BGH: Geständnis eines mögl. Geisteskranken reicht nicht

BGH, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 5 StR 226/11

Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten – nach einer Verständigung – wegen schweren Raubes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
In der Revisionsbegründung der Strafverteidigung wurde angeführt, dass der Angeklagte in der polizeilichen Vernehmung angegeben hatte, dass er an Schizophrenie leider und Medikamente benötige.

„Die Aufklärungsrüge ist offensichtlich begründet. Die Strafkammer war nach der letztgenannten Vorschrift wegen der zweifelhaften Schuldfähigkeit des Angeklagten und einer im Raum stehenden Maßregel nach § 63 StGB an einer Verständigung – nicht anders als auch die Staatsanwaltschaft – gehindert. Es musste sich ihr aufgrund der eigenen, in die Anklageschrift aufgenommenen Hinweise des Angeklagten auf eine schwere psychische Erkrankung aufdrängen, ihn zur Frage der Schuldfähigkeit begutachten zu lassen. Dass das Tatbild der dem Angeklagten zur Last gelegten Verbrechen auf den ersten Blick eine Einschränkung seiner Schuldfähigkeit nicht nahelegt, ändert hieran angesichts des begründeten massiven Krankheitsverdachts nichts.

Die Rüge muss angesichts der alleinigen Beweisgrundlage des Geständnisses eines möglicherweise Geisteskranken zur umfassenden Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Das neue Tatgericht wird zu erwägen haben, ob dem Angeklagten ein neuer Verteidiger zu bestellen ist, nachdem der bisherige sich auf die vom Gericht initiierte grob sachwidrige Verständigung eingelassen hat. Die Erwägung, dass der Verteidiger womöglich zum vermeintlich Besten seines Mandanten handeln wollte, indem er ihm einen unbefristeten Freiheitsentzug infolge einer Unterbringung nach § 63 StGB zu ersparen suchte, verbietet sich angesichts der jetzt durchgeführten Revision (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).“

Damit stellt der BGH klar, dass eine Verständigung im vorliegenden Fall nicht möglich war. Das Geständnis des Angeklagten durfte als einziger Beweis nicht verwertet werden.

Die Erkrankung des Angeklagten war in der Anklageschrift genannt und musste vom Gericht beachtet werden. Zumindest hätte das Gericht ein Gutachten zur Schuldfähigkeit einholen müssen.


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