Zulässigkeit der vorsorglichen Entziehung einer nicht nachgewiesen vorliegenden ausländischen Fahrerlaubnis

5. Strafsenat des OLG Stuttgart, Az.: 5 Ss 471/10

Das AG Stuttgart-Bad Cannstatt verurteilte den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten und setzte die Strafaussetzung zur Bewährung aus. Ferner hat es ihm „die ausländische Fahrerlaubnis, soweit sie ihm inzwischen erteilt wurde“ entzogen. Dagegen legte der Angeklagte Berufung ein.
Das LG Stuttgart verwarf die Berufung als unbegründet und stellte fest, dass der Angeklagte als Pkw-Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl er gewusst habe, dass ihm durch rechtskräftiges Urteil des AG Stuttgart-Bad Cannstatt wegen eines Verkehrsdelikts die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von 8 Monaten für ihre Wiedererteilung angeordnet wurde.

Hiergegen wandte sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Revision.

Der 5. Strafsenat des OLG Stuttgart erachtet die Revision des Angeklagten als teilweise erfolgreich. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richte, sei das Urteil zwar nicht zu beanstanden. Hingegen hätten die angeordneten Fahrerlaubnismaßnahmen keinen Bestand.

Indem das LG lediglich festgestellt habe, dass der Angeklagte über keine deutsche Fahrerlaubnis verfüge und keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob er im Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis sei, habe es seiner Kognitionspflicht aus §§ 244 II, 261 StPO nicht ausreichend genüge getan.

Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

„Für die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach §§ 69 I, 69 b StGB wird vorausgesetzt, dass das Gericht die Feststellung getroffen hat, dass diese Fahrerlaubnis besteht (Fischer, StGB, 57. Auflage, § 69 Rdnr. 3a; Gübner, NJW 2008, 2278). Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird gemäß § 69 a I 3 StGB nur eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung angeordnet. Stellt das Tatgericht fest, dass der Täter eine ausländische Fahrerlaubnis besitzt, ist diese zu entziehen. Die Entziehung hat aber lediglich die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 69 b Abs. 1 StGB). Sofern der ausländische Führerschein von der Behörde eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ausgestellt wurde und der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, wie es beim Angeklagten den Feststellungen des Landgerichts nach der Fall ist, so wird der Führerschein im Urteil eingezogen und an die ausstellende Behörde zurückgesandt (§ 69 b II 1 StGB).
Nach § 261 StPO darf das Gericht eine tatsächliche Voraussetzung eines Straftatbestands sowie einer Vorschrift, die eine Maßregel der Besserung und Sicherung vorsieht, nur dann heranziehen, wenn es davon überzeugt ist, dass sie gegeben ist. Ein bloßer Verdacht reicht dafür nicht aus. Es ist allein Sache des Gesetzgebers, durch die besondere Ausgestaltung von Voraussetzungen der Strafbarkeit oder von Maßregeln der Besserung und Sicherung Ausnahmen hiervon zuzulassen. Dies ist etwa beim Straftatbestand der üblen Nachrede in § 186 StGB in der Form geschehen, dass im Falle des Beweises der Richtigkeit der behaupteten ehrenrührigen Tatsache – und nur in diesem Fall – eine objektive Bedingung der Strafbarkeit entfällt. Eine solche Vorschrift findet sich hier nicht.“

Der Strafsenat hof das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgerichts zurück.


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