Überprüfung des Geständnisses nach dessen Widerruf – Absprache („Deal“)

Der Angeklagte war vom LG Hamburg wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Anschließend rügte der Angeklagte die Beweiswürdigung des Gerichtes, so dass der BGH über die vom Angeklagten beantrage Revision zu entscheiden hatte.

Das Hauptargument der erhobenen Verfahrensrüge betrifft das durch den Angeklagten im späteren Verlauf der Verhandlung widerrufene Geständnis, welchem das LG einem „indiziellen Charakter“ zusprach. Jedoch beruhe dieses Aussageverhalten auf der Tatsache, dass die Richter dem Angeklagten im Rahmen eines Verständigungsversuchs für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von 4 Jahren angeboten hatten, nachdem die Lebensgefährtin und die Nebenklägerinnen vernommen worden sind. Dieses Angebot nahm der Angeklagte auch an.

Als der Angeklagte abschließend jedoch einen vom Geständnis abweichenden Tathergang schilderte und das Gericht daraufhin erneut in die Beweisaufnahme eingetreten war, widerrief er seine Aussage. Ferner behauptete er, das Geständnis nur in Erwartung des ihm offerierten (günstigeren) Strafrahmens abgelegt zu haben.

In Folge dessen teilte das Landgericht Hamburg dem Angeklagten mit, dass es „sich an seine Zusage der Strafobergrenze nicht mehr gebunden fühle“ und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Verwertung des später widerrufenen Geständnisses durch das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung ohne Berücksichtigung des Umstandes seiner Abgabe.

Hierzu stellte der BGH fest:

Es liegt indessen auf der Hand, dass in der Zusage der im Vergleich zur letztlich ausgeurteilten Strafe äußerst milden Strafobergrenze und in dem hierdurch ausgelösten Geständnisanreiz die von der Strafkammer vermisste Erklärung für die Abgabe des Geständnisses zu finden sein kann. Dieses Motiv für ein möglicherweise unzutreffendes Geständnis hätte umso mehr deshalb erörtert werden müssen, weil die Schere zwischen der – für sich genommen nicht rechtsfehlerhaft begründeten – verhängten Strafe und der zunächst in Aussicht gestellten Strafobergrenze nicht ohne weiteres erklärlich ist.

Ferner führt der BGH aus, dass die Beweiswürdigung zum Zeitpunkt des Geständnisses bereits weitgehend abgeschlossen war. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass „die Strafkammer zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn sie das denkbare Motiv für ein möglicherweise unzutreffendes Geständnis berücksichtigt hätte“.

Der BGH verweist die Entscheidung daher zurück an eine andere Kammer, welche den Fall erneut zu entscheiden haben wird.  Entscheidend wird hierbei auch die neue Regelung des §257c Abs. 4 S. 3 StPO sein, wonach ein Verwertungsverbot für ein im Rahmen einer fehlgeschlagenen Verständigung abgelegtes Geständnis gilt.

BGH 5 StR 238/09

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