Der Bundestag hat in der letzten Woche weitgreifende Änderungen der Strafprozessordnung verabschiedet. Die Freigabe von Online-Durchsuchung und Staatstrojaner führte verständlicherweise bereits zu einem breiten Medienecho, weniger bekannt dürfte bis dato die erhebliche Ausweitung polizeilicher Befugnisse gegenüber dem unbescholtenen Normalbürger geworden sein, speziell die Beschneidung seiner bisherigen Rechte in Bezug auf die Zeugenvernehmung:
Bisher musste eine Person einer Vorladung der Polizei weder als Zeuge noch als Beschuldigter folgen. Es stand jedem frei, ob er bei der Polizei erscheinen und mit den Beamten sprechen oder gegebenenfalls erst einen Anwalt kontaktieren wollte. Die Handlungsempfehlung ist dabei eindeutig –
Beschuldigte sollten einer Vorladung der Polizei grundsätzlich nie folgen, sondern sich stattdessen den Rat eines Anwalts einholen. Bei Zeugen gibt es ebenfalls etliche Konstellationen, bei denen von einer Aussage ohne Beistand durch einen Anwalt dringend abzuraten ist. Denn in vielen Fällen wurden durch unbedachte Äußerungen aus Zeugen schnell Beschuldigte.
Der Oppenheim-Prozess zählt wohl zu einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Angeklagt sind vier ehemalige Führungspersonen des Bankhauses Sal Oppenheim und ein Immobilienmanager. Vorgeworfen wird ihnen teilweise Untreue (§ 266 StGB) in einem besonders schwerem Fall und teilweise die Beihilfe zur Untreue.
Der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff sollte nun als Zeuge in diesem Strafprozess aussagen. Zur Überraschung der Verfahrensbeteiligten machte Middelhoff jedoch von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. Der Rechtsanwalt Middelhoffs begründete diesen Schritt mit einem aufgetauchten Medienbericht, nach welchem gegen Middelhoff selbst ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppungen (§ 15a InsO) laufen würde. Die Insolvenzverschleppung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Der deutsche Strafprozess lebt vom Unmittelbarkeitsgrundsatz. Dies bedeutet einerseits, dass das Gericht wenn möglich das tatnächste Beweismittel heranziehen muss. Also zum Beispiel die direkte Zeugenbefragung vornimmt statt der Verlesung des Vernehmungsprotokolls der Polizei.
Es bedeutet jedoch auch, dass sich das Gericht unmittelbar selbst einen Eindruck von den Beweismitteln, zu denen auch Zeugen zählen, verschaffen muss. Trotzdem sieht das Strafverfahren einige Ausnahmen von diesem Grundsatz vor.
Vor allem bei Sexualstraftaten, wie der Vergewaltigung (§ 177 StGB) oder sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) entstehen häufig Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen. In diesen Fällen ist vor allem die Glaubhaftigkeit der Aussage des mutmaßlichen Opfers entscheidend, da meist andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.
Der Strafverteidiger des Angeklagten stellte im Prozess wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen Beweisantrag auf Vernehmung zweier Zeugen, die sich zu diesem Zeitpunkt in Polen aufhielten. Das Landgericht lehnte den Beweisantrag ab, da die im Ausland zu ladenden Zeugen zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich gewesen sein sollten und daher die Beweisanträge nach § 244 Abs. 5 StPO abgelehnt werden konnten.
Beruft sich ein Zeuge auf Erinnerungslücken, muss das Landgericht erforschen, ob der Zeuge Fragen bezüglich dieses Themas gezielt vermeiden möchte.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Hagen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Widerstandsunfähigen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach Überzeugung des Landgerichts habe der Angeklagte mit der Lebensgefährtin seines Bruders in ihrem Bett eine DVD geschaut. Als die junge Frau einschlief, vermutlich auch aufgrund einer überdosierten Einnahme von Antidepressiva, soll der Angeklagte sie entkleidet und mit ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen haben. Als die Frau aufwachte, ließ er sofort von ihr ab. Die Frau vertraute sich ihrem Lebensgefährten erst an, als sie erfahren hatte, dass sie schwanger sei.
Dagegen wehrte sich die Strafverteidigung mit der Revision.
1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 1 StR 264/10
Das LG Regensburg hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 20 Fällen, davon in 13 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, in fünf Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern und in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Während der Verhandlungstage vernahm das LG Regensburg die Geschädigte und ließ den Angeklagten jeweils für die Dauer der Vernehmung gemäß § 247 StPO aus dem Sitzungssaal entfernen. An einem Verhandlungstag legte die Verteidigung eine Fotografie vor, welche die Gegebenheiten einer von der Geschädigten in ihrer Vernehmung genannten Örtlichkeit zeigt. In das Protokoll wurde folgendes aufgenommen: „Der Verteidiger des Angeklagten übergab ein Lichtbild über die Örtlichkeiten des Badezimmers. Das Lichtbild wurde von der Kammer, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft, der Sachverständigen, dem Verteidiger und der Zeugin in Augenschein genommen. Die Zeugin äußert sich hierzu.“
Als der Angeklagte wieder in den Sitzungssaal gerufen wurde, hatte ihn der Vorsitzende Richter über die Aussage der Geschädigten informiert. Eine förmliche Augenscheinnahme des Lichtbildes fand nicht statt.
Der Angeklagte wandte sich gegen das Urteil des LG Regensburg mit dem Rechtmittel der Revision.
Die Revision der Strafverteidigung hatte Erfolg, der 1. Strafsenat des BGH hat ihr stattgegeben und das Vorliegendes absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO bejaht. Die durchgeführte Augenscheinsnahme sei vom restriktiv auszulegenden Begriff der Vernehmung i.S.d. § 247 StPO nicht umfasst, so dass entgegen § 230 I StPO ein Teil der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt worden sei.
Aus dem Wortlaut des Beschluss:
„Das Lichtbild wurde förmlich in Augenschein genommen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Lichtbild lediglich, was als Teil der Vernehmung zulässig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2002 – 1 StR 234/02), als Vernehmungsbehelf herangezogen wurde. Das Vorhalten von Urkunden und die Verwendung von Augenscheinsobjekten als Vernehmungsbehelfe im Verlauf einer Zeugenvernehmung hätten keiner Aufnahme in die Sitzungsniederschrift bedurft (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2000 – 1 StR 488/00, NStZ 2001, 262). Hier wird durch die Niederschrift über die Hauptverhandlung jedoch bewiesen (§ 274 StPO), dass eine förmliche Beweisaufnahme stattgefunden hat.
Welche Verfahrensvorgänge vom Begriff der Vernehmung i.S.d. § 247 Satz 1 und 2 StPO erfasst werden, wird vom Gesetz nicht näher bestimmt. Dieser Begriff ist im Regelungszusammenhang der §§ 247, 248 StPO aufgrund der hohen Bedeutung der Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung, die als Anspruch auf rechtliches Gehör und angemessene Verteidigung in Art. 103 Abs. 1 GG sowie durch Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK garantiert wird, restriktiv auszulegen (BGH, Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 21. April 2010 – GSSt 1/09, Rn. 14). Insofern kann die Erhebung eines Sachbeweises, auch wenn dies eng mit der Vernehmung verbunden ist, nicht als Teil der Vernehmung i.S.d. § 247 StPO angesehen werden. Vielmehr ist dies ein Vorgang mit einer selbstständigen verfahrensrechtlichen Bedeutung. Aus diesem Grund war die Augenscheinsnahme in Abwesenheit des Angeklagten vom Beschluss über seine Ausschließung nicht gedeckt. Somit fand ein Teil der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten statt, dessen Anwesenheit das Gesetz vorschreibt.“
Das Urteil auf die Revision des Angeklagten aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG Regensburg zurückverwiesen.
Im Kachelmann-Prozess wird eine Frau, die von der Zeitschrift „Focus“ als neue angebliche Belastungszeugin präsentiert wurde, als Zeugin vernommen. Diese Vernehmung wird in der Schweiz stattfinden. Jedoch darf die Frau nicht durch die deutschen Behörden und die Verteidigung Kachelmanns selbst vernommen werden, sondern nur über den Schweizer Staatsanwalt.
1. Strafsenat des BGH, Az. 1 StR 218/09
Die Angeklagten worden vom Landgericht Landshut wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren bzw. wegen sexueller Nötigung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wanden sich beide Angeklagte mit ihrer Revision, über die der Bundesgerichtshof (BGH) nun zu entscheiden hatte.
Während der Hauptverhandlung hatten beide Angeklagten beantragt, den Vater der Betroffenen als Zeugen zum Beweis der Tatsache zu hören, dass er von der Mutter gegen 5:03 Uhr zu seiner Arbeitsstelle gefahren worden sei und sie daher nicht zu diesem Zeitpunkt am heimischen PC gewesen sein könne.
Das Landgericht lehnte diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, dieses Beweismittel sei völlig ungeeignet, und führte dazu aus: Es widerspreche „der gesicherten Lebenserfahrung, dass der Zeuge im Hinblick auf den langen Zeitablauf und das Fehlen einer früheren Vernehmung noch eine Erinnerung an die präzise zeitliche Einordnung der in sein Wissen gestellten Tatsachen haben könnte“.
In der Revision rügen Beide über Ihre Strafverteidiger daher einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO – mit Erfolg: Nach Auffassung des 1. Strafsenats durfte das LG Landshut mit dieser Begründung die Beweisanträge nicht ablehnen.
So heißt es im Wortlaut des Beschlusses:
„Als völlig ungeeignet im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist ein Beweismittel nur dann einzustufen, wenn das Gericht ohne jede Rücksicht auf das bisher gewonnene Beweisergebnis sagen kann, dass sich mit diesem Beweismittel das im Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nach sicherer Lebenserfahrung nicht wird erzielen lassen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 12 und 15). Die absolute Untauglichkeit muss sich aus dem Beweismittel im Zusammenhang mit der Beweisbehauptung selbst ergeben. Bei der Annahme, die Erhebung eines Beweises erscheine von vornherein gänzlich nutzlos, ist ein strenger Maßstab anzulegen.“
Des Weiteren trifft dieses nur dann zu, wenn Umstände vorliegen, welche eindeutig dagegen sprechen, dass der Zeuge bei seiner Aussage vor Gericht etwas zur Sachaufklärung beitragen könnte. Entscheidend ist hier, ob der Vorgang für den Zeugen bedeutsam gewesen ist oder er sich lediglich auf Erinnerungshilfen stützen kann. Sollte bei dieser Prüfung nur ein geminderter, geringer oder zweifelhafter Beweiswert herauskommen, darf dieser dennoch nicht von vornherein als völlig ungeeignet angesehen werden.
Angesichts dieser Grundsätze gebietet die Annahme des Gerichts, der benannte Zeuge könne sich nicht mehr genau erinnern an den Vorgang, keine ausreichende Grundlage zur Ablehnung des Beweismittels und insbesondere der Begründung des Beweismittels als „völlig ungeeignet“.
Im vorliegenden Fall lag die Tag zum Zeitpunkt der Verhandlung lediglich rund 8 Monate zurück, so dass die Zeitspanne nicht derart lang ist, als dass die Erinnerungen des Zeugen als von vornherein als ausgeschlossen anzusehen wäre. Zudem hatte der Ehemann an diesem Tag Geburtstag, was auch die Mutter bei ihrer Zeugenaussage als Erinnerungsbrücke angab. Des Weiteren ist es auch möglich, den Fahrtenschreiber des Ehemannes auszulesen und so die Erinnerungen aufzufrischen.
Anbetracht dessen ist die Ablehnung des Beweisantrages als „völig ungeeignet“ rechtswidrig
Es ist daher nicht auszuschließen, dass von diesen Festestellungen ausgehend die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme anders beurteilt hätte werden können und dies insgesamt zu einem für den Angeklagten günstigeren Schuldspruch oder zu einer Freisprechung geführt hätte. Aus diesem Grund kann das Urteil auf diesen Verfahrensfehler beruhen. Der Revision war daher erfolgreich und das Verfahren zwecks erneuter Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
3. Strafsenat des BGH Az. 3 StR 451/09
Der Angeklagte war vom Landgericht wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH), mit welcher er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Nach Feststellung des LG hatte der Angeklagte den Transport von 10kg Heroin mittels eines LKWs aus der Türkei nach Deutschland organisiert und plante, dieses gewinnbringend weiter zu verkaufen. Als der Angeklagte mit seinem LKW in K. angekommen war, veranlasste er den Mitangeklagten A, das Betäubungsmittel abzuholen. Kurz nach der Übergabe wurden der Mitangeklagte A, der Fahrer und in etwa zeitgleich auch der Angeklagte sowie Mitangeklagte C. festgenommen.
Im späteren Verfahren hatte sich der Angeklagte dahin eingelassen, dass es sich seiner Meinung nach bei der Ladung um geschmuggelte Antiquitäten handele, „die er für einen erkrankten Bekannten entgegennehmen wolle“. Um dieses zu beweisen, verwies er auf einige Telefonate mit seinen Verwandten in der Türkei. Im Verfahren bzw. der Hauptverhandlung beantragte der Strafverteidiger des Angeklagten sodann die Vernehmung des Neffen des Angeklagten, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Türkei befand und bestätigen sollte, dass es sich hierbei in der Tat lediglich „um einen Freundschaftsdienst im Zusammenhang mit dem Schmuggeln von Antiquitäten“ handele.
Diesen Antrag lehnte die Strafkammer gemäß §244 Abs. 5 S. 2 StPO ohne weitere Begründung mit der Erwägung ab, „auch bei Erwiesenheit der unter Beweis gestellten Tatsache sei kein direkter Schluss darauf möglich, ob der Angeklagte die Tat begangen habe oder nicht“. Auch zwei weitere Anträge der Verteidigung, die die Vernehmung von zwei Zeugen aus der Türkei vorsahen, wurden von der Strafkammer nach §244 Abs. 5 S. 2 StPO abgewiesen, da sie nur mögliche, aber nicht zwingende Schlüsse bezüglich der unter Beweis gestellten Tatsachen hinsichtlich des Freundschaftsdienstes des Angeklagten zuließen.
Der BGH sieht darin keine ausreichende Begründung für die Zurückweisung der drei Beweisanträge und führt dazu aus:
“Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn dessen Anhörung nach pflichtgemäßer Beurteilung des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Ob die Ladung und Vernehmung eines Auslandszeugen geboten ist, richtet sich somit nach der Aufklärungspflicht des Gerichts im Sinne des § 244 Abs. 2 StPO. Bei deren Prüfung hat der Tatrichter namentlich die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen. In diesem Rahmen ist er von dem sonst geltenden Verbot der Beweisantizipation befreit. Daher darf er prognostisch berücksichtigen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu würdigen wären. Kommt er dabei unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse mit rechtsfehlerfreier Begründung zu dem Ergebnis, dass der Zeuge die Beweisbehauptung nicht werde bestätigen können oder dass ein Einfluss der Aussage auf seine – des Tatrichters – Überzeugungsbildung auch dann sicher ausgeschlossen sei, wenn der Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist die Ablehnung des Beweisantrags in aller Regel nicht zu beanstanden (st. Rspr.; s. nur BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 13; BGH NJW 2005, 2322, 2323 m. w. N.).“
Zudem bedarf eine dementsprechende Ablehnung eines solchen Beweisantrages eines Gerichtsbeschlusses nach §244 Abs. 6 StPO mit dazugehöriger Begründung. Damit soll sichergestellt werden, dass der Antragsteller davon unterrichtet wird, wie das Gericht den Antrag bewertet hat, und infolgedessen sich in seiner Verteidigung auf den weiteren Verfahrensgang und den Folgen des Ablehnungsbeschlusses einstellen kann. Des Weiteren wird durch den Ablehnungsbeschluss „dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der tatrichterlichen Entscheidung ermöglicht“.
Die drei Ablehnungsbeschlüsse erfüllen jedoch nicht die genannten Voraussetzungen, wie der 3. Strafsenat des BGH im Folgenden feststellt:
„Diesen Anforderungen werden die genannten Beschlüsse nicht gerecht. Sie enthalten noch nicht einmal im Ansatz eine antizipierende Würdigung des zu erwartenden Beweisergebnisses vor dem Hintergrund der bis dahin erhobenen Beweise. Damit ließen sie zum einen den Antragsteller über die Einschätzung der Strafkammer über die Beweissituation und die insoweit bestehende Verfahrenssituation völlig im Ungewissen. Zum anderen ist dem Senat die rechtliche Nachprüfung dahin verwehrt, ob das Landgericht die Voraussetzungen des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO rechtsfehlerfrei angenommen hat. Auf diese Rechtsprüfung ist der Senat beschränkt; er kann insbesondere die notwendige vorweggenommene Beweiswürdigung des Tatgerichts nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen (BGH NJW 2005, 2322, 2323).“ [..] Es bedarf keiner näheren Betrachtung, ob die Ausführungen des Landgerichts dahin zu verstehen sein könnten, es habe trotz seines ausdrücklichen Hinweises auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in der Sache die Beweisanträge nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO als aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung ablehnen wollen; denn die Beschlüsse genügen auch insoweit den an ihre Begründung zu stellenden Anforderungen nicht (s. hierzu Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 145 m. w. N.).“
Angesichts dieser dargelegten Verfahrensfehler im Sinne des §337 Abs. 1 StPO ist nicht auszuschließen, dass das LG zu einer abweichenden Beweiswürdigung auf Grund der drei erhobenen Beweisanträge und dieser Beweisbehauptungen gelangt wäre, die sich für den Angeklagten bei der Strafzumessung milder ausgewirkt haben könnte. Das Urteil ist insofern aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG zurückzuweisen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner