Unternehmensstrafrecht

  • Bei Täuschungen beim Aktienverkauf liegt ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB über die komplette Kaufsumme nur vor, wenn das Unternehmen wertlos ist.

    Das Landgericht Köln befand den Angeklagten in 78 Fällen des Betrugs für schuldig. Dagegen richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Ende der 90er Jahre gründete der Angeklagte ein vermögensloses Unternehmen als Alleinaktionär. In der Zeit darauf ließ er über Telefonverkäufer Aktien im Werte von über 8 Millionen Euro an Anleger verkaufen. Im Emissionsprospekt stellte er das Unternehmen als Immobilienunternehmen dar und wies auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hin. Mit dem eingenommenen Geld finanzierte er sein Leben.
    Mehrfach führte der Angeklagte Kapitalerhöhungen durch. Bis zum Jahr 2003 lagen dazu auch Kapitalerhöhungsbeschlüsse der Hauptversammlung vor. Für die Jahre darauf fehlten diese. In das Handelsregister wurde jedoch ausschließlich die erste Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2001 eingetragen.
    Ein operatives Geschäft betrieb der Angeklagte erst ab Mai 2002, nachdem er erkannte, dass die Polizei Ermittlungen gegen ihn führt. Er versuchte mehrfach andere Unternehmen zu übernehmen. Vorher bestand das Unternehmen nur auf dem Papier.
    Der BGH sieht, anders als das Landgericht, einen Vermögensschaden bis März 2003 nicht als nachgewiesen:

    „Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das – täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte – Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl. Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen – wie vorliegend der Fall – nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen, unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.“

    Dazu führt der BGH weiter aus, dass spätestens ab Mai 2002, als der Angeklagte das operative Geschäft aufnahm, das Unternehmen nicht völlig wertlos war. Deswegen kann zumindest nicht das gesamte investierte Geld als Vermögensschaden betrachtet werden. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 14. April 2011, Az.: 2 StR 616/10


  • Es war eine große Überraschung als der deutsche Rapper Bushido sein Praktikum im deutschen Bundestag absolvierte und einen ersten Einblick in die Politik gewährt bekam. Dank der Hilfe vom CDU Parlamentarier Christian Freiherr von Stetten konnte der umstrittene Rapper erste Luft in der deutschen Politik schnappen.

    Nun sind jedoch brisante Details laut Recherchen von „Spiegel TV“ ans Licht gekommen über Christian von Stetten. Dieser soll einen Berliner Unternehmer einen Scheck in Höhe von 37.000 Euro ausgestellt haben, den der dubiose Geschäftsmann im Jahr 2009 bei einer Berliner Sparkasse einreichte.

    Unter anderem wird gegen den Unternehmer, der Kontakte zum kriminellen Milieu pflegen soll, wegen Untreue, Computerbetrug und Urkundenfälschung ermittelt. Auch war der besagte Unternehmer bereits wegen uneidlicher Falschaussage zusammen mit einem Zuhälter im Jahr 2000 angeklagt.

    Bushido hatte vor wenigen Wochen verlauten lassen, dass er Christian von Stetten über gemeinsame Bekannte kennen. Nun werfen solch Aussagen neue Fragen auf.

    ( Quelle: bz online, 24.07.2012 )


  • Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat Anklage gegen einen 47-jährigen Ingenieur und sechs mutmaßliche Komplizen erhoben. Laut Anklage hat der Mann  sich der Untreue und der Bestechlichkeit schuldig gemacht.
    So soll der Ingenieur mit dem Ausbau einer Anlage für regenerative Energie beauftragt gewesen sein. Dabei gehörte es zu seinen Aufgaben, die Vergabe von Aufträgen vorzubereiten und in diesem Rahmen dem Auftraggeber das günstigste Angebot zu empfehlen. Stattdessen habe er dem Auftraggeber aber völlig überteuerte Angebote vorgelegt.
    Dafür verlangte er von den von ihm empfohlenen Unternehmen eine Bezahlung für seine Vermittlungstätigkeit.

    Der Mann wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft.

    ( Quelle: Morgenweb online vom 21.12.2011 )


  • BGH, Beschluss vom 28.09.2011, Az.: 5 StR 343/11

    Das Landgericht Potsdam hat den Angeklagten M verurteilt und gemäß § 73 StGB den Verfall von 60.000 € angeordnet.

    Der BGH hat sich in seinem Beschluss der Schrift des Generalbundesanwalts angeschlossen. Dieser führte aus:

    „1. Der Beschwerdeführer moniert zu Recht, dass den insoweit überaus spärlichen Urteilsgründen bereits nicht zu entnehmen ist, auf welcher Grundlage das Landgericht den für verfallen erklärten Betrag bemessen hat.
    2. Ungeachtet dessen bleibt nach Maßgabe der einschlägigen Feststellungen offen, ob die sichergestellten Gelder überhaupt in einer verfallspezifischen Beziehung zu den vom Landgericht festgestellten und abgeurteilten Taten des Angeklagten stehen (vgl. nur Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73 Rdnr. 6; zum Verhältnis des Verfalls zum erweiterten Verfall jüngst BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – 3 StR 144/11 –), zumal da das Landgericht weitere vergleichbare Rechtsverstöße nach § 154 StPO eingestellt hat (vgl. UA S. 39).
    3. Darüber hinaus ist im Lichte des § 73 Abs. 3 StGB zweifelhaft, ob vermögensabschöpfende Maßnahmen hier tatsächlich gegen den Angeklagten M.     zu richten waren. Vor dem Hintergrund der Feststellungen auf UA S. 17 (‚die der Angeklagte M.     zur Bezahlung seiner Mitarbeiter verwendete‘) und UA S. 29/30 (‚Provision in Höhe von 8 % – wovon 3 % der rechtliche Geschäftsführer bekommen habe und 5 % für die allgemeinen Geschäftskosten […] aufgewendet worden seien‘), der als glaubhaft eingestuften Angaben des Mittäters D.   , wonach „die Provisionsgelder in die Firmenkasse“ geflossen seien (UA S. 31), sowie in Anbetracht der konkreten Abwicklung des Scheinrechnungshandels über die Geschäftskonten der beteiligten Unternehmen spricht vorliegend viel dafür, primär die betroffenen juristischen Personen in die Haftung zu nehmen.
    Ein Zugriff auf das persönliche Vermögen des Angeklagten käme unter solchen Umständen namentlich etwa dann in Betracht, wenn die sichergestellten Geldbeträge ihrerseits aus treuwidrigen Entnahmen (§ 266 StGB) zum Nachteil der vom Angeklagten faktisch geführten Gesellschaften resultierten. Insoweit verlautbaren die Urteilsfeststellungen freilich nichts Näheres. Überdies sind derartige Rechtsverstöße nicht von der Anklage umfasst.“

    Damit stellt der BGH klar, dass ein Verfall nur angeordnet werden kann, wenn die Geldern in einer „verfallspezifischen Beziehung“ zu den abzuurteilenden Taten stehen. Weiterhin muss das Revisionsgericht überprüfen können, wie die Höhe des für verfallen erklärten Betrages berechnet wurde. Daher hat der BGH das Urteil insoweit aufgehoben, als der Verfall angeordnet wurde.


  • Einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft zum Wirtschaftsstrafrecht zufolge sind für 17 Prozent der Mitarbeiter großer Unternehmen in Europa Bestechung und Korruption anerkannte Mittel zur Umsatzsteigerung.  „Spitzenreiter“ sind Griechenland und Russland. In Deutschland sahen nur zwölf Prozent der Mitarbeiter solche Maßnahmen als akzeptabel.
    Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass die Akzeptanz von Korruption mit den Auswirkungen der „Euro-Krise“ zusammenhängt: Je stärker die Betroffenheit, desto größer die Toleranz.

    Bei Mitteln wir Schmiergeldern, Geschenken und Ähnlichen handelt es sich aber nicht um Kavaliersdelikte, sondern um Straftaten. Diese sind zum Teil mit hohen Strafen belegt. Daher ergreifen vor allem in Deutschland immer mehr Unternehmen Gegenmaßnahmen wie zum Beispiel ein Anti-Korruptions-Training. Dabei fanden die Autoren der Studie auch heraus, dass das Rechtsbewusstsein in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch ist. Besonders gering ist dieses in Russland, Tschechien, Kroatien, der Ukraine und Irland. Daneben setzen die Unternehmen auch auf verstärke Überwachung.
    Insgesamt wird das Verhalten nach Angaben der Befragten noch zu selten verfolgt respektive bestraft. Als Grund dafür wurden vor allem die fehlenden Ressourcen der Behörden angegeben.
    ( Quelle: RiskNET online vom 21. Juli 2011 )


  • Eine Diskussion zur Korruption im Wirtschaftsstrafrecht ist entfacht: Ist es eine Straftat, wenn Unternehmen Eintrittskarten zu Konzerten oder Sportveranstaltungen wie Fußballspielen verschenken? Soll deswegen eine Verurteilung wegen Korruption erfolgen?
    Für Aufsehen sorgte vor allem der Prozess um den Ex-Chef der EnBW, welcher Karten für die Fußball-WM 2006 an Politiker verschenkte. Der BGH sah hier keine Korruption und so endete das Verfahren mit einem Freispruch. Allerdings ging aus dem Urteil nicht hervor, worauf die Sponsoren achten müssen, um sich nicht strafbar zu machen.
    Da dies zu Unsicherheiten bei Unternehmen und Sponsoren führte, hat das Innenministerium jetzt einen Leitfaden vorgestellt. Darin wird bestimmt, was sich Unternehmen bei solchen Einladungen zu beachten haben. Zum Beispiel wird darin festgelegt, dass solche Einladungen nur an die Geschäftsanschrift versendet werden sollen und zudem eine präzise Angabe von Art und Umfang der Einladung erforderlich sei. Zudem sollen Tickets nicht an Familienangehörige verschenkt werden.
    Der Leitfaden soll sowohl den Unternehmen helfen, aber auch eine Entscheidungshilfe für die Justiz darstellen.
    ( Quelle: Süddeutsche online vom 25. Juli 2011 )


  • 1. Strafsenat des BGH, Az.: 1 StR 111/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht wegen „Betruges in 102 Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt jeweils in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in zehn Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren“ verurteilt worden. Mit der hiergegen gerichteten Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) kann er einen Teilerfolg erziehen.

    Wie das Landgericht festgestellt hat, war der Angeklagte alleiniger Geschäftsführer der Firma B. GmbH und beschäftigte mehrere Angestellte mit der Firma. Jedoch wurden den Sozialversicherungsträgern sowie dem zuständigen Finanzamt keine Meldung der Arbeitsverhältnisse gemacht. Es wurden vielmehr mit den Arbeitnehmern Werkverträge zum Schein geschlossen und diese als selbstständige Subunternehmer dargestellt.„Durch die pflichtwidrig unterlassenen Meldungen an die Sozialversicherungsträger wurden nach den Feststellungen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.918.546,25 Euro vorenthalten“ heißt es weiter in den Urteilsfeststellungen. Betroffen sind davon nur die Rentenversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Ferner bestand aufgrund der Gehälter der Arbeitnehmer keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse.

    Die unterlassene Meldung an die Sozialversicherungsträger für die Beitragszeiträume zwischen Januar 1996 und Juni 2004 wertet das Landgericht als Betrug i.S.v. § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB. Für den anschließenden Zeitraum bis zum April 2005 wertete das Landgericht das Verhalten des Angeklagten als Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a Abs. 1 StGB in insgesamt zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit demselben gemäß § 266a Abs. 2.

    Während die Feststellungen bezüglich der zehn letzteren Fälle ist die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsgeld nach Ansicht des Strafsenats keiner Bedenken gegenüberstehen tragen die Feststellungen in den Fällen 1 bis 102 keine Verurteilung wegen Betruges. Denn wie der Senat ausführt, erscheint die Täuschung im Sinne des Betruges nach § 263 StGB im konkreten Fall fraglich. Zwar kann das Unterlassen der Meldepflicht durch das Machen von unwahren oder unvollständigen Angaben eine solche darstellen, allerdings nur wenn dies zumindest konkludent gegenüber einem Mitarbeiter einer entsprechenden Einzugsstelle erfolgt.

    So heißt es im Wortlaut des Beschlusses:

    „Eine Täuschung kann in solchen Fällen jedoch nur angenommen werden, wenn durch das Unterlassen der Meldung der Arbeitnehmer gegenüber einem Mitarbeiter einer Einzugsstelle zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht wird, dass keine oder lediglich die gemeldeten Arbeitnehmer tatsächlich bei dem fraglichen Arbeitgeber beschäftigt sind. Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt: „Täuschungen und korrespondierende Irrtümer von Mitarbeitern einer Einzugsstelle durch unrichtige Meldungen über die sozial-versicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern kommen nur in Betracht, wenn und soweit hinsichtlich der beschäftigten Arbeitnehmer Meldungen an diese Einzugsstelle hätten erfolgen müssen (vgl. § 28f, 28i SGB IV). Darauf beschränkt sich der Erklärungswert der Meldungen und die Mitarbeiter der Einzugsstelle machen sich nur insoweit Gedanken über die Geltendmachung von Sozialversicherungsbeiträgen. Falls gegenüber den für beschäftigte Arbeitnehmer zuständigen Einzugsstellen keine Erklärungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern erfolgen, kann bei den Mitarbeitern der zuständigen Einzugsstellen ein Irrtum nur vorliegen, wenn der Arbeitgeber dort erfasst ist (vgl. BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 1; BGHR StGB § 263 Abs 1 Irrtum 5 und 8; BayObLG Beschluss vom 19.03.2002 – 5 St R R 33/02 -; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. Kap. 17 Rn. 52; Fischer StGB 57. Aufl. § 263 StGB Rn. 57; LK/Gribbohm 11. Aufl. § 266a StGB Rn. 115 f.; LK/Tiedemann 11. Aufl. § 263 StGB Rn. 78; Heitmann in Müller-Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 36 Rn. 67).
    Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass im Tatzeitraum einzelne Arbeitnehmer angemeldet waren, weitere vierzig Arbeitnehmer dagegen nicht (UA S. 16). Es bleibt danach offen, an welche Einzugsstelle Meldungen erfolgten (UA S. 16: ‚bei den Sozial-versicherungsträgern gemeldeten Arbeitnehmern’).“

    So hätte es hier im vorliegenden Fall weiterer Feststellungen durch das Landgericht bedurft bezüglich welcher Krankenkassen der Angeklagte die entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Meldungen abgegeben hatte. Weiter ist es entscheidend, ob unter den Krankenkassen, an denen der Angeklagte die Meldung abgegeben hatte, welche von den nicht gemeldeten Arbeitnehmern dabei sind.

    „Sollten sich die für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zu-ständigen Krankenkassen nicht unter den Krankenkassen befinden, gegenüber denen der Angeklagte Meldungen abgab und war die B. GmbH als Arbeitgeber auch nicht aus anderen Gründen bei den für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Krankenkassen erfasst, kommt in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe lediglich eine Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt i.S.v. § 266a Abs. 1 StGB in Betracht.“

    Der Generalbundesanwalt führte diesbezüglich aus, dem sich der Senat anschließt:

    „Hinsichtlich der nicht gemeldeten vierzig Arbeitnehmer beschränken sich die Urteilsgründe darauf, die BKK als zuständige Einzugsstelle zu bezeichnen. Diese rechtliche Bewertung ist nicht durch Tatsachen belegt. Zudem dürfte es angesichts der aus den Urteilsgründen ersichtlichen früheren Beschäftigungsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer ausgeschlossen sein, dass für alle die bezeichnete Krankenkasse zuständig war oder gewesen wäre (vgl. UA S. 16 ff., 73 ff.). Es liegt nahe, dass das Landgericht sich an der Auffangzuständigkeit nach § 28i S. 2 SGB IV i.V.m. §§ 28f Abs. 2 SGB IV, 175 Abs. 3 S. 3 SGB V orientiert hat (vgl. UA S. 15).“

    Insgesamt führen die Rechtsfehler in den Fällen 1 bis 201 der Urteilsgründe dazu, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges aufzuheben sei, was zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs führt.

    Außerdem fügt der Strafsenat noch unter anderem hinzu, dass in der neuen Entscheidung durch das Landgericht auch näher zu prüfen sei, wann das Unternehmen im Handelsregister gelöscht wurde und somit die Beitragspflichten erlöscht sind. Daran schließt sich auch die Beendigung der Tat an, was einen Einfluss auf die Verurteilung im konkreten Fall haben kann:

    „Denn Taten nach § 266a Abs. 1 StGB sind erst beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist (BGHSt 53, 24; wistra 1992, 23). Gleiches gilt bei § 266a Abs. 2 StGB und § 263 StGB in den Fällen des Sozialversicherungsbetruges, bei denen es sich um Erfolgsdelikte handelt. Beendigung ist insoweit erst mit dem vollständigen Eintritt des angestrebten Erfolges gegeben. Die Frage, wann für die einzelnen Taten des vorliegenden Verfahrens Tatbeendigung gegeben ist, ist aber entscheidend dafür, ob und ggfs. in welchem Umfang nach § 55 Abs. 1 StGB zu verfahren ist. Der Generalbundesanwalt hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt: „‚Begangen’ i.S.v. § 55 Abs. 1 S. 1 StGB ist eine Tat erst mit deren Beendigung (Fischer StGB 57. Aufl. § 55 StGB Rn. 7; LK/Rissing-van-Saan 12. Aufl. § 55 StGB Rn. 9 jew. m.w.N. auch zu abweichenden Ansichten). Dies gilt auch für echte Unterlassungsdelikte (Senat BGHR StGB § 55 Abs 1 Begehung 1; zu Dauerdelikten Senat Urteil vom 02.12.2003 – 1 StR 102/03; BGH NJW 1999, 1344).“


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt