Kartellrecht

  • Da § 1 GWB auch die vertikale Absprache untersagt, müssen auch Nicht-Kartellmitglieder aus § 298 Abs. 1 StGB als Täter bestraft werden können.

    Der Angeklagte wurde vor dem Landgericht Mühlhausen zu einer Geldstrafe wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibung in 14 Fällen verurteilt. Der Angeklagte war Geschäftsführer eine Wohnungsgesellschaft. Seine Frau betrieb ein Unternehmen, das den An- und Verkauf und die Montage von Bauelemente sowie Baureparaturen durchführte.
    Dabei erhielt das Unternehmen der Ehefrau fast alle Aufträge der Wohnungsgesellschaft. Als das Baureparatur-Unternehmen jedoch in finanzielle Schwierigkeiten geriet, beschlossen der Angeklagte und seine Ehefrau, dass bei Ausschreibungen der Wohnungsgesellschaft neben dem Angebot des Unternehmens der Ehefrau nur noch fingierte Angebote abgegeben werden sollen. So erhielt das Unternehmen der Frau die begehrten Aufträge.

    Gegen die Verurteilung legte der Angeklagte die Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt grundsätzlich fest, dass eine Absprache dann rechtswidrig sei, wenn sie gegen § 1 GWB verstöße. Während früher ausschließlich die horizontale Absprache untersagt war, also zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, untersagt die Strafnorm nach der Novellierung nunmehr auch die vertikale Absprache. Somit bestätigt der BGH, dass die vertikale Absprache zwischen der Wohnungsgesellschaft und dem Baureparatur-Unternehmen den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllt.
    Ferner musste sich der BGH mit der Frage beschäftigen, ob der Angeklagte überhaupt Täter sein konnte. Denn bisher hatte der BGH offen gelassen, ob nur Kartellmitglieder Täter des § 298 StGB sein können. In der Literatur wird die Frage unterschiedlich beantwortet. Der BGH schließt sich der Literaturmeinung an, die auch eine Täterschaft von Personen außerhalb des Kartells annimmt:

    „Der Senat vertritt jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation der Beteiligung eines Veranstalters an einer auf einer Absprache beruhenden Angebotsabgabe die Auffassung, dass zumindest seit der Neuregelung von § 1 GWB auch dieser den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB täterschaftlich verwirklichen kann. Dessen Wortlaut steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Es handelt sich nicht um ein Sonderdelikt (Dannecker aaO Rn. 18; Fischer aaO Rn. 17; Heine aaO Rn. 17; Hohmann aaO Rn. 99; Lackner/Kühl aaO Rn. 6; Tiedemann aaO Rn. 13; aA Böse aaO Rn. 4);“

    Somit muss der Täter nicht selbst ein Angebot abgegeben haben. Da § 1 GWB auch die vertikale Absprache untersagt, muss auch der Veranstalter der Ausschreibung sich als Täter nach § 298 Abs. 1 StGB strafbar machen können. Aus diesem Grund verwirft der BGH die Revision des Angeklagten.

    BGH, Beschluss vom 25. Juli 2012, Az.: 2 StR 154/12


  • Aufgrund verbotener Preisabsprachen verklagt die Deutsche Bahn AG mehrer Lieferanten von Zugmaterial auf Schadensersatz. Dabei geht es um einen Geldbetrag in dreistelliger Millionenhöhe.
    Die Klage bezieht sich auf verschiedene in Europa führende Hersteller von elektrotechnischen und mechanischen Kohlestoff- und Granitprodukten. Diese belieferten die Deutsche Bahn AG mit Karbonbürsten, welche als Stromabnehmer bei Elektrolokomotiven benötigt werden.
    Die verbotenen Preisabsprachen zwischen den Herstellern konnten für die Jahre 1988 bis 1989 nachgewiesen werden. Dies geschah 1999 durch einen Kronzeugen.

    Jedoch erhebt nicht nur die Deutsche Bahn AG als Geschädigter Klage, sondern auch die niederländische Staatsbahn NS, die italienische Staatsbahn Trenitalia, die portugiesische Staatsbahn und die norwegische Staatsbahn sowie das spanische Nahverkehrsunternehmen Metro de Madrid und das Göteborger Nahverkehrsunternehmen.
    Die Klage wurde in London beim Kartellgericht eingereicht. Dies wird dadurch möglich, dass auch die englische Güterbahn EWS einen großen Schaden davontrug. EWS ist heute als DB Schenker Rail UK Teil der Deutschen Bahn AG.
    (FAZ vom 20.12.2010 Nr. 296, S. 11)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt