Verkehrsunfall

  • Der Verkehrsunfall in Eppendorf vor knapp 7 Monaten war einer der schlimmsten Unfälle in der jüngeren Vergangenheit von Hamburg. Denn am 12. März fuhr der Angeklagte mit knapp 100 km/h an der Kreuzung der Eppendorfer Landstraße in den Gegenverkehr und berührte anschließend ungebremst das Heck eines VW Golfs. Durch diesen Zusammenprall schleuderte er in eine Menschenmenge, die gerade auf dem Fußgängerweg stand und an der roten Ampel wartete. Bei diesem Unfall starben 4 Menschen und weitere wurden verletzt.

    Später stellte sich heraus, dass der Angeklagte sowohl Spuren eines Medikaments gegen Epilepsie als auch von dem Cannabis Wirkstoff THC in seinem Blut aufwies.

    Während der Hauptverhandlung kamen weitere Informationen zum Vorschein, so wie beispielsweise die Tatsache, dass der Angeklagte bereits früher drei Unfälle mit dem PKW verursache als er aufgrund eines Epilepsie-Anfalls die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor.

    Dessen Strafverteidiger plädiert nun auf Schuldunfähigkeit seines Mandanten. Außerdem erklärte er, sein Mandant sei rechtmäßig gefahren und hätte sich regelmäßig den Kontrollen unterzogen.  Einige Strafverteidiger sehen die Erfolgsaussichten hierfür gegeben. Dann wäre die Strafe zu mildern oder er gar nicht zu belangen.

    Ob es hierzu kommt oder die Richter nicht von der Schuldunfähigkeit zu überzeugen sein werden, wird sich demnächst zeigen.

    ( Quelle: Hamburger Abendblatt, 20.10.2011 )


  • BGH, Beschluss vom 04.05.2011, Az.: 5 StR 65/11

    Das Landgericht Kiel hat den nach einem Verkehrsunfall dauerhaft arbeitsunfähigen Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und das asservierte Tatmesser eingezogen. Gegen die Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
    Die 15 Jahre jüngere Ehefrau des Angeklagten wollte sich seit spätestens Herbst 2008 scheiden lassen. Im August 2009 lerne die Frau das spätere Tatopfer kennen und begann eine Beziehung mit ihm zu führen. Nach einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Frau, nahmen  Polizeibeamte den Mann mit und brachten ihn in die Psychiatrie, wo er stationär behandelt wurde.
    Um das Sorgerecht zu klären, vereinbarte er einige Zeit später einen „Gesprächstermin“ mit seiner Frau. Dazu nahm er ein Küchenmesser mit, welches eine Klingenlänge von ca. 20 cm hatte.
    Als die Frau während des Gesprächs kurz das Zimmer verließ, ging der Angeklagte auf den neuen Mann seiner Frau los. Der Angeklagte hatte mit dem mitgebrachten Messer eine mindestens 25 cm tief in den Oberkörper eindringende Verletzung zugefügt, in deren Folge es zu Verletzungen der Leber, des Dünndarms, der Milzvene und einer Nierenvene sowie der rechten Beckenschlagader kam. Darüber hinaus stach der Angeklagte in die linke Brustseite, was zu einer Verletzung der Lunge führte, und fügte ihm zwei weitere Stichverletzungen im Bereich der Extremitäten zu. Aufgrund der Verletzungen verstarb der Mann am folgenden Morgen im Krankenhaus.

    Das Landgericht bejahte das Merkmal Heimtücke und nach Anhörung eines Sachverständigen die volle Schuldfähigkeit.
    Der BGH sah die Festellungen und Schlussfolgerungen des Landgerichts im Hinblick auf das Mordmerkmal Heimtücke und eine mögliche Schuldunfähgikeit als nicht ausreichend an und gab der Revision insoweit statt:

    „Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist ein Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen, noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet (BGH, Urteil vom 26. November 1986 – 3 StR 372/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 mwN). Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (BGH, Urteil vom 30. Mai 1996 – 4 StR 150/96, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 21 mwN).“

    „Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür ist erforderlich, dass er die Umstände, welche die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH, Urteile vom 26. November 1986 und vom 30. Mai 1996 aaO; BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 – 4 StR 491/04, NStZ 2005, 691 jeweils mwN). Dabei kann die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte (BGH, Urteil vom 13. August 1997 – 3 StR 189/97, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 26 mwN); psychische Ausnahmezustände können auch unterhalb der Schwelle des § 21 StGB der Annahme des Bewusstseins des Ausnutzens entgegenstehen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007  – 5 StR 508/06, NStZ 2007, 330).“

    Daher hängt nach Ansicht des BGH auch hier das Ausnutzen von der Annahme der Schuldfähigkeit ab.
    Das Landgericht ist unter Heranziehung eines Sachverständigen von einem Zustand affektiver Erregung ausgegangen. Allerdings wurde die Schuldunfähigkeit ausgeschlossen, da der Umfang des Affekts nicht ausreichend sei. Insbesondere bezieht sich das Gericht dabei auf das Nachtatverhalten des Angeklagten. Dieser habe das Tatmesser vollständig gereinigt und sich deshalb in einem „klaren Zustand“ befunden.

    Dies sei laut BGH nicht nachvollziehbar. Die Reinigung der Tatwaffe spricht nicht gegen die Schuldunfähigkeit. Vielmehr bedarf das Geschehen erneuter tatrichterlicher Prüfung. Aufgrund der erfolgreichen Revision hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies dieses zur neuen Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts Kiel zurück.


  • Nach dem schweren Autounfall im Hamburger Stadtteil Eppendorf, bei dem vier Menschen ums Leben gekommen sind, hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Verfahren gegen Unfallverursacher Alexander S. eingeleitet. Gegen ihn wird wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung ermittelt.
    Bisher ist er noch nicht zur Tat vernommen worden. Auch die Ergebnisse der Blutanalyse stehen noch aus. Bislang steht nur fest, dass im Urin des Unfallverursachers der Haschisch-Wirkstoff THC nachgewiesen werden konnte.
    Laut Polizei soll er mit „deutlich überhöhter Geschwindigkeit“ über eine rote Ampel gefahren sein, dabei kollidierte er mit einem anderen PKW, überschlug sich und schleuderte in die Gruppe an der Ampel wartender Fußgänger.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt – online vom 15.03.2011 )


  • 4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 413/10

    Das LG Itzehoe hat die Angeklagten jeweils wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen und wegen vorsätzlicher Brandstiftung, darüber hinaus den Angeklagten E. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und den Angeklagten P. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Der Angeklagten E. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, der Angeklagten C. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und der Angeklagten P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Angeklagten erhoben dagegen Revision.

    Der 4. Strafsenat stellte das Verfahren gegen den Angeklagten P. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallorts aus Gründen der Verfahrensökonomie auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Die Urteilsgründe würden das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht belegen.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die vom LG Itzehoe getroffenen Feststellungen ergeben weder, ob der Angeklagte die Kollision mit dem Fahrzeug des Geschädigten unmittelbar während des Unfallgeschehens bemerkte oder erst bei dem späteren Halt an einer Ampel von dem Geschädigten auf den Unfall hingewiesen wurde, noch verhalten sie sich zu der Frage, welche Wegstrecke der Angeklagte bereits zurückgelegt hatte, als er von dem Geschädigten an der Ampel angesprochen wurde. Es bleibt daher die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte noch in Unkenntnis des Unfalls den Unfallort verließ.
    Nicht das Entfernen vom Unfallort selbst erfüllt den Tatbestand, sondern das Entfernen von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat (BGH, Beschluss vom 30. August 1978 – 4 StR 682/77, BGHSt 28, 129, 131). Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das unvorsätzliche Verlassen des Unfallorts nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird (BVerfG, NZV 2007, 368 [BVerfG 19.03.2007 – 2 BvR 2273/06]).“

    Das Urteil des LG Itzehoe wurde im Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten P. dahin geändert, dass die Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort entfällt.


  • Am Amtsgericht Hamburg-Harburg ging der Prozess gegen einen 22-jährigen Mann zu Ende, der den Wagen von Uwe Seeler-Manager Treimetten gerammt hatte, während in selbigen Seeler und Treimetten saßen. Der Angeklagte musste polizeilich vorgeführt werden, da er nicht pünktlich zum Termin erschienen ist. Seiner Einlassung zufolge habe er die Nacht vorher gefeiert und daher verschlafen.
    Ihm wird durch die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, den Wagen von Treimetten mit 220 km/h auf der A7 gerammt zu haben. Zum Unfallzeitpunkt soll er 1,5 Promille Alkoholgehalt im Blut gehabt haben und nicht im Besitz eines Fahrerlaubnis gewesen sein. Der Aufprall auf den Wagen von Treimetten war so stark, dass das Beifahrerfenster heraussprang und nahezu rechtwinklig in der Verankerung hing. Es grenzt an ein Wunder, dass Seeler davon nicht verletzt wurde. Treimetten erlitt durch den Unfall einen Rippenbruch und Verbrennungen am Unterarm. Seeler erlitt eine Platzwunde am Kopf, die sich später entzündete und eine Rückenverletzung, wegen der er operiert werden musste. Zudem ist er auf dem rechten Ohr seit dem Unfall taub.

    Der Angeklagte erklärte im Prozess, dass er sich mit Treimetten auf der A7 ein Rennen geliefert habe. Ferner sei er von Treimetten mehrfach bedrängt worden.  Dies konnte jedoch während der Beweisaufnahme widerlegt werden. Es wurden die Computerchips der Autos ausgewertet, welche die Geschwindigkeit beim Unfall aufgezeichnet hatten. Danach ist Treimetten 79 km/h gefahren, während der Angeklagte mit 220 km/h unterwegs war. Der Wagen von Treimetten wurde durch den Unfall sogar noch auf 90 km/h beschleunigt.

    Der Richter verurteilte den Angeklagten schließlich zu zehn Monaten Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Überdies darf er nicht vor Juli 2013 seinen Führerschein machen.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 15./16.01.2011, S. 11)


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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