Straftäter

  • 2. Strafsenat des BGH, Az.: 2 StR 104/10

    Das LG Meiningen hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Entziehung Minderjähriger jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wandten sich die Angeklagten mit dem Rechtsmittel der Revision.

    Der 2. Strafsenat ist er Ansicht, dass die Revisionen begründet sind, da die Verurteilung der Angeklagten nach dem Qualifikationstatbestand des § 235 Abs. 4 Nr. 2 StGB rechtlich unzutreffend sei. Die Angeklagten hätten sich lediglich wegen Beihilfe zu dem Grundtatbestand des § 235 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Zwar hätten sie mit Bereicherungsabsicht gehandelt, wären jedoch nicht Täter des § 235 Abs. 4 StGB. Zudem habe der Haupttäter lediglich den Grundtatbestand des § 235 Abs. 1 StGB verwirklicht. Die Bereicherungsabsicht nach § 235 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 2 StGB stelle kein besonderes persönliches Merkmal i.S.v. § 28 Abs. 2 StGB dar.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die Strafe des Teilnehmers richtet sich grundsätzlich nach der für die Haupttat geltenden Strafandrohung. § 28 Abs. 2 StGB enthält Ausnahmen von diesem Grundsatz der akzessorischen Teilnehmerhaftung. Die Rechtsprechung ist der Auffassung, dass § 28 Abs. 2 StGB zu einer Tatbestandsverschiebung führt (BGHSt 6, 308, 311; 8, 205, 208, BGH StV 1994, 17; BGH StV 1995, 84). Wenn beim Täter oder Teilnehmer besondere persönliche Merkmale vorliegen, die die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, wird die Strafe demzufolge dem strengeren oder milderen Strafrahmen entnommen. Die Rechtsprechung differenziert zwischen täterbezogenen Umständen, die als besondere persönliche Merkmale nach § 28 StGB behandelt werden und tatbezogenen Merkmalen, für die § 28 StGB nicht gilt. Bei den Merkmalen des § 235 Abs. 4 Nr. 2 StGB handelt es sich nicht um besondere persönliche Merkmale i.S.v. § 28 StGB, sondern um tatbezogene Merkmale, die die akzessorische Haftung des Teilnehmers nicht durchbrechen. Dies hat das LG Meiningen ersichtlich nicht bedacht.

    Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung noch nicht entschieden, ob die Bereicherungsabsicht i.S.v. § 235 Abs. 4 Nr. 2 StGB ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 StGB darstellt. Die Literatur sieht es als tatbezogenes Merkmal, so § 28 StGB keine Anwendung findet (Roxin in LK 11. Aufl. § 28 Rn. 38; Heine in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 28 Rn. 20; Baumann/Weber/Mitsch Strafrecht Allgemeiner Teil 11. Aufl. § 32 Rn. 11; Kühl Strafrecht Allgemeiner Teil 6. Aufl. § 20 Rn. 159; Stratenwerth/Kuhlen Strafrecht Allgemeiner Teil I 5. Aufl. § 12 Rn. 195 ff.; a.A. Hoyer in SK-StGB 6. Aufl. § 28 Rn. 24 ff.). Dieser Auffassung folgt der Senat. Bei der Bereicherungsabsicht als Absichtsmerkmal handelt es sich um eine überschießende Innentendenz, die in der Regel nicht ein besonderes persönliches Merkmal i.S.v. § 28 StGB, sondern ein tatbezogenes Merkmal darstellt. Die Bereicherungsabsicht stellt damit ein verkapptes Element des äußeren Tatgeschehens dar, da sie anstelle eines äußeren Merkmals im Tatbestand erscheint. Durch die bloße Vorverlagerung des Vollendungszeitpunkts kann ein sonst eindeutig tatbezogenes Merkmal (wie die Bereicherung) sich nicht in ein täterbezogenes verwandeln (siehe dazu auch BGHSt 22, 375, 380).“

    Das Urteil des LG Meiningen wurde im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Der Senat hat die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Meiningen zurückverwiesen.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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