Gegen den Beschwerdeführer wurden eine Geldbuße von 780 Euro und ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt, da er auf einer Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120km/h um 72km/h überschritten haben soll. Er berief sich auf Verjährung, da ihm der Bescheid nicht zugegangen sei. Vielmehr habe die zuständige Postzustellerin nicht versucht, ihm diesen Bescheid direkt zuzustellen, sondern habe den Bescheid direkt in den Briefkasten gelegt. Nach Angabe des Beschwerdeführers soll es sich sogar um den Briefkasten eines Nachbarn gehandelt haben.
OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011, Az.: 311 SsRs 126/11
Gegen den Betroffenen wurde eine Geldbuße in Höhe von 110€ festgesetzt, da er gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe. Dieser Bußgeldbescheid wurde mittels Postzustellungsurkunde an das Rechtsanwaltsbüro zugestellt, welchem auch der mit der Verteidigung beauftragte Rechtsanwalt angehört. Es erfolgt kein namentlicher Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger. Dem Betroffenen wurde eine Abschrift des Bußgeldbescheides übersandt.
Nachdem der Betroffenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hatte, verurteilte das Amtsgericht ihn wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot zu einer Geldbuße von 110 €. Mit der bei Gericht eingegangenen Rechtsbeschwerdebegründung rügt der Betroffene die Verletzung des materiellen Rechts und beruft sich darauf, dass der gegen ihn erhobene Vorwurf verjährt sei. Mangels wirksamer Zustellung des Bußgeldbescheides liege ein Verfolgungshindernis vor.
Dazu das OLG:
„Eine wirksame Zustellung ist zunächst nicht in der vom Zustellungswillen des Landkreises getragenen Übersendung des Bußgeldbescheides an das Rechtsanwaltsbüro D. R. G. B. am 7. Februar 2011 erfolgt. Denn als Verteidiger, an den neben dem Betroffenen nach § 51 Abs. 3 OWiG der Bußgeldbescheid hätte zugestellt werden können, hat sich allein Rechtsanwalt F. zur Akte gemeldet. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der hiesigen Bußgeldsenate (Beschluss des 1. Senats für Bußgeldsachen vom 15. Oktober 2004, 211 Ss 106/04 (Owi); Beschlüsse des 2. Senats für Bußgeldsachen vom 9. Juni 2005, 222 Ss 116/05 (Owi); vom 16. Oktober 2006, 222 Ss 269/06 (Owi); vom 16. April 2007, 322 Ss 60/07 (Owi); vom 2. April 2009, 322 SsBs 225/08), dass eine wirksame Zustellung an den Verteidiger jedenfalls voraussetzt, dass der Bußgeldbescheid erkennbar an ihn adressiert ist. Dieses Erfordernis ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn – wie hier – die Zustellung ausdrücklich an die Kanzlei als solche und ohne jeden namentlichen Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger als Zustellungsempfänger erfolgt ist.“
Damit nimmt das OLG hier einen Zustellungsmangel an, da der Bußgeldbescheid an die Kanzlei gesendet wurde. Es fehlt allerdings an dem namentlichen Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger. Dieser Mangel könnte nach Auffassung des Gerichts aber durch tatsächlichen Zugang beim Empfangsberechtigten geheilt worden sein:
„Die Heilung des Zustellungsmangels ist aber auch nicht dadurch bewirkt worden, dass von Seiten des Landkreises eine Kopie des Bußgeldbescheides formlos an den Betroffenen übersendet worden ist. Die Heilung einer unwirksamen Zustellung setzt nämlich voraus, dass die Behörde den Willen hatte, eine Zustellung vorzunehmen (BVerwGE 16; 165; BGH NJW 2003, 1192; Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. § 8 VwZG Rn. 1). Daran fehlt es hier jedoch in Bezug auf den Betroffenen. An diesen sollte nach dem Schreiben des Landkreises an den Verteidiger vom 2. Juni 2011 nur eine formlose Zusendung erfolgen. Der Wille, dem Empfänger ein Dokument zur Kenntnis zu geben, genügt nicht, um einen Zustellungswillen anzunehmen (vgl. MK-Häublein, § 189 ZPO, Rn. 3).“
Somit lehnt das OLG Celle die Heilung des Zustellungsmangels hier ab. Die formlose Übersendung des Bescheids an der Betroffenen reiche nichts aus. Daher hat das OLG das angefochtene Urteil aufgehoben.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner