BGH: Zur „laienhaften“ Beweiswürdigung durch das Landgericht

Das Landgericht Köln hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, von denen sechs Monate als vollstreckt gelten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Angeklagten.
Der BGH kritisiert in seinem Beschluss das Urteil des Landgerichts sehr deutlich:

„Die unübersichtliche, zum Teil laienhaft wirkende Beweiswürdigung, mit der sich das Landgericht von der Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich der Vergewaltigungstaten überzeugt hat (UA S. 38 ff.), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dass die Kammer die Aussage der Nebenklägerin, auf die sie sich dabei gestützt hat, als glaubhaft angesehen hat, weil sie detailreich, konstant und widerspruchsfrei ausgesagt habe, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Beweiswürdigung weist insoweit Lücken auf und ist deshalb rechtsfehlerhaft.“

Die Kritik bezieht sich auf die gesamte Beweiswürdigung durch das Landgericht. Der BGH führt weiter aus:

„Als einziges Detail hinsichtlich der „plastischen und anschaulichen Schilderung des Geschehens“ durch die Nebenklägerin führt die Kammer insoweit an, die Nebenklägerin habe im Zusammenhang mit dem zweiten Vergewaltigungsgeschehen den Umstand mitgeteilt, eine Pflanze zertreten zu haben, die der Vermieter ihr und dem Angeklagten zum Einzug geschenkt habe (UA S. 39). Einzel- und Besonderheiten zu den Vergewaltigungsgeschehen werden nicht mitgeteilt. Der (angebliche) Detailreichtum der Aussage der Nebenklägerin ist dadurch nicht belegt.“

„Das Landgericht geht davon aus, dass die Nebenklägerin in allen wesentlichen Punkten konstant ausgesagt habe (UA S. 41). Im Zusammenhang mit dieser Würdigung bleibt allerdings unberücksichtigt, dass die Angaben der Nebenklägerin zur Tathäufigkeit stark voneinander abweichen.“

Der BGH betont, dass das Landgericht im Rahmen des Tatgeschehens lediglich Ausführungen zu einer zertretenen Pflanze macht. Zudem sei vom Landgericht nicht berücksichtigt worden, dass die Aussagen der Nebenklägerin voneinander abweichen.
Wie es zu dieser aufällig unvollständigen Beweiswürdigung kommt, lässt sich nur so erklären, dass das Landgericht der Nebenklägerin detailreiche Aussagen zum Vergewaltigungsgeschehen ersparen wollte. Nun ist diese Überlegung aber „nach hinten los gegangen“, da der BGH das Urteil aufgehoben und an das Landgericht zurück verwiesen hat. Heißt: Die Nebenklägerin muss noch einmal vor Gericht erscheinen.

BGH, Beschluss vom 09.02.2012, Az.: 2 StR 316/11

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