OLG Oldenburg: Zu den Anforderungen an einen Hinweis im Sinne von § 265 I StPO

OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.08.2011, Az.: 1 Ss 136/11

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Brake wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.

In den zwei verbundenen Anklagten wurden dem Anprotokollgeklagten Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung sowie Körperverletzung vorgeworfen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls wurde der rechtliche Hinweis erteilt, dass hinsichtlich beider Anklagen eine Verurteilung „wegen Vollrausches“ in Betracht komme. Allerdings hat das Gericht nicht darauf hingewiesen, dass es die Verurteilung wegen vorsätzlichen Vollrausches in Erwägung ziehe.

Dazu das OLG:

„Dieser [Hinweis] war nicht entbehrlich. Selbst wenn, wie es bei § 323a StGB der Fall ist, beide Schuldformen in demselben Tatbestand erfasst werden, handelt es sich um „andere Strafgesetze“ im Sinne des § 265 Abs. 1 StPO (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 265 Rz. 11). Zieht das Gericht eine Verurteilung wegen Vollrausches in Betracht, dann ist deshalb die Angabe erforderlich, ob diese wegen Vorsatzes oder Fahrlässigkeit erfolgen könnte (vgl. Senatsentscheidung v. 20.10.2009, 1 Ss 143/09, NJW 2009, 3669; OLG Köln, Beschluss v. 18.09.1998, Ss 328/98, NStZ-RR 1998, 370; OLG Stuttgart, Beschluss v. 28.04.2008, 2 Ss 106/08, StV 2008, 626). Der Hinweis auf einen Tatbestand, der sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig verwirklicht werden kann, reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn das Gericht – wie hier – wegen vorsätzlicher Begehungsweise verurteilen will (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.).“

Das OLG stellt klar, dass eine von der Anklage abweichende Ahnung der Tat hier als Vollrausch bei entsprechendem Hinweis an den Angeklagten gemäß § 265 I StPO grundsätzlich möglich ist. Allerdings hätte der Hinweis an den Angeklagten die Angabe enthalten müssen, ob das Gericht eine fahrlässige oder vorsätzliche Begehungsweise in Betracht zieht. Nur so sei dem Angeklagten eine angemessene Strafverteidigung möglich.


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