Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen den gesamten früheren Aufsichtsrat von Porsche aufgrund der gescheiterten Volkswagen-Übernahme wegen Beihilfe zur Marktmanipulation ermittelt und gegen den ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking sowie ein weiteres Aufsichtsratsmitglied vor dem Landgericht Stuttgart Anklage wegen des Verdachts der Marktmanipulation erhoben.
Obwohl das Strafverfahren grundsätzlich täterbezogen ist und über Unrecht und mögliche Bestrafung für eine Handlung entscheiden soll, kommt auch dem Geschädigten eine immer gewichtigere Rolle zu. Neben der Nebenklage zeigt sich dies auch im sogenannten Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO.
Was Gerichte als Beleidigung werten und was nicht, ist selbst für einen Strafverteidiger häufig nicht einfach vorherzusagen. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich sehr uneinheitlich und häufig können kleinste Details im konkreten Fall die Strafbarkeit beeinflussen.
Vor allem bei Beleidigungen gegen Polizeibeamte gibt es eine große Anzahl an Urteilen.
Für die Beurteilung wichtig ist vor allem die Frage, ob es sich schon um eine strafbare Schmähkritik oder noch um freie Meinungsäußerung handelt.
Nachdem der deutsche Rapper Bushido in den letzten Monaten weniger mit seiner Musik und mehr mit seinen angeblichen Verbindungen zur organisierten Kriminalität (zum Abou-Chaker-Clan) in den Nachrichten erschien, steht nun wieder ein Song von ihm im Mittelpunkt der Medien. Dazu musste der Bambi-Gewinner 2011 lediglich ein neues Musikvideo mit dem Titel „Stress ohne Grund“ veröffentlichen, in welchem er mit provokanten und gewohnt harten Texten gegen Politiker sein musikalisches Comeback feiert. Klaus Wowereit (SPD), amtierender Bürgermeister von Berlin, und Bundestagsabgeordneter Serkan Tören (FDP) haben bereits Strafanzeige gegen Bushido gestellt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 35-Jährigen. Hat sich Bushido aber wirklich strafbar gemacht? Einige strafrechtliche Rechtsfragen sollen hiermit geklärt werden.
Antwortet ein Bewerber wahrheitswidrig auf solch eine Frage nach einem gegen ihn bereits eingestellten Ermittlungsverfahren, darf er deswegen nicht entlassen werden.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitgeber einen Stellenbewerber nach eingestellte Ermittlungsverfahren im Sinne der §§ 153 ff. StPO befragen darf. Die Richter verneinen dieses Recht mit Blick auf § 53 Bundeszentralregistergesetz. Die Wertentscheidung in diesem Paragraphen macht deutlich, dass lediglich die dort genannten Verurteilungen zu offenbaren sind.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 099/2012 vom 26.06.2012
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs befasste sich abermals mit Schadensersatzanspüchen von vier ähnlich gelagerten Fällen von Anlegern der Lehman-Zertifikate und hat in allen vier Fällen die Berufungsurteile aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.
Auszug aus der Pressemitteilung:
Bundesgerichtshof entscheidet erneut zu Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in vier weiteren, in wesentlichen Punkten parallel gelagerten Verfahren erneut mit Schadensersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst.
In allen vier heute verhandelten Sachen erwarben die Anleger im Februar 2007 von derselben beklagten Bank für Anlagebeträge in unterschiedlicher Höhe – die investierten Summen lagen zwischen 17.145,01 € und 300.000 € – jeweils „Global Champion Zertifikate“. Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger in Höhe von 8,75 % des angelegten Betrages sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der Wertentwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war. In allen vier Fällen erhielt die Beklagte von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5 %, die sie den Anlegern nicht offenbarte.
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.
Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages (abzüglich vor der Insolvenz der Emittentin erfolgter Bonuszahlungen) gerichteten Klagen hatten in den Vorinstanzen jeweils weit überwiegenden Erfolg. In den Verfahren XI ZR 259/11 und XI ZR 316/11 hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte schulde den Anlegern unabhängig davon Schadensersatz, ob diese die Zertifikate im Wege eines Festpreisgeschäfts, d. h. eines Kaufvertrags, von der Beklagten erworben hätten oder ob Letztere aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages für die Anleger gehandelt habe. Im Falle eines Kommissionsvertrages sei die Bank nach den Rechtsprechungsgrundsätzen über Aufklärungspflichten bei Rückvergütungen zur Aufklärung der Anleger über die Höhe der von der Emittentin erhaltenen Vertriebsprovision verpflichtet gewesen. Bei einem Festpreisgeschäft habe die Bank auf ihre Verkäuferstellung und einen daraus folgenden Interessenkonflikt hinweisen müssen. In den Verfahren XI ZR 355/11 und XI ZR 356/11 hat das Berufungsgericht die Pflicht der Bank zur Offenlegung der von der Emittentin gezahlten Vergütung u. a. damit begründet, die Beklagte habe dem Kunden die Ausführung seines Auftrags im Wege des Eigenhandels verschwiegen. Außerdem stehe die von der Emittentin gezahlte Provision einer Rückvergütung gleich und die Offenlegungspflicht der Bank ergebe sich zudem aus der Auskunftspflicht des Geschäftsbesorgers bzw. Kommissionärs.
Der XI. Zivilsenat hat in allen vier Fällen die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen jeweils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen, weil jedenfalls mit der gegebenen Begründung ein Schadensersatzanspruch der Anleger gegen die beklagte Bank nicht bejaht werden kann.
Für den Fall eines Festpreisgeschäfts hat der Senat – nach Erlass der in den heute verhandelten Sachen ergangenen Berufungsurteile – durch seine Urteile vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10; vgl. Pressemitteilung 145/2011) entschieden, dass die beratende Bank den Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zertifikaterwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Für den Fall, dass dem Zertifikaterwerb ein Kommissionsvertrag zwischen den Anlegern und der Beklagten zugrunde gelegen haben sollte, besteht keine Aufklärungspflicht der Bank über eine allein von der Emittentin an sie gezahlte Vergütung. Eine solche Aufklärungspflicht ergibt sich nicht aus den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen. Denn diese Grundsätze betreffen lediglich Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen, deren Rückfluss an die beratende Bank dem Kunden verheimlicht wird. In den hier zu entscheidenden Fällen wiesen die Wertpapierabrechnungen nur den an die Beklagte zu zahlenden Nominal- bzw. Kurswert der Zertifikate, aber keine von den Anlegern an die Emittentin zu entrichtenden und ohne Wissen der Anleger an die Bank zurückfließenden Posten aus. Eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der von der Emittentin erhaltenen Provision folgt ferner weder aus einer etwaigen Herausgabepflicht des Kommissionärs noch aus dem allgemeinen Gewinninteresse der Bank.
Ob bei einem Kommissionsgeschäft eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedurfte keiner Entscheidung, weil derartige Zahlungen der Kunden an die Bank nicht vorgetragen worden sind.
Die Berufungsgerichte werden nunmehr den weiteren Pflichtverletzungen nachzugehen haben, die die Kläger der Beklagten im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate, u. a. in Bezug auf deren Funktionsweise, vorwerfen.
Urteil vom 26. Juni 2012 – XI ZR 259/11
Quelle: Pressemittelung des BGH Nr. 007/2012 vom 17.01.2012
Der Bundesgerichtshof hat in der folgenden Entscheidung die Verkehrssicherungspflichten eines Eisenbahnunternehmens bestätigt und ausgeweitet auf den Ein- und Ausstieg der Gäste sowie der Benutzung der Bahnsteige. Damit wurde der Klage der Klägerin, die bei einem Sturz auf dem Bahnsteig verletzt wurde, unter anderem auf Schadensersatz und Schmerzensgeld statt gegeben.
