Geständnis

  • Das AG hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

    Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, welche sie auf das Strafmaß beschränkte. Der Angeklagte wurde daraufhin durch das LG zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

    Dagegen wandte sich der Angeklagte mit dem Rechtmittel der Revision und begründete diese damit, dass das LG zu Unrecht einen Beweisantrag mit der Begründung zurückgewiesen habe, dass die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung sei.

  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR 354/10

    Die Strafkammer bot zu Beginn der Hauptverhandlung milde Strafobergrenzen im Gegenzug für Geständnisse an. Die Angeklagten gingen auf dieses Angebot nicht ein. Nach mehreren Verhandlungstagen unterbreitet die Strafkammer den Angeklagten erneut ein Angebot. Danach sollten bei Geständnissen die schon früher angebotenen Strafobergrenzen gelten; zudem sollte wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung eine Kompensation nach dem Vollstreckungsmodell in Höhe von sechs Monaten erfolgen; ferner sollte von der StA eine Halbstrafenmaßnahme befürwortet werden. Auch auf dieses Angebot gingen die Angeklagten nicht ein.
    Erst nach der Beweisaufnahme legten die Angeklagten die Geständnisse ab. Das Gericht stellte danach fest, dass keine Verständigung zustande gekommen sei. Die festgesetzten Gesamtstrafen liegen mäßig über der Strafobergrenze, eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung wurde nicht festgestellt.
    Dagegen wandten sich die Angeklagten mit dem Rechtsmittel der Revision.

    Der 2. Strafsenat vermag darin keine Verletzung von § 275c StPO erkennen, da eine Verständigung ausdrücklich nicht erfolgt sei. Zudem sei kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Das Angebot, eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festzustellen und durch Vollstreckungserklärung in Höhe von sechs Monaten kompensieren zu wollen, sei erkennbar fernliegend und falle nicht unter § 275c StPO.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Es lag auf der Hand, dass eine Art. 6 Abs. I MRK widersprechende Menschenrechtsverletzung nicht vorlag. Es ist schon zweifelhaft, ob durch die Beteiligung an einer solchen, § 257c StPO widersprechenden Absprache überhaupt ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden könnte. Das gilt erst recht für Angebote und Absprachen, welche sich auf Zusagen beziehen, die nach § 257c II StPO schon ihrer Art nach gar nicht Gegenstand von Absprachen sein dürfen, hier also eine Halbstrafen-Aussetzung  gem. § 57 II StGB oder deren Befürwortung oder Beantragung.

    Im vorliegenden Fall kam es jedoch darauf nicht an, da bereits die Bedingung des Angebots des LG offenkundig nicht eingetreten war.“


  • Der sog. Kiosk-Mord-Prozess vor dem Landgericht Hamburg geht weiter. Der mutmaßliche Täter muss sich verantworten am 17.09.2010 einen Kioskbesitzer zunächst mit 12 Hammerschlägen niedergeschlagen und ihn später mit einer Plastiktüte erstickt zu haben. Die Staatsanwaltschaft sieht das Mordmerkmal der Habgier.
    Der Angeklagte will keine eigenen Angaben zum Tathergang machen, seine Verteidigerin liest jedoch eine Erklärung vor. In dieser gesteht der Angeklagte die Tat.

    Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen Drogensüchtigen. Zwar konnte er über das Methadon-Programm für einige Zeit von seiner Sucht loskommen und ein bürgerliches Leben führen, jedoch verfiel er 2010 wieder der Sucht. Um diese Sucht zu finanzieren habe er beschlossen den Kiosk zu überfallen. Eigentlich sei der Plan gewesen dem Kioskbesitzer einen Faustschlag zu verpassen und ihn zu fesseln.

    Der Angeklagte bereue seine Tat. Lieber wäre er tot, wenn das Opfer dafür leben könne. Er habe ihn nicht umbringen wollen. Er habe doch Luftlöcher in die Plastiktüte geritzt. Er könne nicht sagen, wieso er so „abgedreht“ sei.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt vom 02.02.2011, S. 10 )


  • Nachdem die Leiche des seit dem 03.09.2010 vermissten Mirco aus Grefrath gefunden worden ist, ist nun ein Tatverdächtiger verhaftet worden. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 45-jährigen Familienvater aus Schwalmtal, nicht weit von Grefrath.

    Zeugen hatten in der Nacht, als Mirco entführt wurde, einen dunkelblauen Passat-Kombi gesehen. Der mutmaßliche Täter fährt einen solchen Passat. Dabei handelt es sich um einen Firmenwagen, jedoch soll der mutmaßliche Täter versucht haben, den Wagen zu verkaufen und mit einer Farbfolie neu zu bekleben.

    Bisher nimmt weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft dazu Stellung, dass der mutmaßliche Täter ein Geständnis abgelegt haben soll. Zudem ist nicht bekannt, ob er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt vom 28.01.2011, S. 30 )


  • In einem Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen einen wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagten mutmaßlichen Unterstützer der „Sauerland-Gruppe“, will dieser scheinbar ein Geständnis ablegen. Der Vorsitzende Richter hatte zu Beginn des Prozesses signalisiert, dass eine Einigung zwischen Gericht, Anklage und Verteidigung nicht ausgeschlossen sei.

    Dem 28jährigen Angeklagtem Salih S., welcher im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, dass er zwischen dem 26.11.2006 und dem 08.03.2007 im Auftrag eines Mitgliedes der „Sauerland-Gruppe“ in 23 Fällen militärische Ausrüstungsgegenstände beschafft habe.
    (Quelle: FAZ vom 02.10.2010 Nr. 229, S. 4)

  • Im Fall Brunner ist am Landgericht München I ein Urteil ergangen. Der 19jährige Angeklagte Markus S. wird wegen Mordes an Brunner und räuberischer Erpressung der vier Schüler zu neun Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht erkennt auf Jugendrecht. Das bedeutet aber auch, dass das Gericht gerade mal zwei Monate unter der für nach Jugendrecht Verurteilte mögliche Höchststrafe von zehn Jahren bleibt.
    Zur Begründung führt das Gericht an, dass insbesondere die Haltung von Markus S. zu seinen Ungunsten gewertet wurde. Markus S. habe keine Reue gezeigt, kein Schuldbekenntnis oder umfassendes Geständnis abgelegt. Vielmehr sei durch Briefe aus der Haft deutlich geworden, dass er Vermarktung der Tat plane, um von dem Geld seine Karriere als Rapper zu fördern. Zudem ist Markus S. vorbestraft. Lediglich eine leichte Alkoholisierung könne zu seinen Gunsten angeführt werden.
    Der zweite Angeklagte der 18jährige Sebastian L. wird zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge und räuberischer Erpressung verurteilt. Auch hier kommt Jugendrecht zur Anwendung. Anders als bei seinem Mitangeklagten können die Richter einiges zu Gunsten Sebastian L.s werten. Er legte ein Geständnis vor Gericht ab; zeige nach Ansicht der Richter ehrliche Reue und habe bisher keine Vorstrafen.
    Die Verteidiger kündigten an in Revision gehen zu wollen.
    (FAZ vom 07.09.2010 Nr. 207, S.9)

  • Das Amtsgericht Darmstadt hat die „No Angels“-Sängerin Nadja Benaissa zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Als Auflage wurden ihr 300 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt. Nach Ansicht des Gerichts ist während des Prozesses nachgewiesen worden, dass Benaissa einen ehemaligen Sexualpartner durch ungeschützten Geschlechtsverkehr mit HIV infiziert habe.

    Das Gericht wertete es als erheblich strafmildernd, dass Benaissa zu Beginn des Prozesses ein umfangreiches Geständnis abgelegt habe. Dadurch habe sie zu verstehen gegeben, dass sie um ihr Fehlverhalten wisse und die Verantwortung übernehmen wolle.

    ( Quelle: Hamburger Abendblatt vom 27.08.2010, S. 30 )

  • Az.: 7 Ns 610 Js 13070/09 – AK 113/09 (LG Freiburg)

    Die Angeklagte war vom AG Freiburg wegen vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmittel tateinheitlich begangen mit Beihilfe zum Handeltreiben mit solchen jeweils in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt. Zudem wurde das sichergestellte Handy der Angeklagten eingezogen.

    Gegen dieses Urteil legten die Angeklagte und auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft beschränkte ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch.

    Unabhängig der Feststellungen des Gerichts zum Tathergang stand die Frage im Raum, ob sich die Angeklagte mit dem Gericht verständigt hatte und es somit zu einem milderen Strafausspruch kommen könnte. Die Rechtslage ist vor dem Hintergrund des am 4.9.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren noch uneinheitlich und im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung vorerst zu entscheiden.

    Hierzu stellt das Landgericht Freiburg fest:

    “Obgleich in dem am 04.08.2009 in Kraft getretenen „Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren“ ausdrückliche Hinweise für die Handhabung der Besonderheiten des Berufungsverfahrens fehlen und sich weder dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD und dessen Begründung (BT-Drucks 16/11736) noch dessen ausführlicher Würdigung durch Jahn und Müller (NJW 2009. 2625: Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren – Legitimation und Reglementierung der Absprachenpraxis) entnehmen lassen, geht die Kammer ohne weiteres davon aus, dass Verständigungen auch im Berufungsrechtszug möglich und zulässig sind. Etwaige Regelungslücken können durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen werden.“

    Diese angewandt könnte eine Verständigung bereits durch die Rücknahme des Rechtsmittels in der Berufung aufseiten der Angeklagten und zu ihren Gunsten vorliegen.

    Der Senat führt diesbezüglich aus:

    „Entsprechend der in der Berufungshauptverhandlung erfolgten Verständigung i. S. d. § 257 c StPO hat die den Tatvorwurf bisher bestreitende Angekl. ihre unbeschränkt eingelegte Berufung zurückgenommen, so dass die Kammer nur noch über die – auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte – Berufung der StA zu befinden hatte. Zwar ist in § 257 c Abs. 2 S. 2 StPO festgelegt, dass „Bestandteil jeder Verständigung ein Geständnis sein soll“. Ein solches wurde im vorliegenden Fall gerade nicht abgelegt. Die Kammer hat jedoch diese Soll-Vorschrift im Licht des § 257 c Abs. 2 S. 1 StPO gesehen, wonach Gegenstand einer Verständigung auch das „Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten“ sein darf. Dementsprechend kann im Berufungsverfahren dem Erfordernis eines Geständnisses i. S. d. § 257 c Abs. 2 S. 2 StPO die Beschränkung der Berufung auf  den Rechtsfolgenausspruch oder – wenn wie hier zugleich die StA eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt hat – die Rücknahme des eigenen Rechtsmittels genügen.“

    Dies bedeutet, dass die Verständigung der Angeklagten im Sinne des §257 c Abs. 2 S. 2 StPO als solche anzuerkennen und die Revision erfolgreich ist.

  • Die neuen Beschränkungen für Absprachen in Strafprozessen, sog. Deals werden offenbar systematisch umgangen. Thomas Fischer, Strafrichter am Bundesgerichtshof, warnte jetzt auf dem Frühjahrssymposion des Deutschen Anwaltvereins davor. Den Beteiligten drohe in solchen Fällen selbst ein Strafverfahren wegen Rechtsbeugung.

    Besonders bei Wirtschaftsdelikten seien solche Deals zwischen der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern üblich. Der typischer Handel lautet dabei: Geständnis gegen Bewährungsstrafe. Solche Deals waren lange umstritten, etwa im „Mannesmann-Prozess“ und im Strafverfahren gegen den früheren VW-Personalvorstand Peter Hartz. Auch im Steuerstrafprozess gegen den Ex-Postchef Klaus Zumwinkel soll es solche Verabredungen gegeben haben. Durch eine Gesetzesänderung vor etwa einem Jahr wurden die Deals im Strafverfahren jedoch ausdrücklich erlaubt, vgl. § 257 c StPO. Voraussetzung dafür ist in jedem Fall die öffentliche Bekanntgabe über die etwaige Absprache gem. § 257 c Abs. 3 StPO.

    Eine Absprache ohne Protokollierung sei nach der Ansicht von Fischer „definitiv illegal“. Solche gegenseitigen „Schweigeversprechen“ seien eine ernste Gefahr für die Kultur des Rechtsstaats und die Rechtstreue der Bevölkerung. Derartige Verstöße nachzuweisen sei jedoch sehr schwierig, wie Fischer einräumte.
    (Quelle: FAZ vom 29.04.2010 Nr. 99, S. 13)

  • Der Angeklagte war vom LG Hamburg wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Anschließend rügte der Angeklagte die Beweiswürdigung des Gerichtes, so dass der BGH über die vom Angeklagten beantrage Revision zu entscheiden hatte.

    Das Hauptargument der erhobenen Verfahrensrüge betrifft das durch den Angeklagten im späteren Verlauf der Verhandlung widerrufene Geständnis, welchem das LG einem „indiziellen Charakter“ zusprach. Jedoch beruhe dieses Aussageverhalten auf der Tatsache, dass die Richter dem Angeklagten im Rahmen eines Verständigungsversuchs für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von 4 Jahren angeboten hatten, nachdem die Lebensgefährtin und die Nebenklägerinnen vernommen worden sind. Dieses Angebot nahm der Angeklagte auch an.

    Als der Angeklagte abschließend jedoch einen vom Geständnis abweichenden Tathergang schilderte und das Gericht daraufhin erneut in die Beweisaufnahme eingetreten war, widerrief er seine Aussage. Ferner behauptete er, das Geständnis nur in Erwartung des ihm offerierten (günstigeren) Strafrahmens abgelegt zu haben.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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