Strafprozess

  • Der Angeklagte soll nach Überzeugung des Landgerichts Potsdam einem Mitangeklagten durch gefälschte Quittungen, Gerichtsurteilen und sonstigen Schreiben vorgetäuscht haben, dass der Mitangeklagte an zwei Filialen beteiligt sei und hohe Gewinnaussichten habe. Aufgrund dieser Gewinnaussichten soll sich der gutgläubige Mann bei mehreren Bekannten ein Gelddarlehn von insgesamt 100.000 Euro beschafft haben. Mindestens 200.000 Euro soll er dem Angeklagten übergeben haben.

  • Ein Streit kann ein bestandenes Vertrauensverhältnis auflösen.

    Zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main den Angeklagten in einem Strafprozess wegen versuchen Mordes. Die Strafkammer führte strafschärfend an, dass der Angeklagte das besondere Vertrauensverhältnis des ihm einst besonders nahestehenden Opfers ausnutzte. Das Opfer hatte den Angeklagten unter anderem mehrfach bei sich angestellt. Das Landgericht stellte fest, dass das Vertrauensverhältnis, trotz der zwischenzeitlichen Abkühlung des Freundschaftsverhältnisses, weiter bestand.

  • Wird ein Antrag auf ein Glaubwürdigkeitsgutachten wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt, muss grundsätzlich die Bedeutungslosigkeit begründet werden.

    Das Landgericht Freiburg verhandelte im Strafprozess gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der Vergewaltigung.

    Er soll eines Nachts seine Tochter und deren 17-jährige Freundin abgeholt haben, um sie zu seiner geschiedenen Frau zu bringen. Als er die Wohnung erreichte, soll er seine Tochter aus dem Wagen gelassen und gesagt haben, dass er mit ihrer Freundin noch etwas besprechen müsste.

  • Befindet sich eine Waffe in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel, wird die Waffe regelmäßig nicht bei sich geführt.

    Der Angeklagte musste sich vor dem Landgericht Bad Kreuznach unter anderem wegen bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafrechtlich verantworten. Der Angeklagte soll mit seiner mitangeklagten Ehefrau Marihuana in der gemeinsamen 4-Zimmerwohnung gelagert haben. Gleichzeitig lagen in der Wohnung unverschlossen in der Schrankwand mehrere geladene Pistolen und Revolver, für die der Angeklagte, der auch Jäger ist, eine Waffenbesitzkarte besaß. Darüber hinaus lag auf dem Nachttisch eine Pistole. Die Drogen befanden sich jedoch in anderen Räumen der Wohnung.

  • Die Anklage eines eingestellten Verfahrens kann nicht erneut zugelassen werden.

    Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) hatte ein Urteil vom Amtsgericht Sinzig aufgehoben und das Verfahren am 13.10.2012 gemäß § 206a StPO eingestellt. Es fehlte an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss, da der Richter lediglich einen Entwurf bei der Geschäftsstelle anforderte, den Beschluss jedoch nie selbst ausfertigte.

  • Informelle Absprachen abseits von § 257c StPO sind verfassungswidrig.

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) musste sich mit der Verfassungsmäßigkeit von Verständigungen im Strafprozess im Sinne des § 257c StPO beschäftigen. Das Gericht betont erneut, dass die Hauptaufgabe des Strafprozesses die Ermittlung des wahren Sachverhalts sei. Dieser Grundsatz muss auch bei der Absprach nach § 257c StPO eingehalten werden. Das Gericht wird also nicht von seiner Prüfungspflicht entbunden.

  • Nach der Urteilsverkündung kann das fehlende letzte Wort des Angeklagten nicht durch eine erneute Urteilsverkündung geheilt werden.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Wiesbaden unter anderem wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach der Urteilsverkündung bemerkte die Schwurgerichtskammer, dass sie dem Angeklagten das letzte Wort nicht gewährt hatte.

    Gegen den Protest der Strafverteidigung, trat die Kammer erneut in die Hauptverhandlung ein. Es wurden erneut die Schlussvorträge vorgetragen und dem Angeklagten wurde nun das letzte Wort gewährt. Nach weiterer Beratung verkündete die Strafkammer ein weiteres Urteil mit demselben Tenor wie zuvor.