Pressemitteilung:
Bundesgerichtshof entscheidet zur Verkehrssicherungspflicht auf Bahnsteigen
Der für Rechtsstreitigkeiten über Personenbeförderungsverträge zuständige X. Zivilsenat hat heute über den Schadensersatzanspruch eines Fahrgastes wegen eines Sturzes aufgrund von Glatteis auf einem Bahnsteig entschieden.
Die Beklagte zu 1, die DB Fernverkehr AG, erbringt Eisenbahnverkehrsleistungen im Fernverkehr. Die Klägerin erwarb bei ihr einen Fahrausweis für eine Fahrt mit dem ICE von Solingen nach Dresden. Auf dem Weg zum Haltepunkt des ICE stürzte die Klägerin auf dem Bahnsteig des Bahnhofs. Eigentümerin des Bahnhofs ist die DB Station & Service AG. Diese hatte die Reinigung und den Winterdienst der Beklagten zu 2, der DB Services GmbH, übertragen. Die Beklagte zu 2 hat behauptet, sie habe ihrerseits den Winterdienst auf den Streithelfer übertragen. Wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen nahm die Klägerin zunächst die DB Station & Service AG in Anspruch. Das Landgericht wies diese Klage mit der Begründung ab, die DB Station & Service AG habe die ihr obliegende Räum- und Streupflicht auf die Beklagte zu 2. übertragen.
Die Klägerin begehrt nunmehr von den Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 durch Teilurteil abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Teilurteil und das Verfahren aufgehoben, die Sache an das Landgericht zurückverwiesen und die Revision zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, das Teilurteil des Landgerichts sei unzulässig, da auch eine Haftung der Beklagten zu 1 in Betracht komme. Das Eisenbahn-verkehrsunternehmen sei gegenüber dem Fahrgast vertraglich verpflichtet, für einen verkehrssicheren Zustand des benutzten Bahnsteigs zu sorgen.
Der Bundesgerichtshof hat dies bestätigt und die Revision des beklagten Eisenbahnverkehrsunternehmens zurückgewiesen.
Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen ist aufgrund eines Personenbeförderungs-vertrags verpflichtet, die Beförderung so durchzuführen, dass der Fahrgast keinen Schaden erleidet. Dies betrifft nicht nur den eigentlichen Beförderungsvorgang zwischen Ein- und Aussteigen, sondern auch den Zu- und Abgang. Trotz der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (ENeuOG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 1994 I S. 2439) ist ein Eisenbahnverkehrsunternehmen aufgrund eines Personenbeförderungsvertrags verpflichtet, Bahnanlagen wie Bahnsteige, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, bereitzustellen und verkehrssicher zu halten. Dies ist dem Eisenbahnverkehrsunternehmen, das diese Bahnanlagen aufgrund eines Stationsnutzungsvertrags mit dem Infrastruktur-unternehmen nutzt, im Zusammenwirken mit diesem möglich. Wird diese vertragliche Pflicht schuldhaft verletzt, haftet das Eisenbahnverkehrsunternehmen gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB und hat ein etwaiges Verschulden des Eisenbahninfrastrukturunternehmens – und im Fall der Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf weitere Dritte deren Verschulden – in gleichem Umfang zu vertreten wie ein eigenes Verschulden (§ 278 BGB).
X ZR 59/11 – Urteil vom 17. Januar 2012
LG Wuppertal – 16 O 165/09 – Urteil vom 26. August 2010
OLG Düsseldorf – 18 U 158/10 – Urteil vom 20. April 2011
Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 145/2011 vom 27.09.2011
Wie der Bundesgerichtshof (BGH) mittels Pressemitteilung bekannt gibt, wurden die zwei Schadensersatzklagen von betroffenen Anlegern von Lehman-Brothers Zertifikaten, die im Zuge der Pleite der US-Bank wertlos wurden und noch kurz vorher von der jeweiligen Bank zum Kauf empfohlen worden sind, abgelehnt. Damit dürften weitere ähnlich gelagerte Fälle wenig Aussicht auf Erfolg für die Anleger haben.
Pressemitteilung:
Bundesgerichtshof entscheidet über zwei Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Parallelverfahren erstmals über Schadensersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. entschieden.
In der Sache XI ZR 178/10 hatte der Anleger im Dezember 2006 auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der beklagten Sparkasse einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine „ProtectExpress-Anleihe“ investiert. In der Parallelsache XI ZR 182/10 hatte die dortige Klägerin im Oktober 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters derselben Sparkasse für 10.000 € eine „Bull Express Garant Anleihe“ erworben. In beiden Fällen handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung hingen bei der „ProtectExpress-Anleihe“ von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden Aktienkorbs („Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket“) und bei der „Bull Express Garant Anleihe“ von der Wertentwicklung des Aktienindex EuroStoxx 50 ab. Bei beiden Anleihen sollte der Anleger im für ihn ungünstigsten Fall den angelegten Betrag am Laufzeitende ohne Zinsen zurück erhalten.
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger, die der beklagten Sparkasse mehrere Aufklärungspflichtverletzungen vorwerfen, im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages nebst Zinsen.
Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klagen abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Kläger hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen habe die Beklagte in beiden Fällen ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung nicht verletzt. Für die beklagte Sparkasse sei nach den unangegriffenen berufungsgerichtlichen Feststellungen zum Zeitpunkt des jeweiligen Beratungsgesprächs ein konkretes Insolvenzrisiko der Emittentin bzw. der Garantiegeberin nicht erkennbar gewesen; auch die Kläger hätten nichts anderes behauptet. Die Beklagte sei allerdings zur Aufklärung über das bei Zertifikaten der vorliegenden Art vom Anleger zu tragende sog. allgemeine Emittentenrisiko, wonach die Rückzahlung des angelegten Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt, verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei sie indes nachgekommen. Das Berufungsgericht habe jeweils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anleger über das Risiko, bei einer Lehman-Insolvenz die Anlagesummen vollständig zu verlieren, hinreichend belehrt worden seien. In einem solchen Falle bedürfe es keiner zusätzlichen Aufklärung darüber, dass die streitgegenständlichen Zertifikate keinem Einlagensicherungssystem unterfielen, weil einer dahingehenden Information keine eigenständige Bedeutung zukomme.
Zu Recht habe das Berufungsgericht ferner eine Aufklärungspflicht der beklagten Sparkasse über die Gewinnmarge der von ihr verkauften Zertifikate verneint. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele; denn in einem solchen Fall sei es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolge, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse. Nichts anderes gelte, wenn – wie dies hier nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts in beiden Sachen der Fall war – fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (Festpreisgeschäft) zu einem über dem Einkaufspreis der Bank liegenden Preis veräußert werden. Dem stehe auch weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen, weil die Gewinnmarge beim Eigengeschäft keiner dieser beiden Fallgruppen zugeordnet werden könne.
Für die von den Anlegern geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei schließlich ohne Belang, ob ihnen bekannt gewesen sei, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts der Beklagten erfolgt sei. Zu einer diesbezüglichen Informationspflicht sei die Beklagte vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Die Annahme einer Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft laufe nämlich, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, auf die als solche für den Anleger bedeutungslose Information hinaus, dass die Bank ihn über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe.
Urteil vom 27. September 2011 – XI ZR 178/10 LG Hamburg – Urteil vom 23. Juni 2009 – 319 O 4/09 OLG Hamburg – Urteil vom 23. April 2010 – 13 U 118/09
und
Urteil vom 27. September 2011 – XI ZR 182/10 LG Hamburg – Urteil vom 1. Juli 2009 – 325 O 22/09 OLG Hamburg – Urteil vom 23. April 2010 – 13 U 117/10
(veröffentlicht WM 2010, 1029)
Karlsruhe, den 27. September 2011
In der Schweiz wurde jetzt ein Taxifahrer vom Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, einer Kundin an den Busen gegriffen zu haben. Unbestritten war, dass der Taxifahrer die Geschädigte nach der Fahrt um ein Glas Wasser bat. Dem Wunsch kam die Frau nach und holte aus ihrer Wohnung ein Glas. Laut Anklage sei der Taxifahrer hinter der Frau her gegangen und stand in ihrer Küche, wo er sie umarmte. Danach soll er ihr an den Busen gefasst und versucht haben, sie zu küssen.
Die Frau leistete Widerstand, worauf der Mann flüchtete. Die Vorwürfe konnten nicht nachgewiesen werden.
Der Anwalt der Frau forderte Schmerzensgeld sowie Schadensersatz. Die Verteidigung des Angeklagten plädierte auf Freispruch, welchem das Gericht nach kam. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreiche und somit die Unschuldsvermutung greife. Der Freispruch ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
( Quelle: 20 Minuten online vom 09.08.2011 )
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH), Nr. 101/2011 vom 08.06.2011
Im vorliegenden Fall befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, welche Ansprüche der Anbieter bei einem vorzeitigen Abbruch einer eBay-Auktion besitzt. Hierbei verweist der Senat auch auf die AGBs der Plattform.
Pressemitteilung:
BGH zum vorzeitigen Abbruch einer eBay-Auktion
Der Bundesgerichtshof hat heute über das Recht des Anbieters zur vorzeitigen Beendigung einer eBay-Auktion entschieden.
Der Beklagte stellte am 23. August 2009 eine gebrauchte Digitalkamera nebst Zubehör bei eBay für sieben Tage zur Auktion ein. Am folgenden Tag beendete er das Angebot vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit einem Gebot von 70,00 € der Höchstbietende. Er fordert vom Beklagten Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Gebot und dem von ihm behaupteten Verkehrswert der Kamera nebst Zubehör. Der Beklagte beruft sich darauf, die Kamera sei ihm am Nachmittag des 24. August 2009 gestohlen worden.
In § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay in der für die vorliegende Auktion maßgeblichen Fassung heißt es unter anderem:
„Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“
Ergänzend wird in den auf der Website von eBay zugänglichen Hinweisen zum Auktionsablauf als Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung unter anderem der Verlust des angebotenen Artikels genannt.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.142,96 € nebst Zinsen und Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Im Revisionsverfahren war nicht mehr im Streit, dass dem Kläger die Kamera tatsächlich gestohlen worden war. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Berechtigung zur Angebotsrücknahme nach § 10 Abs. 1 Satz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay auch im Fall eines Diebstahls des angebotenen Artikels besteht. Die in dieser Bestimmung enthaltene Bezugnahme auf eine „gesetzliche“ Berechtigung zur Angebotsbeendigung ist nicht im Sinne einer Verweisung nur auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung von Willenserklärungen zu verstehen. Denn in den allen Auktionsteilnehmern zugänglichen Hinweisen zum Auktionsablauf wird auch der Verlust des Verkaufsgegenstandes als rechtfertigender Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung genannt. Darunter fällt auch der Diebstahl.
Hierdurch ist für alle Auktionsteilnehmer ersichtlich, dass der Verkäufer nach den für die Auktion maßgeblichen „Spielregeln“ berechtigt ist, auch im Falle des Abhandenkommens durch Diebstahl sein Angebot vorzeitig zu beenden.
Urteil vom 8. Juni 2011 – VIII ZR 305/10
AG Bad Hersfeld – Urteil vom 26. April 2010 – 10 C 162/10
LG Fulda – Urteil vom 12. November 2010 – 1 S 82/10
Karlsruhe, den 8. Juni 2011
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner