Verhaftung & Haft

  • Trotz eines 1993 zweifelsfrei begangenen Mordes an zwei Männern, muss das Landgericht Dresden nun erneut über die Schuld des  Tat entscheiden.
    Der Täter wurde 1994 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und saß daher nun bereits 17 Jahre in Haft. Damals sah das Gericht – bestätigt durch einen Sachverständigen – es als unstreitig an, dass der Mann voll schuldfähig war. Während der Haftzeit allerdings kamen daran Zweifel auf.
    Daraufhin wurde der Mann im letzten Jahr aus der JVA entlassen und in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht.

    In diesem Jahr musste das Landgericht Chemnitz über die Tat erneut urteilen und sprach den Mann wegen Schuldunfähgkeit gemäß § 20 StGB frei, da ihm eine Schizophrenie attestiert wurde. Allerdings wurde die weitere Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Da der Täter  17 Jahre in Haft verbracht hat, stünde ihm grundsätzlich eine Haftentschädigung zu, diese wurde ihm aber verweigert.
    Der BGH hat den Freispruch des Mannes bestätigt, allerdings die Unterbringung durch das Landgericht kritisiert, da keine ausreichende Prüfung erfolgt sein soll.
    Daher hat sich das Landgericht Dresden nun sowohl mit der Frage der Unterbringung als auch der Haftentschädigung zu befassen, auch wenn seit der Tat 17 Jahre vergangen sind.

    (Quelle: taz online vom 03.07.2011)


  • Der wegen gravierender Vergehen im Sexualstrafrecht Vorbestrafte und in Sicherungsverwahrung Untergebrachte wurde im Jahre 1995 vom LG Augsburg wegen Diebstahls in zwei Fällen unter Anwendung von § 55 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen eines weiteren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Zudem wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Bis 1998 verbüßte er die gegen ihn verhängten Freiheitsstrafen. Seit 1998 wird die Sicherungsverwahrung vollzogen.

    Das LG Regensburg erklärte mit Beschluss vom 10.03.2011 die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ab dem 17.05.2011 nach Art 316 e III EGStGB für erledigt und hat weitere Bestimmungen zur Führungsaufsicht getroffen.

    Dagegen wandte sich die Staatsanwaltschaft Augsburg und legte sofortige Beschwerde ein. Dies wurde so begründet, dass bei der Prüfung einer Erledigterklärung nach Art. 316 e III EGStGB nicht nur auf die Anlasstaten, sondern auch auf die Vortaten abgestellt werden müsse. Eine Sicherungsverwahrung könne daher erst dann für erledigt erklärt werden, wenn auch die für ihre Anordnung maßgeblichen Vortaten nicht mehr § 66 StGB in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung unterfallen. Bei einem wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung vorbestraften Untergebrachten sei dies jedoch nicht der Fall.

  • 1. Strafsenat des OLG Oldenburg, Az.: 1 Ws 128/11

    Die Staatsanwaltschaft Oldenburg klagte den Angeschuldigten am AG Jever an,  er habe in der Zeit vom 5. April 2008 bis zum 26. Januar 2010 durch 71 Straftaten, davon in 45 Fällen gemeinschaftlich mit der Mitangeschuldigten G und S handelnd

    1. gewerbsmäßige Betrugshandlungen begangen, wobei es in fünfzehn Fällen beim Versuch blieb
    2. Untreue
    3. gewerbsmäßige Betrugshandlungen in Tateinheit mit Missbrauch von Scheck und Kreditkarten begangen.

    Das AG Oldenburg erließ aufgrund dieser Vorwürfe auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den Angeschuldigten gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO einen Untersuchungshaftbefehl wegen Wiederholungsgefahr. Seit dem 27. September 2010 befindet sich der Angeschuldigte in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2010 hielt das AG Jever den Haftbefehl im Haftprüfungsverfahren aufrecht.

    Der Angeschuldigte legte dagegen Haftbeschwerde ein. Das AG Oldenburg half dieser jedoch  nicht ab. Nach Eingang der Akten beim Landgericht Oldenburg am 24. Februar 2011 hat dieses die Haftbeschwerde als Antrag auf Haftprüfung behandelt und den Haftbefehl aufrechterhalten.

    Hiergegen und gegen den Haftbefehl wendet sich der Angeschuldigte mit der Beschwerde. Das Landgericht half dieser ebenfalls nicht ab und legte diese mit den Akten zur Entscheidung dem OLG Oldenburg vor.

    Vor dem 1. Strafsenat des OLG Oldenburg war die weitere Beschwerde schließlich erfolgreich. Das Gericht hielt die Beschwerde des Angeschuldigten für zulässig und begründet. Der Ablauf des Verfahrens sei mit dem in Haftsachen nach Art. 2 Abs. 2 GG zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatz unvereinbar und daher sei eine weitere Untersuchungshaft auf seiner Grundlage nicht verhältnismäßig.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Das Verfahren ist nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
    Der Haftbefehl vom 22.09.2010 beinhaltet Vorwürfe von Straftaten, die zwischen dem 5. April 2008 und 26. Januar 2010 begangen wurden. Die Anklage vom 27.09.2010, die Anfang Oktober beim AG Jever einging, wurde erst gemäß Verfügung vom 08.11.2010 dem Verteidiger des Angeschuldigten zugestellt. Über eine Zulassung der Anklage ist bis heute, nicht entschieden worden.
    Zwar ist dies hauptsächlich auf den Kompetenzkonflikt zwischen dem AG Jever und dem LG Oldenburg zurückzuführen, der erst am 24.02.2011 durch die Übernahme des Verfahrens durch das LG Oldenburg endete. Das rechtfertigt aber nicht die damit einhergehende Verzögerung in dieser Haftsache.
    Die infolge dieser ungewöhnlichen und langwierigen Verfahrensweise eingetretene erhebliche Verzögerung des Verfahrens widerspricht dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen und darf sich nicht zu Lasten des Angeschuldigten auswirken. Gerichtliche Bemühungen um eine Verfahrensverbindung sind gegenüber dem Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen nachrangig. Der in Untersuchungshaft gehaltene Angeschuldigte hat ein Recht darauf, dass die Haftsache mit größtmöglicher Beschleunigung betrieben wird. Somit müssen die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Dies verlangt der verfassungsrechtlich verankerte Beschleunigungsgrundsatz (BVerfGE 20, 45. 36, 264). An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert (BVerfG StV 2006, 81). Kommt es zu vermeidbaren erheblichen und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen, wobei es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit nicht ankommt, liegt ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG vor (BVerfG NJW 2006, 1336. OLG Nürnberg StV 2011, 39).“

    Aufgrund der erfolgreichen weiteren Beschwerde hob das OLG Oldenburg den Haftbefehl und die Haftfortdauerentscheidung des LG Oldenburg auf und veranlasste die unverzüglich Freilassung des Angeschuldigten aus der U-Haft.


  • AG Wetzlar, Az.: 43 AR – 10/07

    Das AG Frankfurt verurteilte den Verurteilten unter Einbeziehung eines Strafbefehls vom AG Gießen am 28.11.2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten. Diese wurde zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf 2 Jahre ab Rechtskraft festgelegt. Rechtskraft trat am 28.11.2006 ein.
    Das AG Frankfurt gab per Beschluss das Bewährungsverfahren an das AG Wetzlar ab, da der Verurteilte hier wohnhaft war.
    Während der Bewährungszeit beging der Verurteilte im Sommer 2007 weitere Straftaten. Durch Urteil des AG Aschaffenburg vom 29.05.2008 in Verbindung mit dem Urteil des AG Aschaffenburg vom 25.05.2009 (rechtskräftig ab 29.05.2009) wurde der Verurteilte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mir gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt.
    Am 28.10.2009 beantragte die Staatsanwaltschaft Frankfurt beim AG Wetzlar den Widerruf der Bewährung. Am 31.03.2009 teilte das AG Wetzlar der Staatsanwaltschaft gewisse Zweifel an der Zulässigkeit des Widerrufs mit. Die Staatsanwaltschaft war anderer Ansicht und gab am 27.04.2009 bekannt, dass sie dem Verurteilten Haftaufschub bis zum 04.07.2010 gewähren und der Antrag auf Widerruf aufrechterhalten werde.

    Das AG Wetzlar ist der Ansicht, dass der Widerrufsantrag zurückzuweisen sei, da die nötigen Voraussetzungen nach § 56f I Nr. 1 StGB nicht vorliegen würden.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Vorliegend handelt es sich um die Frage, wann aufgrund einer neuen Tat ein Widerruf nach Ablauf der Bewährungszeit zulässig ist. Das Gesetz sieht hierzu keine unmittelbare Regelung vor. Insbesondere ist § 56g II 2 StGB hierfür nicht anwendbar. Diese Norm bezieht sich nämlich auf den Widerruf des Straferlasses und nicht auf den Widerruf der Bewährung nach Ablauf der Bewährungszeit. Auch eine analoge Anwendung kommt nach Ansicht des Gerichts nicht in Betracht (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 10.03.1997, NStZ-RR 1997, 254), da die Voraussetzungen für eine Analogie nicht gegeben sind.