    Die Strafverteidigung wehrt sich mit der Revision gegen beide Urteile.

  • Wiederholt eine Person die Falschbeschuldigung gegenüber einer anderen Polizeidienststelle, so liegt lediglich eine rechtliche Tat vor.

    Der Angeklagte wurde auf offener Straße mit einem Hammer angegriffen. Gegenüber der Polizei teilte der Angeklagte wahrheitswidrig mit, dass er sah, wie der mutmaßliche Täter die Tatwaffe in einen Pritschenwagen legte. Dabei wollte er den Fahrer des Pritschenwagens erkannt haben. Als Motiv hält er einen Auftragsmord von einer weiteren Person für möglich, die möglicherweise als Beifahrer im Fahrzeug saß. Zwar erkannte er den Beifahrer nicht, jedoch hätte die Statur ihm geglichen. Bei einer zweiten Vernehmung, auf einem anderen Polizeipräsidium, wiederholte der Angeklagte den Vorwurf.

  • Das Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren stellt Mindestanforderungen für eine zuverlässige Sachverhaltsaufklärung auf.

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde mit dem Zustandekommen einer Verfahrensabsprache in einem Strafprozess zu befassen. Der Angeklagte wurde wegen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

    Nach dem Beginn der Hauptverhandlung wurde auf Anregung der damaligen Strafverteidigung die Verhandlung für ein „Rechtsgespräch“ unterbrochen. Am Gespräch selbst nahmen der Vorsitzende Richter, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und die Strafverteidigerin teil. Die Schöffen waren nicht anwesend. Als das Verfahren fortgesetzt wurde, trug die Verteidigung des Beschuldigten ein Geständnis des Angeklagten vor. Anschließend plädierte die Strafverteidigung auf zwei Jahre auf Bewährung und die Staatsanwaltschaft auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

    Beide plädierten zusätzlich auf die Aufhebung des Haftbefehls. Nach der Verurteilung des Angeklagten verzichteten beide Parteien auf weitere Rechtsmittel.

    Als der Angeklagte trotzdem die Berufung einlegte, wurde das „Rechtsgespräch“ von den Parteien unterschiedlich beschrieben.

  • Ein Banner bei einem Fußballspiel mit „A.C.A.B.“ kann grundsätzlich eine Beleidigung der anwesenden Polizisten sein.

    Ein Fußballfan hielt im Fanblock des Zweitligisten Karlsruher SC ein großes Banner mit der Abkürzung „A.C.A.B.“ hoch. Die Abkürzung steht für „all cops are bastards“. Das Landgericht Karlsruhe hatte den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen.
    Das Oberlandesgericht Karlsruhe vermisste dagegen eine geschlossene Darstellung der Tatsachen zur objektiven und subjektiven Tatseite und hob den Freispruch auf. Zusätzlich wies das Oberlandesgericht darauf hin, dass für die neue Hauptverhandlung vor allem die Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG beachtet werden müsste. Erlaubt das Banner mehrere Auslegungen, so sei diejenige Auslegung anzunehmen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

    Vor allem muss das Landgericht sich mit der Frage beschäftigen, ob das Banner lediglich ein nicht beleidigungsfähiges unüberschaubares Kollektiv, das die Polizei grundsätzlich ist, anspricht, oder ob eine beleidigungsfähige abgrenzbare Gruppe der Polizei, zum Beispiel die Beamten vor Ort, gemeint ist.

    Grundsätzlich gesteht das OLG Karlsruhe der Abkürzung A.C.A.B. jedoch beleidigenden Charakter zu. Denn die Bezeichnung als „Bastard“ legt einen beleidigenden Charakter im Sinne des § 185 StGB nahe. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Bezeichnung als „Bastard“ nicht als Kritik am Polizeieinsatz gesehen werden könne, da kein Bezug zur polizeilichen Tätigkeit bestünde. Daher liegt der Fall anders, als wenn Polizisten bei einer Verkehrskontrolle als „Wegelagerer“ bezeichnet werden.

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2012, Az.: 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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