem Angeklagten die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, für die Dauer von zwei Jahren aberkannt.
Dazu hatte das LG festgestellt, dass der Angeklagte als Gerichtsvollzieher in einer Vielzahl von Vollstreckungsverfahren zu hohe Gebühren erhoben habe.
Dagegen ging der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Revision vor.
Der 4. Strafsenat erachtet die Revision für teilweise erfolgreich. Ein Teil der zur Last gelegten Taten sei nach § 154 II StPO einzustellen, da den Urteilsgründen nicht hinreichend zu entnehmen sei, ob der Angeklagte überhöhte Gebühren anlässlich freiwilliger Teilzahlungen der Vollstreckungsschuldner erhoben habe. In den übrigen Fällen würden die Feststellungen des LG eine Verurteilung des Angeklagten nach § 266 StGB tragen.
Aus dem Wortlaut des Beschluss:
„Indem der Angeklagte überhöhte Gebühren berechnet hat und diese einbehalten hat bei der Weiterleitung der vereinnahmten Teilzahlungen, hat der Angeklagte die ihm als Gerichtsvollzieher gegenüber den Gläubigern obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und den Gläubigern einen Vermögensnachteil zugefügt.
Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan gemäß §§ 753 ff. ZPO im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Gläubigern.
Nach § 58 Nr. 1 GVGA handelt der Gerichtsvollzieher bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbständig. Gemäß § 58 Nr. 2 GVGA hat der Gerichtsvollzieher die Weisungen des Gläubigers insoweit zu berücksichtigen, als sie mit den Gesetzen oder der Geschäftsanweisung nicht in Widerspruch stehen. Nach § 106 Nr. 6 GVGA hat er die empfangene Leistung und nach § 138 Nr. 1 GVGA bzw. § 170 GVGA gepfändetes oder ihm gezahltes Geld nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger abzugeben.
Gegen diese Amtspflicht hat der Angeklagte in den vorliegenden Fällen verstoßen.“
Der Strafsenat stellte das Verfahren nach § 154 II StPO ein, soweit dem Angeklagten die Taten nicht hinreichend nachzuweisen waren und änderte den Schuldspruch des LG dahingehend ab.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH), Nr. 97/2011 vom 7.6.2011
Im Zentrum der Entscheidung über die Zulässigkeit einer AGB Klausel bezüglich der monatlichen Gebühr stand die so genannte AGB-Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB über eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners.
Pressemitteilung:
Klausel über die Zahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung des Darlehenskontos durch die Bank ist unwirksam
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Klausel über die Zahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung des Darlehenskontos in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam ist.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Bank.
Die Beklagte verwendet gegenüber ihren Kunden in ihren Allgemeinen Bedingungen für Darlehensverträge eine Klausel, durch welche sie sich beim Abschluss von Darlehensverträgen die Bezahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung des Darlehenskontos versprechen lässt.
Der Kläger ist der Ansicht, diese Klausel sei wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB* unwirksam. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Privatkunden zu unterlassen bzw. sich bei der Abwicklung bestehender Verträge mit Privatkunden nicht hierauf zu berufen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Beklagte erbringe für die vereinnahmte Kontoführungsgebühr keine Sonderleistung, sondern genüge mit der Führung des Darlehenskontos lediglich ihrer Rechnungslegungspflicht, die eingehenden Darlehensraten ordnungsgemäß zu verbuchen und den Kunden darüber zu informieren. Diese Leistung schulde sie bereits aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten, weshalb sie hierfür kein Entgelt verlangen könne.
Der XI. Zivilsenat hat der Unterlassungsklage, die in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben war, auf die Revision des Klägers stattgegeben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die angegriffene Klausel halte der gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht stand:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handele es sich bei der streitigen Gebührenklausel nicht um eine nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* der Inhaltskontrolle von vornherein entzogene Preisklausel. Eine solche liege nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur vor, wenn die betreffende Gebühr den Preis für eine vom Klauselverwender angebotene vertragliche Leistung festlege. Davon könne hier jedoch keine Rede sein. Die Kontoführungsgebühr diene nicht der Abgeltung einer vertraglichen Gegenleistung oder einer zusätzlichen Sonderleistung der Bank. Diese führe das Darlehenskonto vielmehr ausschließlich zu eigenen buchhalterischen bzw. Abrechnungszwecken. Der Bankkunde hingegen, der seine regelmäßigen Zahlungspflichten üblicherweise dem Kreditvertrag oder einem eigenständigen Zins- und Tilgungsplan entnehmen könne, sei auf die Führung eines gesonderten Darlehenskontos durch das Kreditinstitut im Regelfall nicht angewiesen. Etwas anderes folge vorliegend auch nicht daraus, dass die Beklagte ihren Kunden am Ende eines Kalenderjahres eine Zins- und Saldenbestätigung zur Vorlage bei der Finanzverwaltung erteile. Hiermit lasse sich die angegriffene Gebühr allein schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut der streitigen Klausel das Entgelt nicht für die Erteilung der Jahresbescheinigung, sondern ausdrücklich zur Abgeltung der Kontoführung erhebe.
Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halte die Klausel nicht stand. Klauseln, die es einem Kreditinstitut ermöglichen, Entgelte für Tätigkeiten zu erheben, die es – wie hier – im eigenen Interesse erbringt, halten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB* nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht vereinbar sind und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Soweit in einzelnen Vorschriften des Preisordnungsrechts auch die Behandlung von Kontoführungsgebühren geregelt wird, folgt hieraus nichts anderes. Denn diese Vorschriften betreffen allein die formelle Art und Weise der Preisangabe im Verkehr, nicht aber die materielle Zulässigkeit einzelner Preisbestandteile.
Urteil vom 7. Juni 2011 – XI ZR 388/10
LG Ravensburg – Urteil vom 25. März 2010 – 2 O 117/09
OLG Stuttgart – Urteil vom 21. Oktober 2010 – 2 U 30/10 (ZIP 2011, 462)
Karlsruhe, den 7. Juni 2011
* § 307 BGB
Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Die Verteidigerin des Angeschuldigten beantragte im Ermittlungsstadium die Freigabe eines sichergestellten Pkw VW Golf und legte gegen die daraufhin ergangene Beschlagnahmeentscheidung des AG Düsseldorf das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Durch Beschluss hob das LG Düsseldorf die amtsgerichtliche Beschlagnahme auf. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gingen zu Lasten der Staatskasse.
Der Angeschuldigte stellte daraufhin einen Antrag auf Festsetzung zu erstattender notwendiger Auslagen in Höhe von 215,39 EUR. Er wurde von der Rechtspflegerin durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Angeschuldigte mit seiner sofortigen Beschwerde.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner