Gutachter

  • Vor dem Amtsgericht Regensburg musste sich ein 62-jähriger Rentner verantworten. Laut Anklage war er fast einhundert mal „schwarz gefahren“ und habe sich damit des Erschleichens von Leistungen schuldig gemacht.

  • BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011, Az.: 2 StR 585/10

    Das Landgericht Mainz hat der Angeklagten wegen diverser Taten aus dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die dagegen vom Angeklagten eingelegte Revision führt in diesem Punkt zu einer Aufhebung der Anordnung.

    Der BGH hat angemerkt, dass die zur Schuldfähigkeitsbegutachtung herangezogene Gutachterin ihre Aufgabe an eine Hilfskraft übertragen hatte. Nach Ansicht der Richter hat ein gerichtliche beauftragter Gutachter die Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstellung:

    „Das Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen muss – jedenfalls soweit dies überhaupt möglich ist (vgl. BGHSt 44, 26, 32) – eine Exploration des Probanden durch den Sachverständigen einschließen. Dabei handelt es sich um die zentrale Untersuchungsmethode. Deren Ergebnisse kann der gerichtliche Sachverständige nur dann eigenverantwortlich bewerten, wenn er sie selbst durchgeführt oder zumindest insgesamt daran teilgenommen hat. Dies gilt erst recht, wenn bei der Exploration auch Mimik und Gestik des Probanden aufgefasst werden. Eine Delegation der Durchführung dieser Untersuchung an eine Hilfsperson scheidet daher aus. Die Anwesenheit des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vermag die eigene Exploration nicht zu ersetzen.“

    Weiterhin unterlag auch die Beweiswürdigung des Landgerichts nach Ansicht der BGH rechtlichen Bedenken:

    „Die Strafkammer hat betont, sie habe „die sachverständigen Ausführungen im Rahmen ihrer Erkenntnismöglichkeiten auf Widersprüche und Verstöße gegen wissenschaftliche Denkgesetze geprüft und solche nicht gefunden“. Der Tatrichter hat aber das Gutachten eigenverantwortlich zu bewerten (vgl. BGHSt 7, 238, 239; Schnoor aaO S. 162 ff.) und „weiterzuverarbeiten“ (Schmid aaO S. 534 ff.). Er muss sich selbst sachkundig machen (Fischer StGB 58. Aufl. § 20 Rn. 64a; Schmid aaO S. 447). Damit ist die Beschränkung auf eine Rechtskontrolle unvereinbar.“

    Allerdings hätten diese Rechtsfehler keinen Einfluss auf das Urteil, da eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB zur Tatzeit nicht vorlag.

    Vielmehr habe die Anordnung der Sicherungsverwahrung aus Gründen des materiellen Rechts keinen Bestand. Die Unterbringung könne nach der Neufassung des § 66 StGB nicht angeordnet werden, da die Voraussetzungen des § 66 I 1 Nr. 1 b), II, III StGB nicht vorlägen. So sei die Tat des Angeklagten – das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – nicht im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht.


  • Vor dem Landgericht Leipzig muss sich ein Mann wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes sowie Raub- und Körperverletzung mit Todesfolge verantworten.
    Der Angeklagte verweigerte die Aussage vor Gericht, gestand die Taten jedoch einem Psychologen. Dieser wurde während des Prozesses als Zeuge vernommen. Der Angeklagte habe ihm gegenüber erklärt, dass er drei Männer im Alter von 19, 23 und 27 erschossen habe. Er stamme aus Oberbayern und habe sich in seinem Wohnort Groitzsch terrorisiert gefühlt. Seiner Ansicht nach sei er zum Töten gezwungen worden.

    So sei es immer wieder zu Einbrüchen in die vom ihm gekaufte Lagerhalle gekommen. Daher habe er sich wie unter Verfolgungswahn gefühlt und seinen Revolver bei sich getragen, um sich verteidigen zu können.
    Der Psychologe erklärte weiter, dass der Angeklagte ihm gegenüber erklärt habe, dass er sein erstes Opfer auch auf dem Gelände der Lagerhalle getroffen habe. Das Opfer habe auf den Angeklagten eingeschlagen und trotz Warnung nicht damit aufgehört. Aus diesem Grund habe er ihn erschossen. Auch auf die beiden anderen Opfer sei er bei seiner Lagerhalle in Groitzsch getroffen. Von diesen habe er sich bedroht gefühlt und habe daher auf diese geschossen. Eines der Opfer konnte fliehen, erlag seinen Verletzungen jedoch im Krankenhaus. Das andere Opfer habe der Angeklagte, nachdem er ihn mit den Schüssen verletzt hatte, in seine Lagerhalle gebracht und ihm dort mit einem Metallgegenstand auf den Kopf geschlagen. Dies führte zum Tod des Opfers.

    Der Psychologe beschrieb die Ausführungen des Angeklagten. Er habe mehrfach schreiend die Hände vor das Gesicht gehalten. Dies habe auf ihn wie ein Weinen gewirkt, jedoch sei keine einzige Träne geflossen. Der Angeklagte habe ihm gegenüber geäußert, dass er eine innere Stimme besitze, die ihm diese Dinge vorhergesagt habe. Zudem fehle ihm die Erinnerung an die Zeit unmittelbar nach den Taten.

    Ein Gutachten, welches insbesondere hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Angeklagten von Bedeutung ist, soll jedoch erst zum Schluss der Beweisaufnahme erfolgen.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt – online vom 21.03.2011 )


  • Im Kachelmann-Prozess vor dem Landgericht Mannheim wurde ein weiterer Sachverständiger gehört. Der Psychiater Hans-Ludwig Kröber sagte aus, dass in der Regel auch „dramatische Ereignisse in großer Helligkeit erinnert“ würden. Diese These gelte auch für Vergewaltigungsopfer. Das Kern-Geschehen der Tat bleibe fest verankert. Mit diesen Aussagen widersprach er dem Traumatologen Professor Seidler.
    Diese Aussage ist von Bedeutung in dem Prozess da das angebliche Opfer Erinnerungslücken haben soll. Seidler erklärte die Erinnerungslücken des angeblichen Opfers mit Todesangst und Traumatisierung. Dies erachtet Kröber als ohne wissenschaftliche Grundlage.

    An diesem Prozesstag beantragte die Verteidigung von Kachelmann, den Oberstaatsanwalt Gattner als Zeuge zu vernehmen. Dabei ging es um die Aussage der Schweizer Zeugin. Johann Schwenn wirft Gattner vor, dass er in einem Aktenvermerk unzutreffende Angaben über die telefonische Aussage der Schweizer Zeugin gemacht habe. Wegen dieses Vermerks sei das Gericht in die Schweiz gereist. Diese Reise bezeichnete Schwenn als „unsäglich“.
    Staatsanwalt Oltrogge hielt dem entgegen, dass die Angaben der Schweizer Zeugin anders seien. Der Antrag auf Vernehmung des Oberstaatsanwalts gehe von falschen Grundvoraussetzungen aus.
    ( Quelle: spiegel-online vom 25.02.2011 )


  • Im Kachelmann-Prozess wies das Gericht nun den Befangenheitsantrag von Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn gegen die Sachverständige Prof. Greuel zurück. Prof. Greuel sollte die Glaubwürdigkeit der Aussage von Kachelmanns Ex-Geliebter beurteilen.
    Das Gericht begründete die Abweisung damit, dass eine einseitige Parteinahme zu Ungunsten des Angeklagten nicht zu erkennen sei. In ihrem schriftlichen Gutachten war Greuel zu einem offenen Ergebnis gekommen, da sich ein „etwaiger Erlebnisgehalt“ nicht bestätigen lasse.
    Während des Prozesstages befragte das Gericht zudem den Trauma-Experten Günter Seidler unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Er, als Therapeut des mutmaßlichen Opfers, gehe davon aus, dass deren Erinnerungslücken hinsichtlich der Tat auf eine Traumatisierung zurückzuführen seien. Ein solches seelisches Trauma mit möglichen Erinnerungslücken könne durch besonders belastende und einschneidende Erlebnisse verursacht werden. Rechtsanwalt Schwenn hatte Seidler bei einer Befragung Anfang Dezember als Scharlatan bezeichnet und seine Unterlagen beschlagnahmen lassen.

    Kaum ein Prozess aus dem Gebiet des Sexualstrafrechts ist derzeit so in den Medien präsent wie dieser.
    ( Quelle: spiegel-online vom 24.01.2011 )


  • Es vergeht keine Woche ohne Neuigkeiten zum Kachelmann-Prozess. Das Gericht gab nun dem Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft gegen den von den Verteidigern des ehemaligen TV-Moderatoren angeführten Sachverständigen statt. Begründet wurde dies mit Zweifeln an der Unparteilichkeit des rechtsmedizinischen Gutachters Brinkmann. Aus diesem Grund ist das Gutachten von Brinkmann ausgeschlossen im laufenden Prozess.

    Die Verteidigung von Kachelmann reagierte mit weiteren Anträgen gegen das Gericht. Unter anderem hatten die Verteidiger des wegen Vergewaltigung angeklagten Wettermoderators ihrerseits einen Antrag auf Befangenheit gegen den zuständigen Vorsitzenden Richter gestellt, der jedoch abgelehnt wurde.
    (Hamburger Abendblatt vom 07.10.2010, S. 32)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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