Wertersatz

  • BGH, Beschluss vom 22.12.2010, Az.: 2 StR 416/10

    Das Landgericht Darmstadt hat den Angeklagten Y wegen Bestechung in 12 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Mitangeklagte K wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat den Verfall von Wertersatz angeordnet, und zwar gegen den Angeklagten Y in Höhe eines Betrages von 18.220 Euro und gegen den Angeklagten K in Höhe eines Betrages von 110.700 Euro. Darüber hinaus hat es dem Angeklagten Y die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist festgesetzt.

  • Thüringer OLG, Beschluss vom 15.04.2011, Az.: 1 Ws 129/11

    Wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelte die Staatsanwaltschaft Erfurt seit dem 27.11.2009 gegen den Beschuldigten und zwei Mitbeschuldigte.

    Das Amtsgericht Erfurt hat mit Beschluss vom 15.06.2010 gemäß §§ 111b Abs. 2 und Abs. 5, 111d, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 261 Abs. 7, 74c (§§ 261 Abs. 1, 53 StGB) – ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten gemäß § 33 Abs. 4 StPO – zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung des Wertersatzes für den Freistaat Thüringen den dinglichen Arrest in Höhe von 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet und mit weiterem Beschluss vom 15.06.2010 (Az.: 48 Gs 1426/10) in Vollziehung des Arrestes sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen des Beschuldigten, insbesondere aus einer Kontoverbindung in Höhe von 12.000.000,00 EUR gepfändet.
    Gegen den Beschluss durch den der dingliche Arrest in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet worden ist, hat der Beschuldigte Beschwerde eingelegt. Dieser hat das Amtsgericht nicht abgeholfen, sondern sie dem Landgericht Erfurt zur Entscheidung vorgelegt.
    Die Staatsanwaltschaft beantragte nach § 111b Abs. 3 Satz 2 StPO den angeordneten dinglichen Arrest über das Vermögen des Beschuldigten in Höhe von 12.000.000,00 EUR zu verlängern. Hierüber ist noch keine Entscheidung ergangen.
    Das Landgericht Erfurt den angefochtenen Beschluss und die Anordnung des dinglichen Arrestes über 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten aufgehoben.
    Hiergegen wiederum hat die Staatsanwaltschaft Erfurt weitere Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, gemäß § 307 Abs. 2 StPO die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Das Landgericht hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen, allerdings die Vollziehung bis zur Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts über die weitere Beschwerde ausgesetzt.

    Dazu das OLG:

    „Der Auffassung, dass § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur die weitere Beschwerde gegen eine den dinglichen Arrest anordnende oder bestätigende Beschwerdeentscheidung eröffnet (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.11.2007, Az.: 2 Ws 942/07, wistra 2008, 78 ff), nicht aber gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Entscheidung, folgt der Senat nicht.
    Der Wortlaut des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zwingt nicht zu dieser Auslegung. Denn zu der Gesetzesformulierung in Nr.1 und 2 dieser Vorschrift („Wenn die Beschlüsse eine Verhaftung oder eine einstweilige Unterbringung betreffen“) besteht kein entscheidender Unterschied. In den Fällen einer Verhaftung oder einstweiligen Unterbringung ist aber unbestritten, dass jeweils auch die die Haft- oder Unterbringung aufhebende Beschwerdeentscheidung mit der weiteren Beschwerde anfechtbar ist (OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008, Az.: 2 Ws 155/08, StV 2009, 120 ff.). Dass gesetzgeberisches Motiv für die Einführung des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO das besondere Schutzinteresse des Beschuldigten gegenüber ihn erheblich belastenden Vermögensbeschlagnahmen trotz noch fehlenden Tatnachweises war, spricht ebenfalls nicht dafür, der Staatsanwaltschaft die weitere Beschwerde gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Beschwerdeentscheidung zu versagen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber sich nicht mit einer nach Beteiligten oder An- bzw. Nichtanordnung des Arrestes differenzierenden Ausgestaltung der Statthaftigkeit weiterer Beschwerde befasst, sondern allein den Rechtsmittelschutz des von einem Arrest Betroffenen erörtert hat (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 27.11.2008, Az.: 2 Ws 197/08, StV 2009, 122 f.). Hinzu kommt, dass auch die erweiterten Anfechtungsmöglichkeiten von Haft- und Unterbringungsentscheidungen ihren Grund in erster Linie in dem Schutzinteresse des noch nicht verurteilten Beschuldigten gegenüber massiven staatlichen Eingriffen haben. Das besagt aber gerade noch nicht, dass das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde ausschließlich dem Beschuldigten zustehen sollte. Hätte dies dem Willen des Gesetzgebers entsprochen, wäre eine ausdrückliche Regelung zu erwarten gewesen, zumal § 310 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StPO, wie dem Gesetzgeber bei Einführung der Nr. 3 bekannt war, nach allgemeiner Ansicht abweichend ausgelegt werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche einschränkende Absicht des historischen Gesetzgebers lassen sich aber dem Gesetzgebungsverfahren nicht entnehmen. Vor diesem Hintergrund ist aus systematischen Gründen der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der auch gegen die Arrestanordnung aufhebende Beschwerdeentscheidungen eine weitere Beschwerde statthaft ist (OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.05.2007, Az.: Ws 54/07).
    Der Hinweis darauf, dass asymmetrische Anfechtungsmöglichkeiten der StPO auch sonst nicht fremd seien, wie dies etwa die Regelung des § 210 StPO zeige, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn dort ist gerade ausdrücklich und unmissverständlich in § 210 Abs. 1 StPO die Unanfechtbarkeit des Eröffnungsbeschlusses für den Angeklagten als Ausnahmetatbestand geregelt. An einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung einseitiger Anfechtbarkeit fehlt es in § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO jedoch (OLG Hamburg, a.a.O.).“

    Damit bewertet das OLG die zweite Beschwerde der Staatsanwaltschaft als zulässig.

    Auch wenn zunächst eine Beschwerdeentscheidung gegen die Anordnung des dinglichen Arrest ergangen ist, kann die Staatsanwaltschaft eine weitere Beschwerdemöglichkeit zu, sofern die  Voraussetzungen des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO vorliegen. Im vorliegenden Fall war die daher zulässige Beschwerde der Staatsanwaltschaft jedoch unbegründet.


  • Das Landgericht Baden-Baden hat den Angeklagten unter anderem wegen versuchter Erpressung und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem wurden diverse Gegenstände eingezogen und der Verfall von Wertersatz in Höhe von 1490 € angeordnet, §§ 73 ff. StGB.

    Weiter hat das Landgericht wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss eines berauschenden Mittels gemäß § 24a II StVG eine Geldbuße in Höhe von 500 € verhängt und ein Verbot, für die Dauer eines Monats im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen ausgesprochen.

    Dagegen legte der Angeklagte erfolgreich Revision ein.

  • BGH, Beschluss vom 28. Juli 2011, Az.: 4 StR 283/11

    Das Landgericht Essen hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.

    Wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen hat es gegen die Angeklagte unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Entscheidung  ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt.
    Darüber hinaus ist der Verfall von Wertersatz in Höhe von 11.000 Euro angeordnet worden.
    Auf die Revision der Strafverteidigung des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen aufgehoben, soweit der Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

    Dazu der BGH:

    „Die Strafkammer hat sich in den Urteilsgründen mit der Frage, ob die Vollstreckung der beiden – jeweils aussetzungsfähigen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1984 – 5 AR (VS) 20/84, BGHSt 33, 94, 96) – Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten gemäß § 58 Abs. 1, § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nicht befasst. Unabhängig von der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO sind aus materiell-rechtlichen Gründen Ausführungen im Urteil zur Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsgerichtliche Nachprüfung geboten ist (BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2011 – 4 StR 111/11; vom 5. März 1997 – 2 StR 63/97; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1985 – 4 StR 559/85, StV 1986, 58; Urteile vom 21. April 1986 – 2 StR 62/86, NStZ 1986, 374; vom 29. April 1954 – 3 StR 898/53, BGHSt 6, 167, 172). Dies ist hier der Fall, weil angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht so fern liegt, dass eine ausdrückliche Erörterung der Aussetzungsfrage entbehrlich erscheint. Die – von den hier abgeurteilten Taten abgesehen – nur geringfügig strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, mit dem sie sich nach Ansicht des Landgerichts erkennbar von dem von ihr begangenen Unrecht distanziert hat. Ausweislich der Feststellungen ermöglichte sie durch ihre bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens gemachten Angaben erhebliche Ermittlungserfolge, die zur Aufklärung bislang unbekannter Straftaten aus dem Betäubungsmittelbereich führten.“

    Damit legt der BGH fest, dass sich das Gericht mit der Frage der Aussetzung aussetzungsfähiger Strafe befassen muss. Es bedarf dabei einer Erörterung bzw. Begründung, sofern die Gründe nicht direkt ersichtlich sind.


  • 4. Strafsenat des BGH, Az. 4 StR 102/09

    Der Angeklagte hatte zusammen mit dem Mitangeklagten aufgrund eines gemeinsamen Tatplans im Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 20.11.2007 in mindestens 40 Fällen zum gewinnbringenden Weiterverkauf jeweils mindestens 1 kg Marihuana gekauft. Das Rauschgift wurde anschließend zu einem Mindestpreis von 4000 Euro pro kg Marihuana veräußert. Der Angeklagte wurde daraufhin wegen unerlaubten Handelstreiben nach dem BtMG in nicht geringer Menge in 40 Fällen zu einer Gesamtstrafe von 3 Jahren verurteilt.

    Des Weiteren hat das Landgericht Rostock gegen ihn und den nicht revidierenden Mitangeklagten den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 80.000 Euro angeordnet. Begründet wurde dies mit folgender Rechnung: Der Angeklagte und der Mitangeklagte hätten angesichts eines Mindestpreises von 4000 Euro pro kg Marihuana und unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags von 500 Euro pro Kilogramm aus dem gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreiben mit 40 kg Marihuana einen Gesamtbetrag von 160.000 Euro „erlangt“, für das beide nun gesamtschuldnerisch haften würden. Allerdings ist das LG den Angeklagten bereits entgegen gekommen und hat aufgrund der unbilligen Härte gegenüber den jungen Tätern eine gesamtschuldnerische Haftungsbegrenzung auf 80.000 Euro eingeführt. Gegen das Urteil und der Höhe des Verfalls wendet sich der Angeklagte in seiner Revision.

    Der BGH stellt dazu fest:

    ““Erlangt“ im Sinne von §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (BGH NStZ 2003, 198, 199; Senatsbeschluss vom 1. März 2007 – 4 StR 544/06). Bei mehreren Tatbeteiligten am unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die Rauschgifterlöse zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (BGH aaO; vgl. auch BGH NStZ-RR 2007, 121). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08).“

    Das LG hatte die Höhe des durch die Geschäfte und das Handeltreiben mit dem Marihuana entstandenen Erlöses unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages durch Schätzung gemäß § 73b StGB festgestellt. Für die tatsächliche jeweilige Verfügungsgewalt der Tatbeteiligten über die Erlöse aus den Geschäften und der Mitverfügungsgewalt des Angeklagten an diesen Erlösen waren jedoch weder durch die Ermittlungen der Polizei noch durch Zeugenaussagen und Vernehmungen konkrete Anhaltspunkte ersichtlich.

    Daraus lassen sich zwar Feststellungen über das mittäterschaftliche Zusammenwirken des Angeklagten und Mitangeklagten gewinnen und auch als Beweismittel rechtfertigen, jedoch nicht hinsichtlich der vom LG angenommen Gesamtschuldnerischen Haftung aufgrund der Mitverfügungsgewalt. Insbesondere ergibt sich daraus nicht von selbst die vom LG ausgeführte Stellung des Angeklagten als „Großdealer“, zumal der Mitangeklagte ebenfalls einzelne Beschaffungsfahrten auch alleine durchgeführt und selbstständig größere Mengen Rauschgift erworben hat, um es später gewinnbringend zu veräußern.

    Nach Ansicht des BGH ist daher insgesamt gemäß § 357 Satz 1 StPO „die Aufhebung der Verfallsanordnung auch auf den früheren Mitangeklagten D. zu erstrecken (vgl. BGHR StGB § 73 Gewinn 2).


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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