1. Strafsenat des OLG Düsseldorf, Az.: III 1 Ws 290/10
Dem Angeklagten wird vorgeworfen Kokain in nicht geringer Menge in das Bundesgebiet eingeführt zu haben, um hiermit Handel zu treiben. Die Anklage wurde zugelassen.
Durch Beschluss wurde abgelehnt, dem Angeklagten den Rechtsanwalt A als Pflichtverteidiger zu bestellen, da kein wichtiger Grund für die Entpflichtung des Rechtsanwalts B bestehe. Dagegen wendet sich der Angeklagt mit einer Beschwerde.
Nach Ansicht des 1. Strafsenats ist die Beschwerde begründet, da konkrete Anhaltspunkte für eine im Mandatsverlauf eingetretene tiefgreifende Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Angeklagten und dem Rechtsanwalt B bestanden hätten und so ein Widerruf der Verteidigerbestellung aus wichtigem Grund vorläge.
Aus dem Wortlaut des Beschlusses:
„Der durch das Gericht ausgewählte Pflichtverteidiger hat den Angeklagten zunächst weder in der JVA aufgesucht noch schriftlich kontaktiert. Bei Stellung des Entpflichtungsantrags befand sich der Angeklagte bereits seit über zwei Monaten in U-Haft, ohne von seinem Pflichtverteidiger gehört zu haben. Vor diesem Hintergrund ist es aus der Sicht eines vernünftigen und verständigen Betrachters nachvollziehbar, dass sich der Angeklagte durch den gerichtlich bestellten Verteidiger nicht hinreichend vertreten sieht die erstmals angebotene Kontaktaufnahme zu Rechtsanwalt B ablehnt. Dem Entpflichtungsgesuch ist daher bei der hier gegebenen Sachlage zu entsprechen.“
Der Strafsenat ordnete daher die Bestellung des Rechtsanwalts A als Pflichtverteidiger für den Angeklagten an.
Vor dem Landgericht Hamburg fand ein Prozess um den größten Kokainfund der deutschen Kriminalgeschichte statt. Fahnder hatten im April 2010 1,2 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen gefunden. Es handelte sich hierbei um hochreines Kokain im Wert von ca. 40 Millionen Euro. Die mutmaßlichen Täter hatten es in ausgehöhlten Holzbriketts, bestückt mit 1244 schwarzen Päckchen, in einem Container aus Paraguay versteckt.
Es handelte sich um insgesamt sechs Angeklagte. Nun wurde gegen den letzten das Urteil gesprochen. Er wurde wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach dem Betäubungsmittelstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Auch die anderen fünf Angeklagten wurden, in teilweise abgetrennten Verfahren, zu Freiheitsstrafen verurteilt. Der vermeintliche Kopf der Bande wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die anderen zu elf Jahre sechs Monate, vier Jahre sechs Monate, zwei Jahre sechs Monate beziehungsweise acht Jahre Haft.
( Quelle: Hamburger Abendblatt vom 18.02.2011, S. 11 )
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner