Im Notfall sind wir 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche für Sie erreichbar. Sollten Sie von einer dieser Maßnahmen betroffen sein, machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch.

Hamburg: 040 18018477
Frankfurt: 069 907272000
Neumünster: 04321 9649670

Medizinstrafrecht Anwalt

Anzeige im Medizinstrafrecht: Was tun?

Wenn Sie als Arzt, Ärztin oder medizinisches Fachpersonal eine Anzeige im Bereich des Medizinstrafrechts erhalten haben – sei es wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug, Bestechlichkeit, Behandlungsfehler oder eines anderen strafrechtlich relevanten Vorwurfs im Gesundheitswesen –, stehen Sie vor einer ernsten und potenziell existenzbedrohenden Situation. In diesem sensiblen Bereich ist es entscheidend, einen Anwalt für Medizinstrafrecht zu beauftragen, der nicht nur juristisch versiert ist, sondern über fundierte Erfahrung im Umgang mit medizinrechtlichen Strafverfahren verfügt. Denn oft geht es nicht nur um strafrechtliche Sanktionen, sondern auch um den Erhalt der ärztlichen Zulassung und der beruflichen Reputation. Auch wenn die Vorwürfe schwer wiegen: Bewahren Sie Ruhe und lassen Sie sich frühzeitig von einem spezialisierten Strafverteidiger im Medizinstrafrecht beraten. Ziel muss es sein, bereits im Ermittlungsverfahren entscheidend Einfluss zu nehmen – idealerweise mit dem Ergebnis einer Verfahrenseinstellung.

Strafe vermeiden:

Eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren ist stets von Vorteil. Vereinbaren Sie noch heute Ihr kostenloses unverbindliches Erstgespräch mit uns.

Was ist Medizinstrafrecht?

Das Medizinstrafrecht – auch Arztstrafrecht genannt – bezeichnet den Teilbereich des Strafrechts, der sich mit strafrechtlich relevanten Handlungen im medizinischen Umfeld befasst. Im Fokus stehen hierbei insbesondere strafbare Verhaltensweisen von Ärzten und medizinischem Fachpersonal im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten, der ärztlichen Abrechnung sowie dem wirtschaftlichen Handeln im Gesundheitswesen. In Deutschland werden jährlich zwischen 1.500 und 3.000 Ermittlungsverfahren gegen Ärzte eingeleitet. Auch wenn der größte Teil dieser Verfahren nach wie vor auf den Verdacht eines Behandlungsfehlers zurückgeht, hat sich das Medizinstrafrecht in den letzten Jahren stark gewandelt. Immer häufiger geraten Mediziner auch aufgrund wirtschaftsbezogener Vorwürfe ins Visier der Strafverfolgungsbehörden. Vor allem das sogenannte Medizinwirtschaftsstrafrecht – also strafrechtliche Verfahren rund um Abrechnungsbetrug, unzulässige Kooperationen, Korruptionsverdacht und Fehlverhalten im Zusammenhang mit gesetzlichen Vorgaben des Gesundheitssystems – hat erheblich an Bedeutung gewonnen. 

Für betroffene Ärzte ist die Konfrontation mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oftmals existenzbedrohend – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. Wer in einer solchen Situation einen erfahrenen Anwalt für Medizinstrafrecht Hamburg an seiner Seite weiß, ist klar im Vorteil. Unsere Kanzlei, Dr. Böttner Rechtsanwälte, ist spezialisiert auf die Verteidigung in medizinrechtlichen Strafverfahren und unterstützt Ärzte bundesweit – diskret, entschlossen und mit der nötigen medizinrechtlichen Expertise. Vertrauen Sie auf die Kompetenz eines erfahrenen Medizinstrafrecht Anwalts, der Ihre Rechte konsequent schützt.

Was sind typische Straftatbestände im Medizinstrafrecht? 

Das Medizinstrafrecht umfasst eine Vielzahl an Delikten, die sowohl das ärztliche Behandlungsverhältnis als auch wirtschaftliche Aspekte im Gesundheitswesen betreffen. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der häufigsten strafrechtlichen Vorwürfe, mit denen Ärzte in der Praxis konfrontiert werden können:

  • Fahrlässige Tötung oder Körperverletzung (§§ 222, 229 StGB)
  • Vorsätzliche Tötung oder Körperverletzung (§§ 212, 223 StGB)
  • Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
  • Sterbehilfe 
  • Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht (§§ 203, 204 StGB)
  • Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB)
  • Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB)
  • Abrechnungsbetrug (§ 263 StGB)
  • Untreue (§ 266 StGB)
  • Korruption

Wann droht Ärzten im Medizinstrafrecht eine Strafe wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) oder fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB)?

Im medizinischen Alltag kann trotz größter Sorgfalt ein Fehler passieren – etwa bei der Diagnose, der Therapie oder der Aufklärung. Kommt es infolge eines solchen Behandlungsfehlers zu einer Gesundheitsschädigung oder gar zum Tod eines Patienten, stehen schnell schwere Vorwürfe im Raum. Die Rede ist dann oft von fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB. Damit diese Straftatbestände im Medizinstrafrecht erfüllt sind, muss ein sogenannter „tatbestandsmäßiger Erfolg“ eintreten, nämlich eine nachweisbare Gesundheitsbeeinträchtigung oder der Tod eines Menschen. Bereits Infektionen, psychische Störungen mit körperlich messbaren Symptomen oder unzureichende Schmerzbehandlungen können hierunter fallen. Auch Strahlenbelastungen wie bei Röntgenuntersuchungen können unter Umständen strafrechtlich relevant sein. Bei der fahrlässigen Tötung liegt der strafbare Erfolg im Tod des Patienten. Gerade im Zusammenhang mit Behandlungsabbrüchen oder unterlassener Hilfeleistung kann hier ein besonders sensibles strafrechtliches Risiko entstehen.

Strafrechtlich entscheidend ist nicht, ob ein medizinischer Eingriff erfolgreich war, sondern ob er nach dem anerkannten ärztlichen Standard durchgeführt wurde. Das heißt: War das Vorgehen eines Arztes aus fachlicher Sicht angemessen? Zur Sorgfaltspflichtverletzung zählen nicht nur klassische Behandlungsfehler, sondern auch organisatorische Mängel, unzureichende Teamabsprachen oder fehlerhafte Aufklärung. Der Maßstab ist der sogenannte Facharztstandard: Wie hätte ein durchschnittlich erfahrener Facharzt in derselben Situation gehandelt?

Nicht jeder Behandlungsfehlschlag ist automatisch strafbar. Komplikationen können selbst bei idealem Vorgehen auftreten – das hat auch der Bundesgerichtshof mehrfach betont. Ärzte haben zudem Therapiefreiheit, das bedeutet sie müssen nicht zwingend die modernste Methode anwenden, solange ihr Vorgehen medizinisch vertretbar ist.

Moderne Medizin ist Teamarbeit – doch Fehler in der Organisation können strafrechtliche Folgen haben. Wird z. B. ein Patient nicht ausreichend überwacht oder ein unerfahrener Arzt nicht richtig angeleitet, kann eine Organisationspflichtverletzung vorliegen. Die Verantwortung liegt dabei häufig beim Chefarzt oder Praxisinhaber. Gleichzeitig gilt der Vertrauensgrundsatz. Jeder Arzt darf hiernach grundsätzlich davon ausgehen, dass Kollegen ihre Aufgaben korrekt erfüllen – es sei denn, es bestehen Zweifel an deren Eignung. Auch dann ist ein Eingreifen Pflicht.

Ja – eine mangelhafte oder unterlassene Patientenaufklärung kann im Medizinstrafrecht schnell zu einer fahrlässigen Körperverletzung führen. Denn ohne eine wirksame Aufklärung ist jede medizinische Maßnahme rechtswidrig – auch wenn sie medizinisch sinnvoll war. Gerade bei unklarer Aufgabenverteilung im Team kann es passieren, dass sich niemand für die Aufklärung zuständig fühlt. Doch auch das Vertrauen darauf, dass der Kollege schon aufgeklärt hat, schützt nicht vor strafrechtlicher Verantwortung.

Damit ein medizinischer Fehler strafrechtlich relevant wird, muss er kausal für den Schaden gewesen sein. Es muss also nachgewiesen werden, dass der Fehler ursächlich für die Gesundheitsbeeinträchtigung oder den Tod war – und dass der Arzt ihn individuell hätte vermeiden können. Dieser sogenannte Kausalitätsnachweis ist besonders anspruchsvoll. Gerade im medizinischen Bereich gibt es oft viele Einflussfaktoren, die eine genaue Zuordnung erschweren. Umso wichtiger ist es, dass Gerichte die realistischen Arbeitsbedingungen in der jeweiligen Klinik oder Praxis berücksichtigen – denn Universitätskliniken mit Spitzenpersonal und Top-Ausstattung bilden nicht die Regel.

Ein bloßer Verdacht genügt nicht. Es muss nahezu zweifelsfrei feststehen, dass ein konkreter Behandlungsfehler ursächlich war – und dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten vermeidbar gewesen wäre. Die Gerichte prüfen dies in zwei Schritten:

  1. War der Schaden bei ordnungsgemäßer Behandlung vermeidbar?
  2. Lag ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang vor – also ein Zusammenhang zwischen dem Verstoß und dem konkreten Schaden?

Besonders problematisch ist dies bei vorerkrankten Patienten, bei denen ein Schaden auch ohne Fehler eingetreten wäre. In solchen Fällen ist die Verteidigung oft besonders aussichtsreich.

Ja – in bestimmten Fällen kann auch eine geringere Lebenserwartung oder vermeidbarer Schmerz strafrechtlich relevant sein. Selbst wenn der Tod nicht ganz hätte verhindert werden können, reicht schon eine messbare Lebensverlängerung – laut BGH mitunter sogar um wenige Stunden – für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Ebenso kann eine unzureichende Schmerztherapie strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie dem Patienten vermeidbares Leid zugefügt hat. Aber: Auch hier muss der Unterschied zwischen tatsächlichem und hypothetischem Verlauf sicher belegt sein.

Nicht jeder ärztliche Fehler zieht eine Strafbarkeit nach sich. Entscheidend ist, ob sich durch den Verstoß genau die Gefahr verwirklicht hat, vor der die ärztliche Pflicht schützen sollte. Dieser sogenannte Schutzzweckzusammenhang stellt sicher, dass ein Arzt nicht für jeden schlechten Verlauf haftet – sondern nur dann, wenn die Pflichtverletzung tatsächlich relevant war.

Ja. Ein Arzt kann strafrechtlich nur verantwortlich gemacht werden, wenn der Schaden objektiv vorhersehbar war. Das bedeutet: Ein gewissenhafter Facharzt hätte zum Zeitpunkt der Entscheidung erkennen können, dass sein Verhalten diesen Schaden zur Folge haben könnte. Ungewöhnliche Krankheitsverläufe oder seltene Komplikationen fallen häufig nicht unter die Vorhersehbarkeit – und schließen somit auch die Strafbarkeit aus.

Auch Patienten tragen Verantwortung – vor allem dann, wenn sie nach Aufklärung bewusst Risiken eingehen. Entscheidet sich ein Patient trotz medizinischer Bedenken für eine riskante Behandlung oder lehnt eine Therapie ab, ist er grundsätzlich selbst für die Folgen verantwortlich. Strafrechtliche Konsequenzen drohen dem Arzt nur dann, wenn er diese Entscheidung ignoriert oder übergeht.

Neben der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung ist auch die persönliche Schuld entscheidend. Ein Arzt haftet nur dann strafrechtlich, wenn er nach seinen individuellen Fähigkeiten zur Einhaltung des medizinischen Standards in der Lage war. Extreme Belastungssituationen – etwa durch Übermüdung, Zeitdruck oder psychische Ausnahmesituationen – können diese persönliche Schuld mindern oder ausschließen. Diese menschlichen Faktoren verdienen frühzeitig Aufmerksamkeit – nicht erst bei der Strafzumessung.

Vorsätzliche Körperverletzung im Medizinstrafrecht: Wann machen sich Ärzte nach § 223 StGB strafbar?

Im Medizinstrafrecht steht der Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 StGB glücklicherweise nur selten im Raum. Denn grundsätzlich handeln Ärzte, um zu heilen – nicht, um zu schaden. Selbst bei schwerwiegenden Behandlungsfehlern fehlt es meist am nötigen Vorsatz. Doch es gibt Ausnahmen, in denen eine strafrechtliche Prüfung unumgänglich wird. Ein häufiger Vorwurf betrifft Fälle, in denen der Patient nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Denn auch ein medizinisch sinnvoller und fachlich korrekt durchgeführter Eingriff gilt rechtlich als Körperverletzung – er ist nur dann nicht strafbar, wenn der Patient wirksam eingewilligt hat. Fehlt diese Einwilligung wegen fehlerhafter Aufklärung, kann aus juristischer Sicht eine vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB vorliegen. Gerade bei komplexen Eingriffen oder Sprachbarrieren stellt sich für die Strafverfolgungsbehörden oft die Frage: Wusste der Arzt um die unzureichende Aufklärung – und nahm er die Verletzung des Patienten billigend in Kauf? In der Praxis halten solche Vorsatzvorwürfe jedoch meist keiner genaueren Prüfung stand.

Ein erfahrener Medizinstrafrecht Anwalt weiß, dass in solchen Fällen Argumente wie die hypothetische Einwilligung oder ein sogenannter Erlaubnistatbestandsirrtum entscheidend für die Verteidigung sind. Beides kann dazu führen, dass dem Arzt kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann.

Nicht jeder ärztliche Behandlungsfehler führt gleich zur Strafbarkeit – und schon gar nicht zum Vorwurf einer vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 StGB. Doch in bestimmten Fällen prüfen Staatsanwaltschaften genau, ob das Verhalten des Arztes tatsächlich noch dem Wohl des Patienten diente – oder ob sachfremde Motive eine Rolle spielten. Laut Bundesgerichtshof kann eine Vorsatzstrafbarkeit dann in Betracht kommen, wenn z. B. persönliche Konflikte, wirtschaftliche Interessen oder bewusstes Wegsehen von untragbaren Zuständen – etwa fehlendem Personal – das ärztliche Handeln beeinflusst haben. Auch öffentlich getätigte Aussagen oder schriftliche Rechtfertigungen des Arztes können Hinweise auf mögliche Beweggründe liefern.

Ein besonders sensibler Bereich betrifft Fälle wie die Organtransplantation. Hier können gezielte Falschangaben gegenüber der Vermittlungsstelle – etwa zur Schwere der Erkrankung – im schlimmsten Fall sogar als versuchte Tötung gewertet werden. Auch wenn Freisprüche in solchen Fällen zeigen, wie hoch die strafrechtlichen Hürden sind, bleibt die mediale und berufliche Belastung für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte enorm.

Im Medizinstrafrecht gilt, wie bereits dargelegt, jeder ärztliche Eingriff zunächst als Körperverletzung – es sei denn, der Patient hat wirksam eingewilligt. Diese Einwilligung setzt jedoch eine ordnungsgemäße Aufklärung über Art, Risiken und Alternativen des Eingriffs voraus. Fehlt diese, kann im schlimmsten Fall der Vorwurf einer vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 StGB im Raum stehen. Doch nicht jeder Aufklärungsfehler führt automatisch zur Strafbarkeit. Voraussetzung für ein Strafverfahren ist regelmäßig, dass dem Arzt vorsätzliches Fehlverhalten vorgeworfen wird – also etwa, dass er bewusst unzureichend aufgeklärt oder sich über den Patientenwillen hinweggesetzt hat. Solche Fälle sind selten, kommen aber etwa bei sachfremden Motiven, Interessenkonflikten oder bewusstem Handeln trotz bekannter Risiken durchaus vor. Neben der Art der Aufklärung – etwa Risiko-, Diagnose- oder therapeutische Aufklärung – spielen auch der Zeitpunkt, die Verständlichkeit (z. B. durch Dolmetscher) sowie die Dokumentation eine große Rolle. Wichtig ist insbesondere, dass ein unterschriebener Bogen kein persönliches Aufklärungsgespräch ersetzt.

Ein zentraler Verteidigungsansatz ist die sogenannte hypothetische Einwilligung: Hätte der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zugestimmt, entfällt regelmäßig der Vorwurf der Strafbarkeit nach § 223 StGB. Auch Irrtümer des Arztes – etwa über den Umfang der Aufklärung oder das Vorliegen einer Einwilligung – können eine Vorsatzstrafbarkeit ausschließen, sofern sie nachvollziehbar sind.

Strafe vermeiden:

Eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren ist stets von Vorteil. Vereinbaren Sie noch heute Ihr kostenloses unverbindliches Erstgespräch mit uns.

Wann ist ein Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 232c Abs. 1 StGB im Medizinstrafrecht strafbar?

Die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB spielt im Medizinstrafrecht eine besondere Rolle – nicht selten wird der Vorwurf von Staatsanwaltschaften als „Auffangtatbestand“ genutzt, wenn sich eine fahrlässige Körperverletzung oder Tötung im Einzelfall nicht sicher nachweisen lässt. Dabei gerät schnell aus dem Blick, dass auch hier klare strafrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. So muss zunächst ein sogenannter Unglücksfall vorliegen – also ein plötzliches Ereignis, das zu akuter Gefahr führt. Viele Krankheiten gelten nicht als solche, es sei denn, sie verschlimmern sich unerwartet dramatisch (z. B. bei schwerer Atemnot oder stechenden Schmerzen). Auch Suizide stellen nach neuerer Rechtsprechung nicht in jedem Fall mehr einen Unglücksfall dar. Ärzte können also nicht pauschal zur Hilfe verpflichtet sein. Zudem muss die unterlassene Hilfe erforderlich, zumutbar und vorsätzlich unterlassen worden sein. Fehlerhafte oder unvollständige medizinische Maßnahmen stellen nicht automatisch eine unterlassene Hilfeleistung dar – solange erkennbar ist, dass der Arzt bemüht war zu helfen. Strafrechtlich relevant wird das Verhalten nur dann, wenn die Hilfe bewusst unterlassen wurde und die Rettungschance real bestanden hätte.

Die Anforderungen an eine zumutbare Hilfeleistung hängen stark vom Einzelfall ab. Es zählt nicht nur das medizinische Wissen, sondern auch der Zustand des Arztes, seine verfügbaren Mittel und eventuelle andere Pflichten. So kann es in seltenen Fällen auch zulässig sein, Hilfe zu verweigern – etwa wenn eine ernsthafte Selbstgefährdung droht oder der Arzt objektiv nicht mehr einsatzfähig ist. Da eine Strafbarkeit gemäß § 323c Abs. 1 StGB nur bei vorsätzlichem Handeln gegeben ist, spielt auch die subjektive Wahrnehmung eine wichtige Rolle: Irrt ein Arzt beispielsweise über die Schwere der Erkrankung oder die Möglichkeit, effektiv einzugreifen, fehlt es in der Regel am Vorsatz – und damit an der Strafbarkeit.

Ärztliche Sterbehilfe im Medizinstrafrecht

Kaum ein Bereich des Medizinstrafrechts bewegt mehr als die Frage nach der strafrechtlichen Bewertung der ärztlichen Sterbehilfe. Obwohl die tatsächliche Zahl der Ermittlungsverfahren in diesem Bereich gering ist, sind die rechtlichen und ethischen Fragen komplex – und die Konsequenzen für Ärzte gravierend. Spätestens seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit von § 217 StGB steht fest: Jeder Mensch hat ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben – unabhängig von Alter, Krankheit oder Lebenssituation. Dieses Recht darf durch staatliche Verbote nicht faktisch ausgehöhlt werden. Gleichzeitig betont das Gericht, dass ein freier Suizidentschluss umfassende Aufklärung, Beratung und die Fähigkeit zu einer unbeeinflussten Entscheidung voraussetzt – ähnlich wie bei einer medizinischen Einwilligung. 

Die juristische Bewertung von Sterbehilfehandlungen ist anspruchsvoll. Der Bundesgerichtshof hat die frühere starre Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe aufgegeben. Heute werden insbesondere Beihilfe zur Selbsttötung, Behandlungsabbruch, indirekte Sterbehilfe oder die Begleitung im Sterben differenziert betrachtet. Für Ärzte ist es daher unerlässlich, jede Handlung am Lebensende rechtlich klar einzuordnen.

Im Medizinstrafrecht gilt die direkte Sterbehilfe – also die gezielte Tötung eines Menschen, etwa durch eine tödliche Injektion – grundsätzlich als strafbar. Das gilt selbst dann, wenn der Patient ausdrücklich darum gebeten hat. § 216 StGB stellt die Tötung auf Verlangen unter Strafe. Auch das Handeln auf Wunsch von Angehörigen oder aufgrund eines vermuteten Patientenwillens bleibt verboten. Doch seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ist die Diskussion in Bewegung geraten. Das Gericht hat betont, dass dieses Grundrecht nicht ausgehöhlt werden darf – auch nicht dadurch, dass einem Menschen die Umsetzung eines frei gebildeten Suizidentschlusses unmöglich gemacht wird. Wo hier künftig die Grenzen verlaufen, ist derzeit juristisch noch offen. Klar ist aber: Wer als Arzt in solchen Ausnahmesituationen handelt, bewegt sich in einem hochsensiblen Grenzbereich und sollte sich rechtlich absichern.

Davon abzugrenzen ist die sogenannte indirekte Sterbehilfe. Hierbei verabreicht ein Arzt beispielsweise ein starkes Schmerzmittel zur Linderung schwerster Leiden – auch wenn dadurch der Tod als unbeabsichtigte, aber in Kauf genommene Nebenfolge eintritt. Laut Bundesgerichtshof ist dieses Vorgehen nicht strafbar, solange die Behandlung dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht. In solchen Fällen überwiegt das Recht auf ein würdevolles, schmerzfreies Sterben die Aussicht auf ein kurzes Weiterleben unter schwersten Qualen.

Die sogenannte Sterbehilfe im eigentlichen Sinn ist ein Sonderfall des Behandlungsabbruchs. Dabei verzichtet der Arzt bewusst auf lebensverlängernde Maßnahmen – etwa künstliche Beatmung oder Ernährung –, weil die medizinische Behandlung als nicht mehr sinnvoll gilt. Diese Form der Hilfe ist nach geltender Rechtslage nicht strafbar, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Voraussetzung ist, dass der Patient sich im unmittelbaren Sterbeprozess befindet, also sein Leiden irreversibel ist und der Tod innerhalb kurzer Zeit – meist innerhalb weniger Tage – eintreten wird. In dieser Phase darf sich die ärztliche Hilfe auf das Begleiten beim Sterben beschränken, ohne aktiv weiter in den Verlauf einzugreifen.

Ein Behandlungsabbruch ist nicht automatisch strafbar – selbst dann nicht, wenn der Sterbeprozess noch nicht unwiderruflich eingesetzt hat. Entscheidend ist in solchen Fällen immer der Wille des Patienten. Verlangt ein einwilligungsfähiger Patient ausdrücklich die Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen, darf der Arzt diesem Wunsch folgen. Eine Fortsetzung der Behandlung gegen den Willen wäre sogar eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung. Anders liegt der Fall, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar oder nicht einwilligungsfähig ist. In solchen Situationen kommt einer Patientenverfügung zentrale Bedeutung zu. Diese muss klar und konkret formuliert sein – allgemeine Aussagen wie „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ reichen nach der Rechtsprechung nicht aus. Der gesetzliche Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte muss dann prüfen, ob die Verfügung auf die aktuelle Situation zutrifft und dem Willen des Patienten noch entspricht. Fehlt eine eindeutige Patientenverfügung, ist auf den mutmaßlichen Willen des Patienten abzustellen. Dabei sind frühere Äußerungen, persönliche Überzeugungen oder religiöse Werte zu berücksichtigen. Besteht zwischen Arzt und Vertreter Uneinigkeit, ist das Betreuungsgericht einzuschalten. Sind sich beide Seiten jedoch einig, ist keine gerichtliche Genehmigung nötig.

Unabhängig von allen juristischen Abgrenzungen rund um die Sterbehilfe ist eine Aufgabe des Arztes im Medizinstrafrecht völlig unumstritten: die Hilfe im Sterben. Sie umfasst die pflegerische und menschliche Begleitung eines Patienten in der letzten Lebensphase – und darf nicht mit aktiver Sterbehilfe verwechselt werden. Zur Hilfe im Sterben gehört vor allem die Sicherstellung einer menschenwürdigen Betreuung. Hierzu zählen Schmerz- und Symptombehandlung, Linderung von Atemnot oder Übelkeit, liebevolle Zuwendung, Körperpflege und – soweit möglich – das Stillen von Hunger und Durst. Diese Grundversorgung bleibt fester Bestandteil ärztlicher Verantwortung bis zum Lebensende. Auch wenn die Hilfe im Sterben rechtlich nicht strafbar ist, kann sie im Rahmen von Ermittlungsverfahren eine Rolle spielen – etwa wenn Angehörige ein Missverständnis zwischen Begleitung und aktiver Sterbehilfe vermuten. 

Die Beihilfe zur Selbsttötung ist im deutschen Strafrecht grundsätzlich nicht strafbar – denn der Suizid selbst ist keine Straftat, und somit fehlt es an einer „Haupttat“. Für Ärzte ergibt sich die strafrechtliche Herausforderung häufig erst dann, wenn sie Betäubungsmittel zur Suiziddurchführung verschreiben oder bereitstellen. Solche Handlungen können theoretisch gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit von § 217 StGB hat sich die rechtliche Bewertung jedoch verändert. Das Gericht stellt klar: Ein freiverantwortlicher Suizid gehört zur geschützten Selbstbestimmung. Damit wird auch die Verschreibung entsprechender Medikamente im Rahmen einer informierten Entscheidung des Patienten nicht automatisch strafbar – sie kann sogar durch das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben gedeckt sein. Frühere Entscheidungen, die noch von einer Hilfspflicht des Arztes gegenüber bewusstlosen Suizidpatienten ausgingen, gelten heute als überholt. Nach heutiger Rechtsprechung besteht keine strafrechtliche Pflicht zur Lebensrettung, wenn der Suizidentschluss eindeutig, eigenverantwortlich und frei von äußeren Zwängen getroffen wurde.

Wann macht sich ein Arzt wegen Verletzung der Schweigepflicht im Rahmen des Medizinstrafrechts strafbar?

Die ärztliche Schweigepflicht ist das Fundament jeder medizinischen Behandlung. Nur wenn Patientinnen und Patienten darauf vertrauen können, dass ihre persönlichen Informationen vertraulich behandelt werden, ist eine offene Kommunikation möglich. Deshalb ist die Schweigepflicht nicht nur berufsethisch, sondern auch strafrechtlich streng geschützt – durch § 203 StGB. Strafverfahren wegen Verletzung der Schweigepflicht sind zwar selten, doch sie können erhebliche Folgen für die ärztliche Karriere haben. Das Gesetz erfasst nicht nur Ärzte selbst, sondern auch mitwirkende Personen wie Sprechstundenhilfen, IT-Dienstleister oder Abrechnungsstellen. Schon die Weitergabe von Informationen wie dem Namen des Patienten oder dem bloßen Umstand der Behandlung kann strafbar sein – sofern keine ausdrückliche, konkludente oder mutmaßliche Einwilligung des Patienten vorliegt. Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber Angehörigen und über den Tod hinaus. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei rechtfertigendem Notstand (§ 34 StGB) oder spezialgesetzlichen Offenbarungspflichten – kann eine Offenbarung zulässig sein. Besonders heikel wird es, wenn Informationen an Dritte wie private Abrechnungsstellen oder Versicherungen weitergeleitet werden – hier greift nicht automatisch eine stillschweigende Einwilligung.

Wann macht sich ein Arzt wegen unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 StGB strafbar?

Das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse ist in § 278 StGB unter Strafe gestellt – ein Straftatbestand, der in der Vergangenheit selten zur Anwendung kam, aber spätestens seit der Corona-Pandemie deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Besonders Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht haben in vielen Fällen staatsanwaltliche Ermittlungen ausgelöst. § 278 StGB richtet sich ausschließlich an Medizinalpersonen – also an Ärzte, Psychotherapeuten, Hebammen, Heilpraktiker oder Pflegekräfte mit gesetzlich geregelter Zulassung. Bestraft wird nicht die Fälschung selbst, sondern das bewusste Ausstellen inhaltsfalscher, aber formal echter Gesundheitszeugnisse – eine sogenannte „schriftliche Lüge“. Dazu zählen etwa Krankschreibungen, Impfpässe, Atteste über Arbeitsunfähigkeit oder gutachtliche Stellungnahmen zum Gesundheitszustand. Bereits die Ausstellung ohne vorherige Untersuchung kann nach der Rechtsprechung als unwahr gelten. Entscheidend ist, dass der Aussteller wider besseres Wissen handelt – also weiß, dass die Angaben nicht zutreffen. Ein Verstoß liegt schon dann vor, wenn das Zeugnis zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherung bestimmt ist – etwa zur Vorlage bei Arbeitgebern oder Krankenkassen. Nicht erfasst sind dagegen einfache Patientenunterlagen oder Dokumente für medizinische Qualitätssicherung.

Wann wird Information zur Abtreibung zur strafbaren Werbung für den Schwangerschaftsabbruch nach § 219a StGB?

Während Strafverfahren wegen des Schwangerschaftsabbruchs nach § 218 StGB in der Praxis selten sind, gerieten in den letzten Jahren vor allem Ärzte ins Visier der Justiz, die auf ihrer Praxiswebsite über die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs informierten. Grundlage solcher Verfahren war der frühere § 219a StGB, der das öffentliche Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen eines Abbruchs unter Strafe stellte. Zwar wurde die Norm reformiert, um sachliche Information zu ermöglichen: Nach der Neufassung durften Ärzte und Einrichtungen darauf hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche nach den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 218a StGB) durchführen. Dennoch blieb die Reichweite der Strafbarkeit unklar – viele Fragen wurden in der Praxis unterschiedlich ausgelegt und führten weiterhin zu Unsicherheiten. Auch wenn § 219a StGB zwischenzeitlich vollständig aufgehoben wurde, zeigen zurückliegende Verfahren, wie schnell ein gut gemeinter Hinweis strafrechtlich relevant werden kann. Für Ärzte bleibt es daher wichtig, die Grenzen zulässiger Patienteninformation genau zu kennen.

Wann wird eine fehlerhafte Abrechnung zum Abrechnungsbetrug im Rahmen des Medizinstrafrechts?

Der Abrechnungsbetrug zählt inzwischen zu den häufigsten Vorwürfen im Bereich des Medizinstrafrechts. Dabei geht es meist um den Verdacht, dass ärztliche Leistungen falsch, überhöht oder überhaupt nicht erbracht wurden – sogenannte „Luftleistungen“, fehlerhafte Gebührenbewertungen oder Abrechnungen durch nicht genehmigte Dritte stehen häufig im Raum. Auch bei rein formalen Verstößen, etwa der Beschäftigung eines „Strohmanns“ oder nicht persönlich erbrachter Leistungen, kann schnell der Vorwurf des Betrugs im Sinne des § 263 StGB im Raum stehen. Für Ärzte bedeutet das: Selbst bei vollständig erbrachten Leistungen kann ein Verfahren eingeleitet werden, wenn etwa sozialrechtliche Vorgaben nicht genau eingehalten wurden. Gerade weil das Abrechnungssystem (GOÄ, EBM etc.) äußerst komplex ist, lassen sich Fehler kaum vermeiden – die Grenze zwischen bloßer Nachlässigkeit und strafrechtlicher Relevanz ist dabei oft schwer zu ziehen.

Juristisch ist der Abrechnungsbetrug nur dann strafbar, wenn der Arzt vorsätzlich falsche Angaben macht – zum Beispiel durch bewusst unzutreffende Abrechnungscodes – und dadurch eine Vermögensverfügung der Krankenkasse oder des Patienten bewirkt. Auch muss ein Vermögensschaden entstehen, was in der Praxis besonders bei formalen Verstößen (z. B. Abrechnungen ohne persönliche Leistungserbringung) umstritten ist. Dennoch nimmt die Rechtsprechung hier häufig eine strenge Linie ein. Besonders problematisch ist auch, dass die Ermittlungsbehörden häufig auf pauschale Hochrechnungen oder externe Gutachten zurückgreifen. Deshalb ist in Verfahren wegen Abrechnungsbetrug eine fundierte Verteidigungsstrategie unerlässlich – idealerweise durch einen spezialisierten Medizinstrafrecht Anwalt, der mit der komplexen Materie und der aktuellen Rechtsprechung vertraut ist.

Untreue im Medizinstrafrecht – Wann macht sich ein Arzt strafbar?

Auch die Untreue nach § 266 StGB kann für Ärzte strafrechtlich relevant werden – insbesondere dann, wenn Heilmittel, Medikamente oder Sprechstundenbedarf in einer Weise verordnet oder abgerechnet werden, die den Interessen der Krankenkasse zuwiderlaufen. Anders als beim klassischen Abrechnungsbetrug geht es hier nicht um eine Täuschung, sondern um die Verletzung einer sogenannten Vermögensbetreuungspflicht. Diese Pflicht wurde lange Zeit kritisch diskutiert. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen bestätigt, dass Vertragsärzte in bestimmten Konstellationen – etwa bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf oder Heilmitteln – tatsächlich eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Krankenkassen tragen. Damit kann auch ein Verhalten wie das Ausstellen unnötiger Rezepte, überhöhter Abrechnungen oder das Einfordern von sogenannten „Kick-backs“ (Rückvergütungen für bestimmte Verordnungen) zur Untreue im Sinne des Strafrechts führen.

Für betroffene Ärzte sind solche Vorwürfe oft existenzbedrohend – insbesondere, wenn Ermittlungen parallel zu sozialrechtlichen Verfahren geführt werden. Als erfahrene Kanzlei im Medizinstrafrecht Hamburg prüfen wir genau, ob eine strafbare Pflichtverletzung tatsächlich vorliegt – oder ob medizinische, wirtschaftliche oder abrechnungstechnische Gründe das Verhalten rechtfertigen. Vertrauen Sie auf unsere Expertise als Medizinstrafrecht Anwalt – bundesweit und rund um die Uhr erreichbar.

