Verhalten in Untersuchungshaft (U-Haft)

Die Staatsanwaltschaft beantragt beim zuständigen Ermittlungsrichter einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten, wenn sie diesen einer Straftat für dringend verdächtig hält, ein Haftgrund besteht und der Haftbefehl im Hinblick auf den Tatvorwurf nicht unverhältnismäßig ist — die Sicherung des Verfahrens also nicht durch andere, weniger einschneidende Mittel erreicht werden kann. Haftgrund sind namentlich Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr.

Legt man den Gesetzeswortlaut zugrunde, so klingt dies nach hohen Anforderungen. In der Praxis wird jedoch in Deutschland häufig Gebrauch von dem Instrument der Untersuchungshaft (U-Haft) gemacht.

Deutschland ist führend in der Vollstreckung von Untersuchungshaft und ist einer der wenigen „Rechtsstaaten“, in denen die Dauer der Untersuchungshaft zeitlich nur durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt ist.

Sollten Sie vorläufig oder aufgrund eines Haftbefehls festgenommen werden, sollten Sie unbedingt folgende Grundregeln befolgen

Wichtig ist, dass sie keine Zeit verlieren und auf Ihr Recht bestehen, einen Anwalt zu kontaktieren oder jedenfalls einen Bekannten, der dies für Sie erledigt. Ohne Anwalt sind Sie den Justizbehörden schutzlos ausgeliefert. Der Strafverteidiger kennt die nötigen Schritte, die jetzt eine entscheidende Rolle für Ihre effektive Verteidigung spielen.

Die erste Aufgabe des Strafverteidigers ist es, zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft vorliegen und ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen als die Vollstreckung des Haftbefehls anzuwenden sind. Als einfachstes Mittel kommen hier die Abgabe des Reisepasses mit Meldeauflagen oder konkreter Argumente wie die Zusammengehörigkeit der Familie sowie fehlende Auslandskontakte in Betracht. Aber auch das Angebot der Mitwirkung bei der weiteren Aufklärung kann bereits überzeugen. Allerdings sollten derartige Schritte vorher mit dem Rechtsanwalt abgesprochen werden oder bestenfalls von diesem formuliert und vorgebracht werden. Die Abgabe eines voreiligen Geständnisses, nur um aus der Untersuchungshaft zu kommen, wirkt sich im späteren Verlauf des Verfahrens häufig fatal aus.

Deshalb gilt auch bei der Verhaftung der Grundsatz: Machen Sie keine Aussage vor und während der Untersuchungshaft! Selbst wenn die Polizei oder später die Staatsanwaltschaft den Eindruck vermittelt, eine Aussage sei hilfreich für Sie und würde der „raschen Aufklärung“ dienen, sollten Sie in keinem Fall etwas zu dem Tatvorwurf sagen. Beschränken Sie also Ihre Antworten auf die Angaben zu Ihrer Person. Alles was Sie sagen, kann (und wird!) im späteren Verfahren gegen Sie verwendet werden und lässt sich selbst durch einen versierten Strafverteidiger bei weitem nicht in allen Fällen korrigieren.

Im Übrigen ist es im Prozess bis zur letzten Verhandlung möglich, eine Aussage zu machen und ggf. dann unter Mitwirkung des Verteidigers eine Strafobergrenze auszuhandeln, falls nicht ohnehin ein Freispruch das Ziel ist. Auf Zusagen der Polizei geben Sie bitte nichts: Die Polizei ist nur zuständig für die praktische Durchführung der Ermittlungen und entscheidet nicht über das Urteil in einem etwaigen Prozess; nicht einmal über die Beendigung des Verfahrens. Eine voreilige Aussage hat daher wenig Sinn und kann den Prozess später selten positiv, sondern im Gegenteil oftmals negativ beeinflussen.

Wird der Beschuldigte von der Polizei verhaftet, so wird er spätestens am darauffolgenden Tag dem Haftrichter vorgeführt. Dies ist aber nicht immer der zuständige Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, sondern häufig der (örtlich) nächste Richter. Dieser verkündet lediglich den Haftbefehl und sorgt dafür, dass der Beschuldigte dem zuständigen Haftrichter zugeführt wird. Erst dieser entscheidet dann, ob der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt (§115 Abs. 4 StPO) oder ausgesetzt wird (§120 StPO). Der Haftrichter kann auch den Vollzug vorläufig aussetzen (§116 StPO). An dieser Stelle entscheidet sich also der weitere Ablauf der Untersuchungshaft.

Wenn der Haftbefehl aufgehoben oder ausgesetzt wird, wird der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Das Ermittlungsverfahren wird fortgesetzt. Lediglich der Vollzug der Untersuchungshaft ist beendet oder ausgesetzt. Versucht sich der Beschuldigte dem Strafverfahren zu entziehen oder erfüllt er die ihm auferlegten Auflagen nicht, wird erneut die Untersuchungshaft angeordnet.

Entscheidet sich der Richter für die Aufrechterhaltung des Haftbefehls, kommt der Beschuldigte in die Untersuchungshaft. Hier in Untersuchungshaft ist er zwar von den verurteilten Inhaftierten räumlich getrennt, dem Grunde nach aber vergleichbaren bzw. schlechteren Zuständen ausgesetzt.

Während der Untersuchungshaft ist dem Beschuldigten ein ständiger und persönlicher Kontakt mit seinem Anwalt erlaubt, der nur in besonders schwerwiegenden Fällen kontrolliert werden darf (§148 StPO). Das exakte Vorgehen ist eine Frage des Einzelfalls.

Die Länge der Untersuchungshaft ist abhängig vom konkreten Verfahren und dessen Umfang. Häufig dauert die Untersuchungshaft bis zum weiteren Prozess 6-12 Monate. Eine unzumutbare Verzögerung des Verfahrens mit einer Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr bis zu mehreren Jahren wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrmals höchstrichterlich für verfassungswidrig erklärt. In diesem Fall kann der Strafverteidiger eine Haftbeschwerde einlegen (auch bereits zu Beginn der Verhaftung). Oftmals ist eine solche aber nicht der „klügste“ Schachzug. Denn wird die Haftbeschwerde mangels guter Begründung abgelehnt, kann sich dies negativ auf den weiteren Prozess auswirken und im schlimmsten Fall die „Schuld“ des Beschuldigten durch Entscheidungen der höheren Instanzen „zementieren“. Die Dauer der Untersuchungshaft wird gem. §51 StGB auf eine spätere Geld- oder Freiheitsstrafe angerechnet. Eine Untersuchungshaft im Ausland (mit teilweise noch schlimmeren Zuständen im Gefängnis) wird aufgrund der zusätzlichen Härte teilweise mit einem gewissen Faktor höher angerechnet.

Wird der Untersuchungshäftling im späteren Prozess freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens durch den Richter abgelehnt, besitzt der Beschuldigte einen Anspruch auf Schadensersatz für Schäden, die er durch die Untersuchungshaft oder weiteren Maßnahmen der Strafverfolgung erlitten hat. Gleiches gilt auch, wenn das Strafverfahren eingestellt wird.

Die Höhe und Geltendmachung des Schadensersatzanspruches richtet sich dabei nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG). Wird das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt, muss der Betroffene innerhalb eines Monat einen Antrag auf Feststellung des Anspruches stellen. Wird das Verfahren durch den Richter beendet, wird von Amts wegen der Entschädigungsanspruch geprüft.

Das genaue Vorgehen ist im Einzelfall der Untersuchungshaft und des Haftbefehls oftmals eine Frage des Fingerspitzengefühls und sollte idealerweise durch einen erfahrenen Strafverteidiger begleitet werden. Es ist daher unbedingt sinnvoll, sich bereits bei einem drohenden Haftbefehl an einen Fachanwalt für Strafrecht zu wenden und mit diesem das konkrete Vorgehen zu besprechen.

Haben Sie weitere Fragen zur Untersuchungshaft? Dann kontaktieren Sie uns. Im Falle einer Untersuchungshaft in Hamburg, aber auch weiteren Städten in Deutschland können unsere Mandanten die Kanzlei von Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Böttner über unsere Notrufnummern 24 Stunden am Tag telefonisch erreichen.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass bei Neumandanten vor der Übernahme des Mandats bei einer Untersuchungshaft eine angemessene Vorschusszahlung vor Aufsuchen des Inhaftierten in der JVA üblich ist.

Die aktuelle Rechtsprechung zu den Gründen der Verhaftung und Untersuchungshaft:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Strafverteidiger)

Kanzlei für Strafrecht in Hamburg und Frankfurt am Main und Neumünster | Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht bundesweit.

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