Rabatt

  • Autoverglaser werben häufig mit einer kostenfreien Reparatur bei Steinschlägen. Der Kasko-Versicherer soll die Kosten übernehmen. Gelegentlich kommt hier jedoch eine Selbstbeteiligung des Versicherten in Betracht und damit wäre das Angebot für viele Kunden unattraktiv. Aus diesem Grund hat ein Autoverglaser seinen Kunden die Selbstbeteiligung erlassen, gegenüber dem Versicherer aber so abgerechnet, als hätte der Kunde die Selbstbeteiligung gezahlt. Die Frage vor Gericht war nun: Ist dies rechtlich in Ordnung?

  • Bei einem Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB muss bei der Schadensberechnung zwischen verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten differenziert werden.

    Die Angeklagte betrieb einen Pharmagroßhandel. Über zwei Apotheker bezog sie Medikamente, die ursprünglich für den Klinikbedarf vorgesehen waren, und verkaufte diese außerhalb des Klinikbereichs an andere Pharmagroßhändler und Apotheker. Da die Medikamente für Krankenhäuser nicht der Preisbindung unterliegen und Kliniken generell von der Pharmaindustrie großzügigere Rabatte erhalten, konnte die Angeklagte so einen beachtlichen Gewinn erwirtschaften.
    Das Landgericht Lübeck sah in dem Verhalten der Angeklagten einen Betrug in 43 Fällen. Dabei wurde als Schaden die Differenz zwischen dem Klinikwareneinkaufspreis und dem Verkaufspreis an den Pharmagroßhandel der Angeklagten angenommen. Hiergegen richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente kann diese Berechnung bestand haben, stellt der BGH fest, da diese außerhalb des Klinikbedarfs preisgebunden sind. Anders sieht es jedoch bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus.

    „Insofern erfolgt eine Rabattgewährung für Kliniken nach den von den jeweiligen Herstellern aufgestellten (im Übrigen aber verhandelbaren) Preislisten. Unter Berücksichtigung eines dem Risiko fehlender Treffgenauigkeit angemessenen Sicherheitsabschlags hätte deshalb ermittelt werden müssen, welche Bedingungen für die Medikamentenabgabe einerseits für Kliniken und andererseits für den freien Verkauf in Apotheken gegolten haben und welche Preise zu erzielen waren. Dabei ist zu beachten, dass – da eine bloße unterlassene Vermögensmehrung kein Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes ist – der höhere Preis gegenüber den Abnehmern, die keine Krankenhäuser sind, sich mit Wahrscheinlichkeit durchsetzen lassen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2004 – 5 StR 136/04, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 64).“

    Damit hatte die Revision der Strafverteidigung Erfolg. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012, Az.: 5 StR 1/12


  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 005/2012 vom 13.01.2012

    In der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof das Rabattmodell einer Apothekerin für den Arzneimittelbezug im Ausland für teilweise unbedenklich erachtet und einen Verstoß der Beklagten gegen das arzneimittelrechtliche Verbringungsverbot des § 73 Arzneimittelgesetz abgelehnt.

    Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof entscheidet über Rabattmodell für den Arzneimittelbezug aus dem Ausland

    Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat ein von einer Freilassinger Apothekerin betriebenes Rabattmodell für Arzneimittel teilweise für unbedenklich angesehen und die Abweisung der gegen diese Apothekerin gerichteten Klage in diesem Punkt bestätigt.

    Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Freilassing. Sie bietet ihren Kunden an, Medikamente bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke bei ihr in Freilassing abzuholen. Den Kunden verspricht sie dabei einen Rabatt in Höhe von 22% bei nichtverschreibungspflichtigen und von 10% bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Im Falle einer Bestellung lässt die Beklagte die Medikamente zunächst durch einen Großhändler aus Deutschland an die Apotheke in Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Auf Wunsch werden die Kunden, die Medikamente auf diesem Wege beziehen, in der Apotheke der Beklagten pharmazeutisch beraten. Die Klägerinnen, die ebenfalls in Freilassing Apotheken betreiben, sehen in dem Verhalten der Beklagten – soweit verschreibungspflichtige Arzneimittel abgegeben werden – einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften. Soweit die Beklagte sonstige Arzneimittel auf diese Weise abgibt, beanstanden die Klägerinnen in erster Linie den Verstoß gegen andere arzneimittelrechtliche Bestimmungen. Mit ihrer beim Landgericht Traunstein erhobenen Klage haben sie die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

    Das Landgericht Traunstein hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht München hat dieses Urteil nur insoweit bestätigt, als die Beklagte Rabatte auf preisgebundene verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten hat. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.

    Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung nunmehr bestätigt. Insbesondere hat er in Übereinstimmung mit dem OLG einen Verstoß der Beklagten gegen das arzneimittelrechtliche Verbringungsverbot des § 73 Arzneimittelgesetz* verneint. Danach dürfen zulassungspflichtige Arzneimittel nur unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland eingeführt werden. Insbesondere ist der Versand von Arzneimitteln auch aus dem EU-Ausland an deutsche Endverbraucher nur unter engen Voraussetzungen gestattet, die die hier eingeschaltete Budapester Apotheke nicht erfüllt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch einen Versand unmittelbar an Endverbraucher im Streitfall verneint. Auch wenn das von der Beklagten praktizierte Modell so ausgestaltet ist, dass sie den Verkauf der bestellten Arzneimittel durch die Budapester Apotheke lediglich vermittelt und der Kaufvertrag deswegen zwischen dem deutschen Kunden und der Budapester Apotheke zustande kommt, ist die Beklagte arzneimittelrechtlich als Empfängerin anzusehen, die ihrerseits die Medikamente sodann an die Kunden abgibt. Für die arzneimittelrechtliche Beurteilung ist dabei maßgebend, dass in die Abgabe an den Endverbraucher eine inländische Apotheke eingeschaltet ist, die verpflichtet ist, die Qualität, Eignung und Unbedenklichkeit der auf diese Weise abzugebenden Arzneimittel zu prüfen und die Verbraucher bei Bedarf zu beraten. Deswegen ist arzneimittelrechtlich die inländische Apotheke der Beklagten Empfängerin der von der Budapester Apotheke versandten Arzneimittel. Daher hat der Bundesgerichtshof einen Verstoß gegen das Verbringungsverbot des § 73 AMG verneint.

    Im Übrigen ist der Beklagten die Gewährung eines Rabatts im Falle verschreibungspflichtiger Arzneimittel von den Vorinstanzen gerade deswegen verboten worden, weil sie die Arzneimittel als inländische Apothekerin abgibt. Denn die insoweit anwendbaren arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften, die einen solchen Rabatt untersagen, gelten nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts nur im Falle der Abgabe durch inländische Apotheken.

    Urteil vom 12. Januar 2012 – I ZR 211/10 – Europa-Apotheke Budapest

    LG Traunstein – Urteil vom 11. März 2009 – 2 HKO 2534/08

    OLG München – Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09

    A&R 2010, 279

    Karlsruhe, den 13. Januar 2012

    *§ 73 Abs 1 Satz 1 und 1a AMG Verbringungsverbot

    (1) Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung nach § 21a oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen, nach § 21a genehmigt, registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und

    1.

    der Empfänger in dem Fall des Verbringens aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt ist, eine Apotheke betreibt oder als Träger eines Krankenhauses nach dem Apothekengesetz von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Arzneimitteln versorgt wird,

    1a.

    im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt

    ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird oder

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
    76125 Karlsruhe
    Telefon (0721) 159-5013
    Telefax (0721) 159-5501


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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