Indizien

  • Beweisanzeichen, die einzeln nicht von der Täterschaft überzeugen, können dies jedoch gegebenenfalls in einer Gesamtbetrachtung tun.

    Zwischen zwei Rockergruppierungen kam es zu einer Verfolgungsjagd mit mehreren Fahrzeugen. Ein Fahrzeug wurde dabei von mehreren anderen Fahrzeugen so blockiert, dass es nicht mehr weiterfahren konnte. Anschließend sprangen mehrere maskierte Personen aus den Fahrzeugen und schlugen mit Schlagwaffen und Macheten auf das Fahrzeug und deren Insassen ein. Dabei wurden drei der vier Insassen schwer verletzt. Danach flüchteten die Täter unerkannt, sie hinterließen jedoch eine Machete, auf der die DNA eines Angeklagten gefunden wurde.
    Das Landgericht Frankfurt (Oder) vermochte zwar eine Reihe von Indizien erkennen, dass die Angeklagten am Tatort gewesen seien, jedoch reiche dies in der Gesamtschau für eine Verurteilung nicht aus. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) betont erneut, dass das Revisionsgericht hinzunehmen hat, wenn ein Tatgericht seine Zweifel an der Täterschaft nicht überwinden kann. Jedoch muss das Gericht die Beweise und Indizien rechtsfehlerfrei bewerten. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Beweise und Indizien nicht gesondert und im Einzelnen bewertet werden dürfen, sondern die Bewertung in einer Gesamtabwägung vorzunehmen ist.

    „In der Beweiswürdigung muss sich das Tatgericht mit allen festgestellten Indizien auseinandersetzen, die das Beweisergebnis zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind. Dabei muss sich aus den Urteilsgründen selbst ergeben, dass es die Beweisergebnisse nicht nur für sich genommen gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung einbezogen hat“

    Dem wurde das Urteil nicht gerecht. Das Landgericht wertet viele Indizien, zum Beispiel die Mitgliedschaft in der gleichen Rockergruppe, das gleichzeitige Abschalten der Mobiltelefone, ein rotes Fahrzeug am Tatort, Glassplitter eines anderen Wagens im Fahrzeug des Angeklagten, DNA-Spuren und Teilfingerabdrücke am Tatort, jeweils einzeln. Dabei wurden die Beweisanzeichen jedoch nicht in Beziehung gesetzt.

    Der BGH ist der Meinung, dass sich aus der schieren Anzahl der Indizien etwas anderes ergeben kann, als aus der einzelnen Betrachtung. Darum wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverweisen.

    BGH, Urteil vom 7. November 2012, Az.: 5 StR 322/12


  • Äußeres Tatverhalten hat lediglich eine Indizwirkung für das innere Hemmungsvermögen.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Mühlhausen wegen Totschlags an seiner Lebensgefährtin zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen richtete die Strafverteidigung die Revision.

    Das Landgericht hat beim Angeklagten eine verminderte Einsichtsfähigkeit und aufgrund eines vorhanden hirnorganischen Psychosyndroms auch eine verminderte Steuerungsfähigkeit angenommen. Eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit schließt das Gericht jedoch aus und beruft sich dabei auf einen Sachverständigen. Dieser führte an, dass das Vor- und Nachtatverhalten des Angeklagten bezüglich der äußerlichen Gesichtspunkte nach gesteuertem Verhalten aussah.
    Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt dagegen klar, dass die Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB bezogen auf die Tathandlung geprüft werden muss. Äußeres Verhalten kann lediglich indiziell herangezogen werden. In diesem speziellen Fall drängt sich solch eine Indizwirkung jedoch nicht auf:

    „Denn für das spezifische Zustandsbild eines hirnorganischen Psychosyndroms mit abnormer Reaktion schon auf geringe Mengen von Alkohol, einem charakteristischen „Haften am Affekt“ und anschließender Amnesie ist der Umstand, dass der Täter äußerlich ruhig und zielstrebig vorgeht, allenfalls von geringem Indizwert für das tatsächlich gegebene Bild des inneren Hemmungsvermögens. Dass der Angeklagte „gesteuert“ seinen Revolver geholt und geladen, das Tatopfer ohne erkennbare emotionale Regung zunächst angeschossen und dann mit einem – von ihm als „Fangschuss“ bezeichneten – zweiten Schuss vor zwei Zeugen erschossen und die Waffe danach sorgfältig wieder verwahrt hat, hat in seinem äußeren Ablauf, gerade auch aufgrund dieser sehr ungewöhnlichen Umstände, keinen ohne weiteres erkennbaren Erklärungswert für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten.“

    Aus diesem Grund wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Revision hatte damit Erfolg.

    BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012, Az.: 2 StR 82/12

  • Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und mit Freiheitsberaubung in ebenfalls zwei Fällen zu sechs Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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