Lediglich die Ausnahme in § 25 Abs. 2a StVG verhindert eine parallele Vollstreckung mehrerer Fahrverbote.
Der Betroffene wurde wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160 Euro und einem Monat Fahrverbot vom Amtsgericht Dillenburg verurteilt. Gegen das Urteil legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein, die er zum 9.10.2012 zurücknahm.
Bereits zwei Monate vor dem Urteil des Amtsgerichts Dillenburg verhängte die Stadt Dortmund ein einmonatiges Fahrverbot gegen den Betroffenen. Hiergegen legte der Betroffene seinerseits Einspruch ein, den er ebenfalls zum 9.10.2012 zurückzog.
Am 10.10.2012 wurde der Führerschein des Betroffenen der Stadt Dortmund übergeben, um das Fahrverbot zu vollstrecken.
Hat ein Tatrichter einen Betroffenen anhand von Lichtbildern identifiziert, muss das Urteil Feststellungen zur Geeignetheit des Beweisfotos treffen.
Das Amtsgericht Linz am Rhein verhängte gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 240 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat, da er außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 46km/h überschritten haben soll. Dagegen wehrte er sich mit der Rechtsbeschwerde.
Die Verurteilung stützt sich vor allem auf den Vergleich vom Betroffenen mit dem Foto der Radarkontrolle. Ein Sachverständiger konnte, trotz Teilverdeckung des Gesichts durch Hand und Innenspiegel, anhand von 21 Merkmalsausprägung den Betroffenen auf dem Foto identifizieren. Als Unähnlichkeit konnte lediglich die Brille des Fahrers erkannt werden, da der Betroffene kein Brillenträger sei. Der Sachverständige ordnete die Wahrscheinlichkeit bei einer siebenstufigen Skala zwischen Stufe vier und fünf ein. Dies reichte dem Gericht, um zur Überzeugung zu gelangen, dass der Betroffene der Fahrer sei.
Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) kritisiert jedoch, dass das Gericht zwar Ausführungen zu dem Sachverständigengutachten gemacht habe, jedoch nicht dazu, ob das Lichtbild des Fahrers überhaupt als Beweisfoto geeignet sei.
„Hat der Tatrichter den Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Lichtbildes als Fahrer identifiziert, müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (Senat a.a.O., Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rdnr. 47a m.w.N.)“
Die Urteilsgründe beinhalten jedoch kein Wort zur Bildqualität. Ebenfalls wird die Person auf dem Foto nicht so detailliert beschrieben, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Identifizierung nachprüfen kann. Auch wurde lediglich angegeben, dass das Gesicht zum Teil verdeckt war, es wurde jedoch nicht angegeben, welcher Teil des Gesichts konkret nicht zu erkennen war.
Aus diesem Grund verweist der Senat die Sache zu neuer Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurück.
OLG Koblenz, Beschluss vom 21. September 2012, Az.: 2 SsBs 54/12
Schaltet die Ordnungsbehörde entgegen einem Runderlass des Innenministeriums eine private Firma zum Auswerten von Messergebnissen ein, begründet dies ein Beweisverwertungsverbot.
Dem Betroffenen wurde vor dem Amtsgericht Halberstadt das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorgeworfen. Verurteilt wurde er zu einer Geldbuße in Höhe von 100 Euro. Dagegen legte er Rechtsbeschwerde ein. Die Rechtsbeschwerde hat vor dem Oberlandesgericht Naumburg aus folgenden Gründen Erfolg.
Der Landkreis hatte zur Auswertung der Messdaten eine private Firma beauftragt. Damit verstieß der Landkreis gegen einen internen Runderlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt. Dort wird nämlich festgelegt, dass die Filmentwicklung und –auswertung Aufgabe der Kommune sei.
„Gegen diese ihn bindende Vorschrift hat der Landkreis H. durch die Beauftragung der Firma V. GmbH mit der Auswertung verstoßen. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat entschieden, dass ein Beweisverwertungsverbot entsteht, wenn die Ordnungsbehörde bewusst und willkürlich die Auswertung der Messergebnisse von Privaten vornehmen lässt, obwohl ein Erlass des zuständigen Innenministeriums dies untersagt (NStZ-RR 2003, 342 f. [OLG Frankfurt am Main 21.07.2003 – 2 Ss Owi 388/02]) . Dem stimmt der Senat zu.“
Auch stellte das Oberlandesgericht fest, dass es nicht darauf ankomme, ob der zuständige Beamte vom Runderlass Kenntnis habe. Das Rundschreiben sei aus dem Jahr 1998 und sollte der Beamte tatsächlich davon keine Kenntnis gehabt haben, dann zeige dies die völlige Gleichgültigkeit gegenüber den einschlägigen bindenden Normen. Auch solch eine Gleichgültigkeit hätte zu einem Beweisverwertungsgebot geführt.
Daher hat die Rechtsbeschwerde des Betroffenen Erfolg. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
OLG Naumburg, Beschluss vom 7. Mai 2012, Az.: 2 Ss Bz 25/12
OLG Bamberg, Beschluss vom 06.04.2010, Az.: 3 Ss OWi 378/10
Das Amtsgericht Amberg verurteilte den Betroffenen am 14.12.2009 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 100,00 € und verhängte ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats. Dabei soll er als Führer eines Pkw die zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h überschritten haben.
3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm, Az.: III-3 RBs 226/10
Das AG Lübbecke hat den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h und der Inbetriebnahme eines unvorschriftsmäßig ausgerüsteten Fahrzeuges zu einer Geldbuße von 285,- Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat ausgesprochen. Gegen diese Entscheidung ging der Beschwerdeführer mit einer Rechtsbeschwerde vor.
Der 3. Senat für Bußgeldsachen ist der Auffassung, dass die getroffenen Feststellungen des AG Lübbecke und die ihnen zugrunde liegende Beweiswürdigung lückenhaft und widersprüchlich sind. Eine sichere Nachprüfung, ob das AG Lübbecke seine Überzeugung von der Geschwindigkeitsüberschreitung ohne Rechtsfehler gewonnen habe, werde nicht ermöglicht. Das AG Lübbecke habe nicht angeben, ob ein standardisierten Messverfahren durchgeführt worden sei.
Aus dem Wortlaut des Beschlusses:
„Das vorliegend angewandte ProViDa-System 2000 ist sowohl zur Geschwindigkeits- als auch zur gleichzeitigen Abstandsmessung seit über 10 Jahren in ständigem Gebrauch und als standardisiertes Messverfahren für Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl OLG Köln VRS 97, 442; OLG Celle VRS 77, 464; 81, 210; 92, 435; OLG Braunschweig NZV 1995, 367). Zum Ausgleich systemimmanenter Messungenauigkeiten erfolgt ein Toleranzabzug von 5% von der gemessenen Geschwindigkeit aus (vgl OLG Celle VRS 92, 435 unter Hinweis auf eine gutachterliche Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt vom 31.8.1996).
Aufgrund gerichtsbekannter Mitteilungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt einer dementsprechenden Verfügung des Landesamtes für Polizeiliche Dienste NRW darf das ProViDa-System 2000 im Betrieb mit Motorrädern zurzeit bei Messungen mit Schräglage nicht verwendet werden. Hintergrund dieser Mitteilung ist, dass es bei Kurvenfahrten in Situationen mit extremer Schräglage durch einen verringerten Reifenabrollumfang des messenden Fahrzeuges Messwerte für die Wegstrecke und die Geschwindigkeit systematisch zu groß berechnet werden, wobei zurzeit ungeklärt ist, ob die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten werden.
Daher ist bei Verkehrsüberwachungen mittels Messungen von Motorrädern durch das ProViDa -System nur bei Geradeausfahrten mit aufrechter Position von einem standardisierten Messverfahren auszugehen.“
Der Senat hob das Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG Lübbecke zurück.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner