Jugendstrafe

  • BGH, Urteil vom 27.01.2011, Az.: 4 StR 33

    Das Landgericht Bielefeld hat die Angeklagten jeweils der banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug in mehreren Fällen sowie der versuchten banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig gesprochen. Die zwei Männer wurden zu einer  langjährigen Freiheits- bzw. Jugendstrafe verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten Mitte 2009 einer Gruppe an. Deren Ziel war es, in großem Umfang Daten der EC- bzw. Kreditkarten von Bankkunden, die einen Geldautomaten benutzen, auszulesen und auf Kartenrohlinge zu übertragen. Anschließend sollte unter Verwendung der ebenfalls erlangten persönlichen Geheimzahl (PIN) Geld von Geldautomaten abgehoben wird.

    Zunächst wurden die Daten der Kunden durch ein manipuliertes Kartenlesegerät des Türöffnungsmechanismus ausgelesen und dann die Geheimzahlen durch Kameras ausgespäht. Die Daten wurden dann an Mittäter übergeben und von dort nach Italien weiter geleitet. Dort wurden Kartendoubletten hergestellt. Allerdings konnte es zu keinem Zeitpunkt zu einem Schaden kommen, da die Manipulation des Türöffners bemerkt und die Konten gesperrt wurden.

    Die Angeklagten rügten die Verurteilung wegen versuchter banden- und gewerbsmäßige Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, da noch kein unmittelbares Ansetzen gegeben sei.

    Dazu der BGH:

    „Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34 m.w.N.).

    Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057).“

    „Zu Recht hat das Landgericht auf das enge Ineinandergreifen der einzelnen einem festen Ablaufplan folgenden Tatbeiträge und auf den nach dem Tatplan engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Tatbeitrag der Angeklagten und dem Beschreiben der Kartenrohlinge durch andere Bandenmitglieder als eigentlicher Fälschungshandlung abgestellt. Die dem Auslesen der Daten und der Weitergabe der Speichermedien nachfolgenden Arbeitsschritte bis hin zu den – der Tatbestandsverwirklichung des § 152b StGB nachgelagerten – Abhebungen an den Geldautomaten mussten vonstatten gehen, bevor die Manipulation an den Lesegeräten in den Bankfilialen bemerkt wurde. Die schnelle zeitliche Abfolge wurde durch das eingespielte System von Tatbeiträgen gewährleistet, bei dem den in Italien sitzenden Mittätern die einzelnen Datenübersendungen jeweils avisiert wurden. Diese wussten dadurch bereits im Voraus, dass die Erbringung ihres eigenen Tatbeitrags unmittelbar bevorstand. Es bedurfte mithin keines neuen Willensimpulses bei einem der durch die Bandenabrede verbundenen Mittäter mehr, sondern die Angeklagten setzten mit der Weitergabe der Daten – was ihnen bewusst war – gleichsam einen automatisierten Ablauf in Gang, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten nahen Rechtsgutsgefährdung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, aaO; Beschluss vom 2. August 1989 – 3 StR 239/89, BGHR StGB § 22 Ansetzen 11; Beschluss vom 7. Oktober 1993 – 4 StR 506/93, StV 1994, 240) die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens geboten ist. Dass dem Beschreiben der Kartenrohlinge die Auswertung der Speichermedien durch Abgleich von Videoaufzeichnungen und ausgelesenen Kartendaten und die Übersendung der Daten nach Italien vorausgingen, stellt danach bei der gebotenen wertenden Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1980 – 3 StR 108/80, NJW 1980, 1759) keine diese Annahme hindernden Zwischenschritte dar (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Mai 1991 – 5 StR 4/91, BGHR StGB § 22 Ansetzen 14; Beschluss vom 11. Mai 2010 – 3 StR 105/10).“

    Auch der BGH bejaht wie zuvor das Landgericht das unmittelbare Ansetzen. Dies sei spätestens mit der Weitergabe der Daten erfolgt. In einem anderen Fall hatte der BGH das unmittelbare Ansetzen verneint.

    Allerdings hatten die Angeklagten sich bis dahin nur bemüht, Kartenrohlinge zu erhalten und wurden bereits vor Erhalt der Rohlinge festgenommen. Im vorliegenden Fall allerdings wurden die Daten bereits ausgespäht und sogar weitergegeben. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Angeklagten nicht mehr in das Geschehen eingreifen. Dies muss den Angeklagten auch bewusst gewesen sein, da es ihrem Tatplan entsprach.


  • Das Landgericht Verden verhandelt den 24 Jahre zurückliegenden Mord an einem Mädchen. Der damals 19-Jährige Angeklagte habe seine Bekannte nach einem Disco-Besuch in Bremervörde im Kreis Rotenburg gefesselt, geknebelt und mit mehr als 60 Messerstichen heimtückisch umgebracht, so die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Zudem hätten besonders niedriger Beweggründe vorgelegen. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Jugendstrafe von sieben Jahren.
    Der Angeklagte musste sich bereits zum zweiten Mal wegen dieses Falls verantworten. Zunächst hatte ihn das Landgericht Stade aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof jedoch aufgehoben.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt – online vom 20.05.2011 )


  • In dem Prozess um den sog. Messerstecher vom Jungfernstieg, dem 16-jährigen Elias A, der an der U-Bahnstation Jungfernstieg in Hamburg einen 19-jährigen erstochen haben soll, haben nun sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage ihre Schlussanträge gestellt.
    Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre und sechs Monate Jugendstrafe. Die Nebenklage gab keine solch präzisen Werte an, sondern forderte eine Strafe im „oberen Drittel“. Dies dürfte in den Bereich einzuordnen sein, den auch die Staatsanwaltschaft angesetzt hatte, da das Höchstmaß für Jugendstrafe bei zehn Jahren liegt.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 02.12.2010, S. 12)


  • Der Angeklagte wurde am 30.07.2009 aufgrund des Haftbefehles des Amtsgerichts Oldenburg vorläufig festgenommen und befand sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

    Am 30.09.2009 hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen ihn und die zwei Mitangeklagten Anklage wegen gemeinschaftlich begangenen erpresserischen Menschraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzungen erhoben, worauf sich auch der Haftbefehl gestützt hat.

    Den Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls hat das LG Oldenburg mit Beschluss vom 9.11.2009 zurückgewiesen sowie der Beschwerde gegen den Haftbefehl mit Beschluss vom 1.12.2009 nicht abgeholfen.

    Eine weitere Beschwerde vor dem OLG Oldenburg ist nach Ansicht des Senats zulässig und begründet und führt angesichts folgender Erwägungen zur Aufhebung des Haftbefehls:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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