Jugendstrafe

  • Die schwerste Sanktionsform im Jugendstrafrecht ist die Jugendstrafe. Die Jugendstrafe greift dann, wenn Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel aufgrund von schädlichen Neigungen oder der schwere der Schuld nicht (mehr) ausreichen. Sie entspricht im Großen und Ganzen der Freiheitsstrafe bei Erwachsenen. Die Voraussetzungen zur Anordnung der Jugendstrafe sind jedoch deutlich strenger.

  • Die Strafwürdigkeit der Delikte, die im Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe gestellt werden, gilt grundsätzlich für alle strafmündigen Menschen. Nach dem StGB ist strafmündig, wer das 14. Lebensjahr vollendet hat.

  • Bei der Bemessung der Jugendstrafe muss die positive Entwicklung nach der Tat berücksichtigt werden.

    Das Landgericht Mainz verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten hielt das Gericht für angemessen.

  • Wird ein Urteil zugunsten des Angeklagten zurückverwiesen und trifft der neue Tatrichter Feststellungen, die die Tat in milderem Licht erscheinen lässt, so muss er es besonders begründen, wenn er bei der gleichen Strafhöhe bleibt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Wuppertal wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht.

  • Stimmen Spuren bei einer DNA-Reihenuntersuchung teilweise überein, dürfen die Behörden die Ermittlungen nicht auf den Verwandtenkreis ausweiten

    Nach einer Vergewaltigung einer 27-Jährigen führten die Ermittler eine molekulargenetische Reihenuntersuchung im Sinne des § 81h StPO durch. Ungefähr 2400 Männer gaben freiwillig DNA-Proben ab. Darunter auch der Vater und Onkel des späteren Angeklagten. Diese DNA-Proben zeigten einige Übereinstimmungen mit der Tatspur, stimmte jedoch nicht vollständig überein. Aufgrund dieses Fundes wussten die Ermittler, dass es ein Verwandter der beiden Männer sein könnte. Daraufhin wurde der jugendliche Angeklagte ermittelt, zwangsweise eine DNA-Entnahme angeordnet und später vom Landgericht Osnabrück wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt.

    Die Revision des Angeklagten richtet sich nun gegen dieses Vorgehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass die verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem mutmaßlichen Täter und den freiwilligen Spendern nicht als verdachtsbegründend gegen den Angeklagten verwendet werden durfte. Denn der § 81h Abs. 1 StPO erlaubt den Abgleich nur soweit, wie es für die Feststellung erforderlich ist, ob die Spende mit der Tatspur identisch ist. Die anschließende Anordnung, dass der nun Angeklagte seine DNA abgeben musste, war demnach rechtswidrig, weil sie sich auf den Verdacht durch die DNA-Spur der Verwandten stütze.

    In diesem konkreten Fall führt dies aber nicht zu einem Verwertungsverbot. Der Umgang mit sogenannten Beinahtreffern war rechtlich bisher ungeklärt. Daher haben die Ermittlungsbehörden die Gesetze nicht willkürlich missachtet. Aus diesem Grund wiegt der Verstoß nicht so schwer, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung zurücktreten muss.

    Damit untersagt der BGH zwar grundsätzlich das Verwenden von Beinahtreffern zur Ermittelung des Täters in der Verwandtschaft. In diesem konkreten Fall führt das Vorgehen aber ausnahmsweise nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.

    BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012, Az.: 3 StR 117/12


  • Nach rund zwei Jahren und 196 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Landgericht das Urteil gefällt. 21 Mitglieder der rockerähnlichen Jugendbande „Black Jackets“ wurden wegen eines Überfalls auf einen Schulhof im Juni 2009 verurteilt.
    Die Angeklagten im Alter von 20 bis 27 Jahren hatten damals mit Baseballschlägern und Eisenstangen mehrere Personen auf einem Schulhof angegriffen. Dabei wurde einer fast zu Tode geschlagen. Zwei Opfer bekamen vom Gericht Entschädigungen von jeweils 9250 Euro zugesprochen. Ein Schwerverletzter, der unheilbare Hirnschäden davon trug, bekam 90.000 Euro und eine monatliche Rente von 120 Euro.

    Die Strafkammer erkannte bei den Angreifern jeweils Tötungsabsicht, einen versuchten Mord wollte das Gericht jedoch nicht erkennen. Die längste Haftstrafe erhielt ein 22-Jähriger, der eine Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten erhielt. Die meisten anderen, die zum größten Teil nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, bekamen ihrerseits Freiheitsstrafen zwischen drei und sechs Jahren.


    Autor des Beitrags ist Rechtsanwalt für Strafrecht & Strafverteidiger Dr. Böttner, Anwaltskanzlei aus Hamburg und Neumünster. Weitere Gerichtsentscheidungen und allgemeine Informationen zum Strafrecht und der Strafverteidigung finden Sie auf der Kanzlei-Homepage.

  • Im März hatten sich Union und FDP im Rahmen des Koalitionsgipfels auf die gesetzliche Bestimmung eines Warnschussarrests geeinigt. Dies war bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen.

    Im April hatte dann zunächst das Kabinett eine entsprechende Vorlage des Bundesjustizministeriums gebilligt und nun auch der Bundesrat.

  • Vor dem Amtsgericht Waiblingen (Baden-Württemberg) mussten sich geistig behinderten zwei Männer verantworten.
    Laut Anklage sollen die beiden Männer im letzten Jahr eine junge Frau, die mit den Angeklagten zusammen in einer Einrichtung lebt, zunächst bedrängt haben. Anschließend sollen sie versucht haben, das mutmaßliche Opfer auszuziehen und sie dabei an Brüsten und Scheide berührt haben.

    Im Prozess schwiegen die beiden Angeklagten. Das mutmaßliche Opfer hatte Schwierigkeiten sich an das Geschehen zu erinnern und eine klare Aussage zu machen. So deckten sich die Angaben im Verfahren nicht mit denen, die die Frau gegenüber der Polizei machte.

    Die Staatsanwaltschaft ging dabei von einem besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung aus.
    Dem folgte das Gericht, verhängte aber wegen der Einschränkung der Schuldfähigkeit keine Jugendstrafe. Vielmehr müssen die Männer 60 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten und zusätzlich mindestens drei Beratungsgespräche bei der Anlaufstelle gegen sexualisierte Gewalt wahrnehmen.

    ( Quelle: Stuttgarter Zeitung online vom 08.06.2012 )


  • Das Landgericht Hildesheim hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Er war zur Tatzeit 17 Jahre alt.

    Seine Revision hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

  • OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 1 Ws 190/11

    Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Jugendstrafe von 8 Monaten verurteilt. Dabei wurde ihm zunächst die Strafaussetzung gewährt, später aber widerrufen und die Strafe zu 2/3 vollstreckt.

    Der Strafrest wurde mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg zur Bewährung ausgesetzt. Dabei wurde der Verurteilte der Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt und es wurde ihm auferlegt, im Anschluss an die Haftentlassung eine Suchttherapie anzutreten und ordnungsgemäß abzuschließen. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt.

    Der Mann wurde allerdings nach ca. zwei Monaten aus der Therapieeinrichtung disziplinarisch entlassen. Entgegen seiner Angabe, kümmerte er sich in der Folgezeit nicht um einen neuen Therapieplatz. Den Kontakt zur Bewährungshilfe brach er auch ab.
    Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg hat mit Beschluss die Strafaussetzung widerrufen, weil der Verurteilte keinen Kontakt zur Bewährungshilfe aufgenommen hatte und den Nachweis seiner Drogenabstinenz schuldig geblieben sei.
    Gegen diesen Beschluss legte der Verurteilte durch seine Strafverteidigung die sofortige Beschwerde ein. Begründet hat er diese insbesondere mit seinem Lebenswandel. So habe er seit der Entlassung keine Straftat mehr begangen und sein Leben grundlegend geändert. Dies zeige sich vor allem darin, dass er den Kontakt zu seinem früheren Umfeld abgebrochen hat, drogenfrei lebe und seine Ausbildung fortsetze.

    Die Strafverteidigung hatte Erfolg, auf die Beschwerde des Betroffenen hat das OLG Oldenburg den Widerruf aufgehoben:

    „Nach dem vom Senat eingeholten aktuellen Strafregisterauszug hat der Verurteilte seit dem 20. Januar 2007 – mithin seit über 4 Jahren und damit auch in der Bewährungszeit – keine Straftat mehr begangen. Auch von neuen Ermittlungsverfahren ist nichts bekannt; Anklagen o. ä. sind zu dem vorliegenden Verfahren nicht mitgeteilt worden. Dies spricht für die Richtigkeit der Angaben des Verurteilten, er habe seine Lebensführung positiv verändert. Jedenfalls besteht kein ausreichend tragfähiger Anhaltspunkt, von etwas anderem auszugehen, zumal gerade vor dem Hintergrund seiner früheren Drogenabhängigkeit ansonsten neue Betäubungsmittel- oder Beschaffungsdelikte des Verurteilten kaum ausgeblieben wären.
    Eine Besorgnis künftiger Straftaten kann auch nicht tragfähig daraus abgeleitet werden, dass der Verurteilte die ihm auferlegte Therapie nicht durchgestanden und eine neue nicht begonnen hatte. Nachdem dieses Verhalten von der Strafvollstreckungsbehörde und der Strafvollstreckungskammer letztlich ohne Konsequenzen hingenommen wurde, kann – jedenfalls bei dem sonstigen jetzigen Erkenntnisstand – darauf nunmehr nicht mehr rekurriert werden. Auch dass der Verurteilte sich keinen Urinkontrollen unterzogen hat, reicht nicht aus, um eine derzeit gegebene Gefahr neuer Straftaten zu bejahen, zumal dem Verurteilten solche Kontrollen im Bewährungsbeschluss nicht auferlegt worden waren.
    Da kein Widerrufsgrund vorliegt, stellt sich nicht die Frage nach einer Verlängerung der Bewährungszeit oder anderen ausreichenden Maßnahmen im Sinne von § 56f Abs. 2 Satz 1 StGB, vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 56f Rdn. 14. Jedoch hat der Senat in Anwendung von § 56e StGB die Therapieweisung und die Bewährungshilfeunterstellung aufgehoben, die nach dem derzeitigen Stand der Bewährung und auch in Hinblick auf den Ablauf der Bewährungszeit bereits im Juli 2011 nicht mehr zielführend sind.“

    Damit stellt das OLG klar, dass für einen Widerruf der Strafaussetzung nach §§ 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; 57 Abs. 5 Satz 1 StGB Anlass zur Besorgnis bestehen müsse, dass erneut Straftaten begangen werden. Das LG kann den Widerruf aber nicht damit begründen, dass die im Bewährungsbeschluss auferlegte Drogentherapie abgebrochen wurde oder nicht ausreichende Kontakt zur Bewährungshilfe gehalten wurde, da der Verurteilte seinen positiven Lebenswandel dargelegt hat.

    Das OLG Oldenburg hob daher den mit der sofortigen Beschwerde angegriffenen Beschluss auf und der Beschwerdeführer muss nicht ins Gefägnis, da keine Widerrufsgrund der Strafaussetzung zur Bewährung vorliegt.


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