Korruption im Gesundheitswesen 

Das Gesundheitswesen ist durch enge Kooperationen, hohe Finanzströme und komplexe Versorgungsstrukturen geprägt – ideale Bedingungen also für korruptives Verhalten. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Jahr 2016 mit den §§ 299a und 299b StGB klare Strafvorschriften geschaffen, um Korruption im Gesundheitswesen effektiv zu bekämpfen. Ergänzt werden diese durch klassische Amtsträgerdelikte (§§ 331 ff. StGB), die in Einzelfällen ebenfalls greifen können. Korruptionsdelikte im Medizinstrafrecht erfassen regelmäßig beide Seiten: Sowohl die Annahme eines Vorteils als auch die Gewährung eines Vorteils sind strafbar – häufig geht es dabei um Verordnungen, Beschaffungen oder Patientenzuweisungen. Während Ärzte meist als Vorteilsnehmer im Fokus stehen, etwa wenn sie für bestimmte Verordnungen Rückvergütungen erhalten, können sie auch als Vorteilsgeber in Erscheinung treten – etwa wenn sie anderen Heilberufen für Zuweisungen eine Gegenleistung versprechen.

Der Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299a StGB) schützt nicht nur den fairen Wettbewerb, sondern auch das Vertrauen der Patienten in die Integrität medizinischer Entscheidungen. Strafbar macht sich, wer als Arzt oder Angehöriger eines Heilberufs – etwa Physiotherapeut, Logopäde oder Hebamme – einen Vorteil als Gegenleistung dafür annimmt, dass er z. B. bestimmte Medikamente verschreibt, Patienten zuweist oder bevorzugte Produkte nutzt. Als Vorteil gilt jede Zuwendung, auf die kein Anspruch besteht und die die wirtschaftliche oder persönliche Lage verbessert – etwa Geldzahlungen, Geschenke, Einladungen zu Kongressen, Rabatte oder Honorartätigkeiten. Zentral ist dabei die sogenannte Unrechtsvereinbarung. Es muss also ein konkreter Zusammenhang bestehen zwischen dem Vorteil und einer unlauteren heilberuflichen Entscheidung. Allein die Annahme eines Vorteils reicht nicht – der Arzt muss diesen „als Gegenleistung“ für eine bestimmte Handlung akzeptieren. Leistung und Gegenleistung dürfen dabei nicht in einem unangemessenen Verhältnis stehen. Schon vertragliche Vereinbarungen können als Vorteil gelten, selbst wenn sie wirtschaftlich ausgeglichen wirken. Das zeigt, wie schnell der Vorwurf im Raum stehen kann – und wie wichtig eine fundierte Einschätzung durch einen erfahrenen Strafverteidiger im Medizinstrafrecht ist.

Vorteilsannahme und Bestechlichkeit sind besonders sensible Themen im Medizinstrafrecht. Ärzte geraten hierbei schnell ins Visier der Ermittlungsbehörden – oft bereits dann, wenn sie Zuwendungen von Pharmaunternehmen oder Medizinprodukteherstellern erhalten haben. Ob eine solche Zuwendung strafbar ist, hängt maßgeblich davon ab, ob der Arzt als sogenannter Amtsträger gilt. Das ist regelmäßig bei angestellten Ärzten in staatlichen oder kommunalen Krankenhäusern der Fall. In diesen Fällen kann bereits die Annahme eines Vorteils – etwa in Form von Einladungen, Geschenken oder Honoraren – zu einer Strafbarkeit nach § 331 StGB führen. Entscheidend ist nicht, ob der Vorteil an eine konkrete Handlung gekoppelt ist, sondern ob er im Zusammenhang mit der ärztlichen Dienstausübung steht. Noch strenger bewertet wird die Bestechlichkeit nach § 332 StGB. Hier reicht es aus, wenn sich ein Arzt bereit zeigt, sich bei seiner Entscheidung – etwa bei der Auswahl eines Medikaments – durch einen Vorteil beeinflussen zu lassen. Gerade weil Ärztinnen und Ärzte bei medizinischen Entscheidungen oft über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, ist die Schwelle zur Strafbarkeit schnell erreicht. Für die Bewertung spielen auch Genehmigungen und Transparenzpflichten eine Rolle, etwa bei Fördermitteln oder Drittmittelprojekten.

Strafe vermeiden:

Eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren ist stets von Vorteil. Vereinbaren Sie noch heute Ihr kostenloses unverbindliches Erstgespräch mit uns.

Haben Sie weitere Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?

    Bilder hochladen (Max. 5 Dateien // 6MB pro Datei // PDF, JPG, JPEG )


    Rechtsanwalt Dr. Sascha Böttner

    Zum Autor:

    Rechtsanwalt Dr. Sascha Böttner

    Dr. Sascha Böttner ist Fachanwalt für Strafrecht und Gründer der Strafrechtskanzlei Dr. Böttner Rechtsanwälte | Strafverteidiger mit Standorten in Hamburg, Neumünster und Frankfurt. Seit über 20 Jahren verteidigt er Mandanten bundesweit in allen strafrechtlichen, wirtschaftsstrafrechtlichen und sexualstrafrechtlichen Angelegenheiten – mit strategischem Weitblick, juratischer Präzision und persönlichem Einsatz.

    + Folgen

    Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Strafverteidiger)

    Kanzlei für Strafrecht in Hamburg, Frankfurt am Main und Neumünster | Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht bundesweit.

    In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt