Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen unter 6 Monaten

Az. 4 1 Ss 183/07 (KG Berlin)

Der Angeklagte ist vom AG Tiergarten wegen Diebstahls in mehreren (kleineren) Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen das Urteil richtete sich der Angeklagte in der Revision, in der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, mit Erfolg.

Der Angeklagte war, seitdem er in Deutschland lebt, innerhalb von neun Monaten drei Mal wegen Diebstahls aufgefallen. Der Wert der Diebstahlware bewegte sich in allen drei Fällen weit oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze. Das zuständige AG hatte den Angeklagten daher aufgrund der davon ausgehenden „Warnfunktion“ zu einer kurzen Freiheitsstrafe nach §47 I StGB verurteilt, ohne in der Urteilsbegründung die entsprechenden Gründe für die besondere Bestrafung nach dieser Ausnahmeregelung darzulegen.

Die Tatsache, dass der Angeklagte in kurzer Zeit drei Straftaten begangen hatte, lässt nicht unbedingt eine kurzfristige Freiheitsstrafe statt einer verhängten Geldstrafe zu, wie auch die Generalstaatsanwaltschaft erkannt hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft führt hierzu unter anderem aus:

Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des §47 StGB soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen. Eine Freiheitsstrafe unter 6 Monaten darf daher allein nur dann verhängt werden, wenn aufgrund einer Gesamtwertung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände auf sie nicht verzichtet werden kann. [..] Dabei liegen besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters dann vor, wenn entweder bestimmte Tatsachen die konkrete Tat von dem durchschnittlich gewöhnlich vorkommenden Taten gleicher Art unterschieden oder wenn bestimmte Eigenschaften oder Verhältnisse bei dem Täter einen Unterschied gegen dem durchschnittlichen Täter derartiger strafbarer Handlungen begründen.

Der Angeklagte war im vorliegenden Fall weder vorbestraft, denn die zwei weiteren Straftaten sind zum Zeitpunkt des Urteilspruchs noch nicht abgeurteilt worden, noch sprachen Unrechtgehalt der Tat bzw. die von diesen ausgehenden „kriminelle Energie“ für einen besonderen Umstand im Sinne des §47 I StGB, da sich die Art und Weise der Tatbegehung nicht „von der üblichen Form“ unterschied.

Der 1. Strafsenat des KG Berlin hat der Revision stattgegeben, das Urteil aufgehoben und an eine andere Kammer des Landgerichts Berlin zur neuen Entscheidung über das Strafmaß zurückverwiesen.

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