BGH: Zum Erpressungsvorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung

Für den erpresserischen Menschenraub muss der Täter die Bereicherung zu einem Zeitpunkt anstreben, an dem er sich noch dem Geschädigten ermächtigt hat.

Das spätere Tatopfer schoss, weil er zuvor aus der Disco verwiesen wurde, mit einer Gaspistole in die Disco der Angeklagten. Als Folge erlitt einer der Angeklagten Reizungen an den Augen. Mehrere Gäste flohen aus der Gaststätte ohne zu zahlen.

Am nächsten Tag wollte sich der später Geschädigte entschuldigen. Die Angeklagten schlugen ihn jedoch und hielten ihn in der Gaststätte fest. Ebenfalls forderten sie Schadensersatz vom Geschädigten. Zuerst wollten sie 80.000 Euro, dann 50.000 Euro und letztendlich zumindest 10.000 Euro.

Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte die Angeklagten wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts und erstrebt die Verurteilung wegen begangenen erpresserischen Menschenraubes gemäß § 239a StGB und hilfsweise wegen Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB.

Das Landgericht verneinte den Erpressungsvorsatz der Angeklagten damit, dass die Angeklagten davon ausgingen, dass ihnen der Schadensersatz tatsächlich zustehen würde und es damit an der Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung fehle. Jedoch stellt der Bundesgerichtshof (BGH), klar dass der Täter konkrete Vorstellungen von der Forderung haben muss:

Jedoch genügt es für den Erpressungsvorsatz, wenn der Täter es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Nur wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs hat, fehlt es ihm an dem Bewusstsein einer rechtswidrigen Bereicherung (BGH NStZ-RR 1999, 6; StV 2000, 79, 80).

In diesem Fall spricht vieles aber eher gegen eine klare Vorstellung der Täter. Die Täter reduzieren ihren Anspruch schon selbst von 80.000 Euro auf letztendlich 10.000 Euro. Ferner geht das Landgericht davon aus, dass die Angeklagten das Geld nicht vor den Zivilgerichten hätten einklagen können. Ferner kritisiert der BGH, dass es an der konkreten Schadensfeststellung des Landgerichts fehle. Daher mag der BGH nicht ausschließen, dass es bei einer korrekten Würdigung der Umstände zu einer Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gekommen wäre.

Auch bezüglich einer Freiheitsberaubung kritisiert der BGH, dass das Landgericht dies nicht hinreichend berücksichtigte. Hingegen teilt der BGH nicht die Auffassung der Staatsanwaltschaft, dass ein erpresserischer Menschenraub vorläge.

Die Angeklagten wollten die Bereicherung nicht zu einem Zeitpunkt erreichen, bei dem sie noch Gewalt über den Geschädigten hatten. Vielmehr wollten sie ihn lediglich einschüchtern und ihn zu einer späteren Zahlung nach erfolgreicher Freilassung bewegen. Deswegen liegt hier aufgrund des fehlenden zeitlich-funktionalen Zusammenhanges kein erpresserischer Menschenraub vor. Aufgrund des möglichen Erpressungsvorsatzes wird die Sache jedoch zur neuen Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 14. März 2012, Az.: 2 StR 547/11

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