Angaben bei Feststellungen des Gerichts zu standardisierten Messverfahren unerlässlich

3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm, Az.: III-3 RBs 226/10

Das AG Lübbecke hat den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h und der Inbetriebnahme eines unvorschriftsmäßig ausgerüsteten Fahrzeuges zu einer Geldbuße von 285,- Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat ausgesprochen. Gegen diese Entscheidung ging der Beschwerdeführer mit einer Rechtsbeschwerde vor.

Der 3. Senat für Bußgeldsachen ist der Auffassung, dass die getroffenen Feststellungen des AG Lübbecke und die ihnen zugrunde liegende Beweiswürdigung lückenhaft und widersprüchlich sind. Eine sichere Nachprüfung, ob das AG Lübbecke seine Überzeugung von der Geschwindigkeitsüberschreitung ohne Rechtsfehler gewonnen habe, werde nicht ermöglicht. Das AG Lübbecke habe nicht angeben, ob ein standardisierten Messverfahren durchgeführt worden sei.

Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

„Das vorliegend angewandte ProViDa-System 2000 ist sowohl zur Geschwindigkeits- als auch zur gleichzeitigen Abstandsmessung seit über 10 Jahren in ständigem Gebrauch und als standardisiertes Messverfahren für Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl OLG Köln VRS 97, 442; OLG Celle VRS 77, 464; 81, 210; 92, 435; OLG Braunschweig NZV 1995, 367). Zum Ausgleich systemimmanenter Messungenauigkeiten erfolgt ein Toleranzabzug von 5% von der gemessenen Geschwindigkeit aus (vgl OLG Celle VRS 92, 435 unter Hinweis auf eine gutachterliche Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt vom 31.8.1996).
Aufgrund gerichtsbekannter Mitteilungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt einer dementsprechenden Verfügung des Landesamtes für Polizeiliche Dienste NRW darf das ProViDa-System 2000 im Betrieb mit Motorrädern zurzeit bei Messungen mit Schräglage nicht verwendet werden. Hintergrund dieser Mitteilung ist, dass es bei Kurvenfahrten in Situationen mit extremer Schräglage durch einen verringerten Reifenabrollumfang des messenden Fahrzeuges Messwerte für die Wegstrecke und die Geschwindigkeit systematisch zu groß berechnet werden, wobei zurzeit ungeklärt ist, ob die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten werden.
Daher ist bei Verkehrsüberwachungen mittels Messungen von Motorrädern durch das ProViDa -System nur bei Geradeausfahrten mit aufrechter Position von einem standardisierten Messverfahren auszugehen.“

Der Senat hob das Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG Lübbecke zurück.


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