    Ein Widerruf der Bewährung nach Ablauf der Bewährungszeit ist grundsätzlich zulässig. In der Rechtsprechung bestehen aber verschiedene Ansichten, wie lange nach Ablauf der Bewährungszeit bzw. nach rechtskräftiger Entscheidung über die neue Straftat eine Widerrufsentscheidung noch getroffen werden kann, ohne dabei die rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes zu verletzen.

    Die Unverhältnismäßigkeit des Widerrufs ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass der Verurteilte bei Ablauf der Bewährungszeit nicht daraufhingewiesen worden ist, dass zunächst der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens wegen der laut neuer Anklage in der Bewährungszeit begangenen Taten abgewartet werden soll.“


  • Dem Angeklagten wurde mit Beschluss des AG sein früherer Wahlverteidiger gem. § 140 I Nr. 5 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt. Das LG Hannover verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung.

    Hiergegen hat der Angeklagte die Berufung eingelegt. In der Berufungshauptverhandlung ist die Beiordnung des Verteidigers aufgehoben worden. Dies wurde damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 140 I Nr. 5 StPO nicht mehr vorliegen würden, da der Angeklagte, der sich bis dahin in Strafhaft befunden hatte, wieder frei sei. Der Verteidiger setzte die Verteidigung dennoch fort. Die Berufung des Angeklagten hatte keinen Erfolg.

    Der Angeklagte richtet sich nun mit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Verteidigerbestellung.

  • Vor dem Landgericht Hamburg fand ein Prozess um den größten Kokainfund der deutschen Kriminalgeschichte statt. Fahnder hatten im April 2010 1,2 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen gefunden. Es handelte sich hierbei um hochreines Kokain im Wert von ca. 40 Millionen Euro. Die mutmaßlichen Täter hatten es in ausgehöhlten Holzbriketts, bestückt mit 1244 schwarzen Päckchen, in einem Container aus Paraguay versteckt.
    Es handelte sich um insgesamt sechs Angeklagte. Nun wurde gegen den letzten das Urteil gesprochen. Er wurde wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach dem Betäubungsmittelstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Auch die anderen fünf Angeklagten wurden, in teilweise abgetrennten Verfahren, zu  Freiheitsstrafen verurteilt. Der vermeintliche Kopf der Bande wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die anderen zu elf Jahre sechs Monate, vier Jahre sechs Monate, zwei Jahre sechs Monate beziehungsweise acht Jahre Haft.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt vom 18.02.2011, S. 11 )


  • 1. Strafsenat des OLG Nürnberg, Az.: 1 Ws 462/10

    Gegen den Beschuldigten wurde ein Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts und dem Haftgrund der Fluchtgefahr erlassen. Der Beschuldigte wurde in U-Haft verbracht und nach sechs Monaten die Haftfortdauer angeordnet.
    Die 1. Strafkammer hatte die Durchführung der Hauptverhandlung erst für einen Termin fünf Monate nach Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorgesehen.

    Nach Ansicht des 1. Strafsenats des OLG Nürnberg sind die Voraussetzungen für die Anordnung der Fortdauer der U-Haft über sechs Monate hinaus, gem. § 121 Abs. 1 StPO, nicht gegeben. Das Verfahren habe nicht die in Haftsachen gebotene, auf den Freiheitsanspruch gem. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG und Art. 5 Abs. 3 S. 2 MRK beruhende Beschleunigung erfahren.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bei der (Anordnung und) Aufrechterhaltung der U-Haft das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen ständig der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig Verurteilten als Korrektiv entgegengehalten werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Betroffenen und dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch eine maßgebliche Bedeutung zukommt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt insoweit, dass die Dauer der U-Haft nicht außer Verhältnis zur erwarteten Strafe steht und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen (vgl. BVerfG StV 2008, 421).
    Dem trägt die Vorschrift des § l21 Abs. 1 StPO dadurch Rechnung, dass der Vollzug der U-Haft vor dem Ergehen eines Urteils wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden darf, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Die Bestimmung des § 121 Abs. 1 StPO lässt also nur in begrenztem Umfang eine Fortdauer der U-Haft über sechs Monate hinweg zu und ist eng auszulegen (vgl. BVerfGE 20, 45, 50: 36, 264, 271). Kommt es zu sachlich nicht gerechtfertigten und vermeidbaren erheblichen Verfahrensverzögerungen, die der Beschuldigte nicht zu vertreten hat, so steht bereits die Nichtbeachtung des Beschleunigungsgebotes regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der U-Haft entgegen (vgl. BVerfG NJW 2006, 1336 [= StV 2006,148]).“

    Die Beschwerde des Beschuldigten hatte Erfolg. Der 1. Strafsenat hob den Haftbefehl auf.


  • Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)  hat entschieden, dass Amtsgerichte dazu verpflichtet sind, vor der Anordnung von Haft in Fällen internationaler Rechtshilfe, zu prüfen, ob ein Haftgrund und weitere Haftvoraussetzungen vorliegen. Eine reine Feststellung der Personalien reiche nicht aus.

    Nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen ist nur geregelt, dass das Amtsgericht die Personalien zu prüfen sind. Das Oberlandesgericht prüft sodann, ob Haft in angeordnet werden kann. Nach dem Bundesverfassungsgericht sei die Prüfung der Amtsgerichte jedoch zumindest in evidenten Einzelfällen auszuweiten, so dass auch hier Haftgrund und weitere Haftvoraussetzungen geprüft werden müssten. Ansonsten sei die Gefahr zu groß, dass die Festgenommenen zu Unrecht in Haft verbracht würden.
    (Quelle: Bundesverfassungsgericht BvR 1608/07)

  • 2. Strafsenat des BGH, Az. 2 StR 102/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft legte gegen dieses Urteil das Rechtsmittel der Revision zu Ungunsten des Angeklagten ein, die vom Generalbundesanwalt (GBA) teilweise vertreten wurde und über die der Bundesgerichtshof (BGH) nun zu entscheiden hatte.

    Wie der 2. Strafsenat des BGH feststellt, hält der Strafausspruch einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Allerdings hat das Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt insoweit keinen Erfolg, als dass die Revision eine fehlerhafte Anwendung des § 31 BtMG a.F. rügt.

    Auszug aus dem Wortlaut der Entscheidung:

    „Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt (UA 28), dass der Angeklagte in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung „Angaben zu der bisher nicht in diesem Umfang bekannten Rolle des Angeklagten M. bei der Vorbereitung und Planung des Geschäfts“ gemacht hat, was einen weiteren eigenständigen Aufklärungserfolg dokumentiert. In diesem Zusammenhang steht die Erwägung der Revision, der Angeklagte habe mit den Angaben zum Mitangeklagten M. lediglich seinen eigenen Tatbeitrag hinsichtlich der subjektiven Seite herunterspielen wollen, der Anwendung des § 31 BtMG nicht entgegen. Denn § 31 Nr. 1 BtMG setzt keine bestimmte Aufklärungsmotivation voraus, sondern stellt nach seinem Sinn und Zweck allein auf das Vorliegen eines objektiven Aufklärungserfolges ab (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 5; BGH StV 1991, 67; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 149)“

    Ferner wird von der Revision der Staatsanwaltschaft gerügt, dass von der Strafkammer anerkannte Strafmilderungsgründe nicht berücksichtigt wurden. Zwar wurde die Trennung des Angeklagten von seiner Familie durch die Verurteilung einbezogen, jedoch weitere mit diesem Umstand verbundene Haftempfindlichkeiten nicht dargelegt. Allerdings ist diese Trennung die „Folge der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe und als solche kein die Strafe mildernder Gesichtspunkt“.

    Es ist somit nach Ansicht des Senats nicht auszuschließen, dass die Strafe auf fehlerhafte Strafzumessungserwägungen beruht, so dass auf die Revision das Urteil des Landgerichts im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben wird.

  • Der Beschwerdeführer ist Zeuge in einem Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie unter anderem wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gegen die Angeklagten M. und C. vor dem 5. Strafsenat des OLG Frankfurt am Main.

    Als der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vom Vertreter des Generalbundesanwaltes vernommen und ihm die Frage gestellt wurde „Wurden Sie oder Ihre Familie seit Ihren Aussagen bei der Polizei bis heute in Deutschland oder der Türkei von irgendjemandem aufgefordert oder gebeten, nicht oder in einem bestimmten Sinn in dem vorliegenden Strafverfahren auszusagen?“ verweigerte er die Beantwortung dieser Frage, denn eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage würde dazu führen, dass er sich und seine Ehefrau der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt sehe.

    Daraufhin hat das OLG Frankfurt am Main gegen den Beschwerdeführer mit Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 Euro, ersatzweise für je 50 Euro einen Tag Ordnungshaft verhängt und „zur Erzwingung des Zeugnisses Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet“. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und hat mit dieser hinsichtlich der Anordnung der Beugehaft Erfolg.

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