Steuerhinterziehung

  • 2. Strafsenat des OLG Dresden, Az.: 2 Ws 347/10

    Das Amtsgericht erließ einen Strafbefehl gegen den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung und het eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen á 50,00 EUR festgesetzt. Der Angeklagte legte Einspruch dagegen ein, so dass es zu einer Hauptverhandlung kam. In dieser sprach das AG den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei. Die Entscheidung entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dennoch legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein und begründete dies damit, dass der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht sei.

    Das LG verwarf die Berufung der Staatsanwaltschaft als unzulässig. Die Kammer nahm einen Fall der Annahmeberufung im Sinne des § 313 StPO an. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.

    Der 2. Strafsenat erachtet die sofortige Beschwerde als zulässig, da zwar Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Annahme einer Berufung gemäß § 322a Satz 2 StPO grundsätzlich nicht anfechtbar seien, davon jedoch im vorliegenden Fall eine Ausnahme gemacht werde, da zwischen den Verfahrensbeteiligten Streit darüber bestehe, ob die Voraussetzungen einer Annahmeberufung vorliegen würden. Die sofortige Beschwerde sei allerdings unbegründet, da ein Fall der Annahmeberufung vorliege.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die Frage, ob auch im Falle eines Freispruchs, der auf einem Antrag der Staatsanwaltschaft beruht, von einer Annahmeberufung ausgegangen werden kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Der bisher überwiegende Teil der Rechtsprechung hält in einem solchen Fall § 313 I 2 StPO für unanwendbar (OLG Koblenz, NStZ 1994, 601; OLG Celle, NStZ-RR 1996, 43; OLG Köln, NStZ 1996, 150; OLG Karlsruhe StV 1997, 69; OLG Zweibrücken MDR 1996, 732; OLG Oldenburg, Beschluss vom 08. Februar 1005, Az.: 1 Ws 5/95 – juris; KG Berlin, Beschluss vom 07. Mai 1997, Az.: 3 Ws 226/97 – juris; OLG Hamm VRS 95, 382; OLG Jena StraFo 2000, 292; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 84; OLG Brandenburg OLG-NL 2005, 45). Diese Auffassung wird maßgeblich damit begründet, dass der Antrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft auf Freispruch kein Minus gegenüber dem in § 313 I 2 StPO genannten Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe von höchstens 30 Tagessätzen sei. Sofern nach durchgeführter Beweisaufnahme die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis komme, ein strafrechtlicher Schuldnachweis sei überhaupt nicht zu führen, könne aus ihrem Antrag auf Freispruch nicht auf ein Bagatelldelikt geschlossen werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei es deshalb nicht hinnehmbar, der Anwendung des § 313 I 2 StPO eine fiktive Tat und eine fiktive Rechtsfolge zugrundezulegen. Im Interesse der Rechtsklarheit verbiete sich deshalb eine erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 313 I 2 StPO.
    Davon weicht eine Mindermeinung jedenfalls dann ab, wenn aufgrund eines Strafbefehlsantrags bereits ein konkreter Strafantrag der Staatsanwaltschaft existiert, ohne dass hypothetische Erwägungen angestellt werden müssten (OLG Hamm NStZ 1996, 455; OLG Koblenz, NStZ-RR 2000, 306; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht SchlHA, 2000, 256; Meyer-Goßner, § 313 Rdnr. 4 a).

    Dieser Meinung schließt sich der Senat im vorliegenden Fall an.“

    Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde verworfen und die Kosten der Staatskasse auferlegt.


  • Vor dem Landgericht München findet der Prozess wegen des sog. Siemens-Schmiergeldskandals statt. Angeklagt ist der frühere Konzernvorstand von Siemens Thomas Ganswindt. Die Staatsanwaltschaft wirft Ganswindt Steuerhinterziehung und vorsätzliche Verletzung der Aufsichtspflicht vor.

  • Der ehemalige Risikovorstand der BayernLB Gerhard Gribkowsky wurde in München verhaftet. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung.
    Hintergrund sind 50 Millionen US-Dollar, welche in die „Sonnenschein Privatstiftung“ von Gribkowsky geflossen sind, deren Herkunft ungeklärt ist.

    2006 war Gribkowsky für den Verkauf von Anteilen einer Dachgesellschaft der Formel 1 zuständig. Die Anteile seien ohne vorherige Bewertung weiterverkauft worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er dafür die besagten Gelder getarnt über Beraterverträge erhalten habe. An einer Versteuerung der Gelder in Deutschland fehle es zudem auch.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 06.11.2011, S. 1)


  • Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat eine Steuer-CD gekauft, die Kontodaten der Schweizer Privatbank Julius Bär beinhalten soll. Jedoch sollen hier auch Unschuldige erfasst werden. Die Ermittler der Staatsanwaltschaft Münster sollen demnach auch bei Bürgern, die kein Konto bei Julius Bär hatten, erschienen sein. Die Staatsanwaltschaft Münster schweigt bisher zu den Vorwürfen und verwies auf die laufenden Ermittlungen. Es ist nicht die erste CD mit Steuerdaten, die ein Bundesland in Deutschland gekauft hat, um so Steuerhinterziehung und Steuerflüchtigen auf die Schliche zu kommen.

    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 25.10.2010, S. 3)

  • Bisher reichte es für die Straffreiheit von Steuerbetrügern aus, wenn diese bei der Selbstanzeige die Konten dem Finanzamt mitteilten, mit deren Entdeckung sie rechneten.
    Dies hat nun ein Ende. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Selbstanzeiger sich nun völlig offenbaren müssen (Az.: 1 StR 577/09). Wenn dies nicht geschieht, so ist keine Straffreiheit mehr zu erreichen. Nach dem Ersten Strafsenat des BGH sei eine „Teilanzeige“ unmöglich. Um eine Straffreiheit zu erwirken, sei eine „Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“ nötig. Eine solche liege nur bei richtigen und vollständigen Angaben des Selbstanzeigenden vor.
    (BGH, 1. Strafsenat Az. 1 StR 577/09)

  • Oftmals werden Gelder auf Konten in Liechtenstein und der Schweiz zum Zwecke der Steuerhinterziehung versteckt. Diese Vorgehensweise hat jedoch auch zur Folge, dass das Geld vor der Ehefrau oder etwaigen Verwandten geschützt wird.
    In diesem Zusammenhang hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 1-22 U 126/06) jedoch jetzt entschieden, dass niemand auf diese Art und Weise enterbt werden kann. Dies sei nach dem deutschen Zivilrecht unwirksam. In einer solchen Konstruktion ist die Umgehung des Erbrechts und des darin verankerten Pflichtteils zu sehen.
    (FAZ vom 20.05.2010 Nr. 115, S. 12)

    Anmerkung: In vielen Fällen ist das Verschleiern von Vermögenswerten vor der Ehepartnerin/dem Ehepartner neben der Entgehung des Zugriffs des Finanzamtes ein Grund dafür, warum (heute muss man sagen mehr oder weniger) anonyme Nummernkonten verwendet werden.

  • Az: 1 Ws 789/09 (OLG Naumburg)

    Am 22. September 2009 wurde der Angeklagte vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund des dringenden Tatverdachts der Steuerhinterziehung in acht Fällen sowie den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.

    Gegen den Haftbefehl legte der Angeklagte eine Beschwerde ein, die als unbegründet zurückgewiesen wurde. Auch die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Magdeburg nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

    Das OLG Naumburg hält die Revision jedoch für begründet. Nach Auffassung des OLG ist von einer Fluchtgefahr des Angeklagten nicht auszugehen. So würde ihm zwar eine nicht unerhebliche Gesamtstrafe drohen, allerdings begründete sich die Straferwartung nicht von alleine aus den Anreiz einer Fluchtgefahr. Vielmehr müssten alle sonstigen und individuellen Umstände berücksichtigt werden.

    Zu den Voraussetzungen des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr führt der Senat aus:

    Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO liegt nicht vor. Die bloße Fortwirkung einer früheren Verdunkelungshandlung, die hier im vom Beschuldigten nicht hinreichend erklärten Verschwinden eines gefüllten Plastikmüllsacks im unmittelbaren Zusammenhang mit den Durchsuchungsmaßnahmen am 22. September 2009 erblickt werden könnte, reicht für die Annahme einer noch bestehenden Verdunkelungsgefahr grundsätzlich nicht aus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 112 Rdnr. 35). Die auf bestimmte Tatschen begründete Gefahr zukünftiger Verdunkelungshandlungen ist derzeit nicht ersichtlich. [..]
    Der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO ist ebenfalls nicht gegeben. Eine solche besteht dann, wenn die Würdigung der Umstände des Falles es wahrscheinlicher machen, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde. Dabei erfordert die Beurteilung der Fluchtgefahr die Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Art der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat, seiner Persönlichkeit, seiner Lebensverhältnisse, seines Vorlebens und seines Verhaltens vor und nach der Tat (Meyer-Goßner, a. a. 0., § 112 Rdnrn. 17, 19).“

    Im vorliegenden Fall verfügt der Beschuldigte über „gefestigte soziale Bindungen“ zu seiner Lebensgefährtin und seinem Umfeld. So ist er zwar auf der einen Seite derzeit arbeitslos und lebt von seiner Ehefrau getrennt, anderseits ist er bis 2008 längere Zeit seinem Beruf als Schweißer kontinuierlich nachgegangen. Ferner hat er sowohl zu seinen Verwandten als auch zu seinen minderjährigen Kindern regelmäßig Kontakt. Zwar verfügt er weiterhin über Kontakte zu seinem Heimatland und auch über einen kasachischen Pass, jedoch reicht dies nicht aus, um damit eine Fluchtgefahr zu begründen. Auch die Höhe des Steuerschadens, der sich nach ersten Ermittlungen zwischen 47.000 und 88.000 Euro bewegt, rechtfertigt keine Annahme der Fluchtgefahr.

    Folglich besteht kein Haftgrund, so dass der Haftbefehl nach Auffassung des Senats aufzuheben ist.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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