Gefahr

  • Der erst 2009 ins Strafgesetzbuch (StGB) eingefügte Paragraph § 89a StGB – Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat – wurde nun in einer aktuellen Entscheidung den Bundesgerichtshof beschäftigt. Ein Student baute in seiner Wohnung eine Rohrbombe, um sie möglicherweise irgendwann für einen Terroranschlag zu nutzen. Bereits in der Bauphase explodierte jedoch der Sprengsatz. Ob bereits konkrete Verwendungsabsichten bestanden, hatte das Landgericht nicht festgestellt.

  • Ob ein Faustschlag eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist, bemisst sich an dem individuellen Fall.

    Wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung, versuchter gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung zum Nachteil seiner Stieftochter wurde ein Angeklagter vom Landgericht Gera strafrechtlich verurteilt.

  • Durch das zur Verfügung stellen des Fahrzeuges können Mitinsassen aus dem Schutzbereich des § 315c StGB fallen.

    Der Angeklagte wurde unter anderem wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB vom Landgericht Meiningen verurteilt. Nach Feststellung des Gerichts führte der Angeklagte einen mit zwei weiteren Personen besetzten Wagen, obwohl er aufgrund von Alkoholgenusses absolut fahruntüchtig war. Infolge der Fahruntüchtigkeit fuhr der Fahrer gegen eine Hausmauer und rammte Baustellenabsicherungen. Das Landgericht bejahte die Gefährdung von Leib und Leben der Mitfahrer.

  • Nach den Feststellungen des Landgerichts verursachten die Angeklagten in mehreren Fällen als Fahrer eines Pkw Auffahrunfälle, indem sie ihr jeweiliges Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Anlass plötzlich stark abbremsten, so dass das nachfolgende Fahrzeug – wie beabsichtigt – auffuhr. Dadurch wollten die Angeklagten die Haftpflichtversicherung der Unfallgegner für die an den eigenen Fahrzeugen verursachten Schäden unberechtigt in Anspruch zu nehmen, was im Folgenden entweder durch den jeweiligen Fahrer selbst oder durch einen unbekannt gebliebenen Dritten geschah.
    Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen
    Das Landgericht hat in allen Fällen der Unfallverursachung die Verwirklichung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB angenommen. Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nach Auffassung des BGH nicht uneingeschränkt stand:

    „Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die absichtliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls das Bereiten eines Hindernisses im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt (Senatsurteile vom 18. März 1976 – 4 StR 701/75, VRS 53, 355, und vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 488/91, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Ebenso hat es im Ausgangspunkt zutreffend eine konkrete Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur in den Fällen angenommen, in denen auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289); dass das Landgericht mit 1.300 Euro von einer höheren Wertgrenze als der nach der Rechtsprechung des Senats maßgeblichen von 750 Euro (Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215) ausgegangen ist, beschwert die Angeklagten nicht.“

    Allerdings hat das Landgericht zudem auch in den Fällen, in denen es zu keinerlei Verletzungen bei den Unfallgegner kam, eine konkrete Gefahr bejaht. Dabei hat das Landgericht sich auf die regelmäßig gegebene Gefahr bei einem plötzlichen Aufprall im Straßenverkehr bezogen. Dazu der BGH:

    „Mit solchen allgemeinen Erwägungen lässt sich regelmäßig eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend belegen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216); vielmehr sind grundsätzlich konkrete Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkw im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich (Senat, aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, aaO). Solche Feststellungen sind im Urteil, das lediglich in einzelnen Fällen Angaben zur Geschwindigkeit eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge vor Einleitung des Bremsvorgangs enthält, nicht getroffen. Auch das jeweils festgestellte Schadensbild erlaubt keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung nicht gekommen ist; wo kein messbarer Schaden (Fall II.4.1) oder ein solcher in Höhe von 10 Euro (Fall II.4.4) entstanden ist, liegt sie eher fern.“

    Damit stellt der BGH klar, dass die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne von § 315b StGB ausreichend belegt werden muss. Da es sich gerade um ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt, reichen allgemeine Erwägungen nicht aus. Zumindest muss das Tatgericht Angaben zur Geschwindigkeit des Pkw und der Intensität des Aufpralls treffen.

    BGH, Beschluss vom 25.01.2012, Az.: 4 StR 507/11

  • Aufgrund der schrecklichen Anschläge in Norwegen und der Tatsache, dass sich der Täter Anders Behring Breivik zuvor jahrelang auf einschlägigen Seiten und Angeboten, die man wohl dem zweifelhaften, rechtsradikalen Bereich zuordnen kann, aufhielt und hierüber seine eigene Reputation suchte, fordert der derzeitige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich jetzt ein Ende der Anonymität im Internet.

    Wie der CSU-Politiker gegenüber dem „Spiegel“ erklärte, müsse auch die Rechtsordnung nach dem Grundgesetz im Internet gelten. Dazu zähle es auch „mit offenem Visier“ zu diskutieren. Gerade die Anonymität im Internet und auch in sozialen Netzwerken würde der Radikalisierung von Einzeltäter helfen. „Wir haben immer mehr Menschen, die sich von ihrer sozialen Umgebung isolieren und allein in eine Welt im Netz eintauchen“ erklärte Friedrich.

    Dies führt zu erheblichen Sicherheitsrisiken. Viele Menschen sind anfällig und würden sich dadurch verändern, ohne dass es wirklich auffällt. Um dieser Sorge zu begegnen fordert der Innenminister jetzt schärfe Kontrollen.

    Wie könnten diese aussehen? Ein „Internet-Führerschein“? Müssen wir uns alle registrieren über das (virtuelle) Amt, um im Internet einen Account gründen zu können? Inwiefern kann die Meinungsfreiheit aus Art. 5 I GG vor dem Hintergrund einer faktischen Zensur noch gewährleistet werden unter solchen Bedingungen? Ganz zu schweigen von einer wohl technisch unmöglichen Umsetzung eines Anti-Anonymus Zwangs. Oder anders: Wie wäre es mit einer Analogie des Vermummungsverbots aus §17a VersammlG für Foren und Internetseiten?

    Es bleibt wohl bei politischen Aussagen und Wahlkampf. Für Ruhe sorgen solche Aussagen allerdings nicht.
    ( Quelle: Spon / abendblatt, 07.08.2011 )


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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