Adhaesionsverfahren und Adhaesionsantrag

Anstelle einer Zivilklage besteht für das Opfer einer Straftat die Möglichkeit, Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche direkt im Strafverfahren geltend zu machen. Dies trifft nicht nur bei Straftaten mit einem Vermögensschaden wie beispielsweise bei Betrug zu, sondern auch bei Eigentumsdelikten (z.B. Diebstahl, Betrug) besteht der Anspruch auf Geldentschädigung für den entstandenen Schaden. Dieser bemisst sich in der Regel an der Höhe des durch die Tat verursachten Vermögensnachteils.

Doch auch in Fällen, in denen das Persönlichkeitsrecht des Opfers verletzt wurde, steht dem Betroffenen ein Anspruch auf „Wiedergutmachung“ zu: Das Schmerzensgeld. Im Gegensatz zum Vermögensschaden lässt sich das Schmerzensgeld nicht kohärent beziffern. Vielmehr orientiert sich die Höhe des Schmerzensgeldes an der konkreten Rechtsverletzung und dessen Ausmaß. Hierbei spielen Faktoren wie Dauer, Schwere der Tat und auch die Wiedergutmachung eine entscheidende Rolle.

Es liegt auf der Hand, dass Beleidigungen oder Körperverletzungen in der breiten Öffentlichkeit mit einhergehender Rufschädigung zu einem höheren Schmerzensgeldanspruch berechtigen als kleinere Straftaten. Das gleiche gilt für Prominente, die in der Regel aufgrund ihrer besonderen Stellung zumeist in einer Abhängigkeit von Image und Tätigkeit in der Öffentlichkeit wie den Medien stehen. Sie können natürlich weitaus mehr Schmerzensgeld verlangen und bekommen teilweise 5- oder gar 6-stellige Beträge vom Gericht zugesprochen.

Ein großer Teil der Adhäsionsverfahren bezieht sich auf Schmerzensgeldansprüche im Rahmen von Sexualdelikten und Körperverletzungsdelikten. Wenn es beispielsweise um den Vorwurf der Vergewaltigung geht, werden auch in Deutschland durchaus Schmerzensgeldansprüche im 5-stelligen Bereich zugesprochen.

Was ist der Sinn und Zweck eines Adhäsionsverfahrens?

Geldentschädigungsansprüche sowie Schmerzensgeld sind zivilrechtliche Ansprüche, die früher nur im Zivilprozess durchgesetzt werden konnten. Das Opfer musste also neben dem strafrechtlichen Prozess noch beim Zivilgericht eine zweite Klage erheben. Dies ist jedoch dem Opfer nicht zuzumuten und auch aus Gründen der Prozesskosten ineffektiv.

Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber dem Opfer das Adhäsionsverfahren (§§ 403 ff. StPO) ermöglicht, in dem Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche dem Strafprozess „angeheftet“ (adhäsion) werden können. Die Richter prüfen also im Rahmen des Strafprozesses diese zivilrechtlichen Ansprüche mit und entscheiden darüber im Urteil (mit).

Dies ist in der Regel schneller als der Weg über die Zivilprozesse und dient dem Rechtschutz der/des Verletzten.

Es sind jedoch einige Punkte zu beachten:

  • Das Adhäsionsverfahren ist nur dann möglich, wenn der Streitgegenstand noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht worden ist.
  • Die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft ist notwendig, im Strafbefehlsverfahren kann kein Adhäsionsantrag gestellt werden.
  • Wenn der Richter an der Schuld des Täters oder dem zivilrechtlichen Anspruch zweifelt, wird regelmäßig das Adhäsionsverfahren abgelehnt (der zivilrechtliche Weg bleibt hiervon unberührt).
  • Das Gericht kann auch von einer Entscheidung absehen, „wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet“ (§ 406 Abs. 1 S. 4 StPO). Dies liegt unter anderem dann vor, wenn das Adhäsionsverfahren den Prozess „erheblich verzögern würde“.

Haben Sie weitere Fragen oder möchten sich über die Möglichkeiten der Geltendmachung von Schmerzensgeld oder Schadensersatz im Strafprozess informieren? Wir beraten und vertreten Sie gerne.

(Einige Weiterführende Informationen zum Adhäsionsverfahren haben wir für in unserem Strafrecht Blog zusammengefasst.)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Strafverteidiger)

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