Strafe unerlaubtes Sich-Verschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise
- Der Strafrahmen des unerlaubten Sich-Verschaffens von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise reicht von Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
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Das unerlaubte Sich-Verschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG ist ein wichtiger Auffangtatbestand im Betäubungsmittelstrafrecht. Er soll sicherstellen, dass auch solche Fälle strafrechtlich erfasst werden, in denen kein klassischer Erwerb im Einverständnis mit dem Vorbesitzer nachweisbar ist. Dadurch soll verhindert werden, dass Lücken entstehen, durch die der illegale Drogenverkehr straflos bleiben könnte. Ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz liegt also nicht nur vor, wenn jemand Betäubungsmittel kauft oder geschenkt bekommt, sondern auch dann, wenn er sie sich ohne Zustimmung des Vorbesitzers aneignet und dadurch die tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt.
Unter Sich-Verschaffen gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG versteht man das Erlangen eigener tatsächlicher Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel ohne ein vom Vorbesitzer abgeleitetes Rechtsgeschäft. Anders als beim Erwerb fehlt hier also das einverständliche Handeln mit dem bisherigen Besitzer. Typische Konstellationen sind das Aneignen von gefundenen Drogen, das Entziehen von Betäubungsmitteln aus dem Besitz anderer – zum Beispiel durch Diebstahl, Unterschlagung, Raub oder räuberische Erpressung – oder auch das An-sich-Nehmen von Drogen, um sie dem Zugriff der Polizei zu entziehen.
Für eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG ist erforderlich, dass der Täter die tatsächliche Herrschaft über die Betäubungsmittel erhält. Er muss also so gestellt werden, dass er über sie wie über eine eigene Sache bestimmen kann – egal, ob er alleiniger Besitzer, Mitbesitzer oder mittelbarer Besitzer wird. Selbst wenn er nicht selbst die Drogen in Händen hält, sondern ein Dritter (beispielsweise ein Verwahrer) sie für ihn aufbewahrt, kann ein strafbares Sich-Verschaffen vorliegen, solange er ohne Schwierigkeiten Zugriff nehmen kann. Wichtig ist, dass dieser Herrschaftserwerb nicht bloß vorübergehend zur Verwahrung dient, sondern mit dem Willen erfolgt, die Betäubungsmittel für sich selbst zu behalten oder zu nutzen.
Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG zum klassischen Erwerb. Liegt ein nachweisbares Einverständnis mit dem Vorbesitzer vor – beispielsweise bei einem Kauf oder einer Schenkung – handelt es sich um einen Erwerb, nicht um Sich-Verschaffen. Der Auffangtatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG greift also vor allem in den Fällen, in denen nicht geklärt werden kann, ob der Vorbesitzer zugestimmt hat. Selbst wenn das Einverständnis nicht ausgeschlossen, sondern nur nicht beweisbar ist, wird der Tatbestand des Sich-Verschaffens erfüllt.
Wie bei allen Tathandlungen des § 29 BtMG muss der Täter die Betäubungsmittel zur freien Verfügung erlangen. Das bedeutet, er muss selbst entscheiden können, ob er sie konsumiert, weitergibt oder aufbewahrt. Fehlt diese Möglichkeit – etwa wenn ihm die Drogen nur zum sofortigen Mitkonsum überlassen werden oder er sie lediglich zur Verwahrung erhält – liegt kein Sich-Verschaffen im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG vor. Auch wenn jemand die Drogen ausschließlich zu dem Zweck entgegennimmt, sie zu vernichten oder der Polizei zu übergeben, ist der Tatbestand nicht erfüllt.
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Der Tatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG ist nur dann erfüllt, wenn kein Erlaubnistatbestand greift. Eine ärztliche Verschreibung oder eine sonstige rechtliche Erlaubnis würde die Strafbarkeit ausschließen. Fehlt eine solche Legitimation, liegt ein strafbares unerlaubtes Sich-Verschaffen vor – ein klarer Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.
In der Praxis sind Fälle des Sich-Verschaffens gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG vielfältig. Häufig geht es um das Auffinden und Behalten von Drogen, die verloren wurden oder versteckt lagen. Auch das eigenmächtige Entnehmen von Betäubungsmitteln aus Apothekenbeständen durch angestelltes Personal fällt unter den Tatbestand. Selbst wenn jemand fremde Drogen beiseiteschafft, um sie später selbst zu konsumieren, kann dies ein Sich-Verschaffen darstellen. In solchen Situationen sollten sie einen erfahrenen BtM Anwalt hinzuziehen, der für Sie genau prüft, ob wirklich der Straftatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG erfüllt ist.
Der Zweck des Sich-Verschaffens ist grundsätzlich unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob die Betäubungsmittel für den Eigenkonsum oder für eine Weitergabe bestimmt sind. Allerdings wird das Geschehen zum Handel mit Betäubungsmitteln, wenn die Absicht besteht, die Drogen gewinnbringend weiterzuveräußern. In solchen Fällen liegt nicht mehr bloßes Sich-Verschaffen im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG vor, sondern Handeltreiben vor – mit deutlich schärferer strafrechtlicher Einordnung.
Wie bei anderen Tathandlungen des Betäubungsmittelgesetzes muss das Sich-Verschaffen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG den Kreis der am Betäubungsmittel beteiligten Personen erweitern. Wer bereits Mittäter beim Erwerb der Substanz war, kann sich diese nicht erneut „verschaffen“. Anders liegt der Fall, wenn die Betäubungsmittel zwischenzeitlich in den legalen Verkehr gelangt sind – etwa zu Analysezwecken – und später wieder in den illegalen Verkehr zurückgeführt werden. Hier wird ein neuer Tatbestand verwirklicht.
Der Versuch des unerlaubten Sich-Verschaffens ist nach § 29 Abs. 2 BtMG strafbar. Bereits die konkrete Handlung, die nach der Vorstellung des Täters unmittelbar zur Erlangung der Verfügungsmacht führen soll – etwa das Zugreifen nach versteckten Drogen, das Öffnen eines Verstecks oder das Vereinbaren eines Treffpunkts zur Übergabe – kann den Versuch begründen. Ein Versuch liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter glaubt, die Drogen bereits erlangt zu haben, tatsächlich aber leer ausgeht oder von der Polizei beobachtet wird. Auch in Fällen, in denen die Betäubungsmittel durch Dritte sichergestellt werden, bevor der Täter sie erreicht, bleibt ein strafbarer Versuch möglich. Ein erfahrener BtM Anwalt kann hier gezielt ansetzen, um für Sie zu prüfen, ob wirklich ein unmittelbares Ansetzen vorlag oder ob es sich noch um straflose Vorbereitungshandlungen handelte – oft der entscheidende Punkt für eine Verfahrenseinstellung.
Für eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 10 BtMG ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muss wissen und wollen, dass er sich Betäubungsmittel verschafft und dadurch die tatsächliche Verfügungsmacht über sie erlangt. Es genügt bereits bedingter Vorsatz, wenn der Täter die Möglichkeit erkennt, dass es sich um Betäubungsmittel handelt, und diese Möglichkeit billigend in Kauf nimmt. Ein genaues Wissen über Art oder Wirkstoffgehalt ist nicht notwendig – entscheidend ist die bewusste Erlangung der Verfügungsgewalt über ein Rauschgift. Fehlt der Vorsatz, kann eine fahrlässige Begehung nach § 29 Abs. 4 BtMG vorliegen. Dies ist etwa der Fall, wenn jemand eine Substanz übernimmt, ohne sich über deren Charakter zu vergewissern, obwohl Anhaltspunkte auf ein Betäubungsmittel hindeuten. Auch wer Betäubungsmittel nur kurzzeitig an sich nimmt, um sie zu „sichern“, tatsächlich aber deren Besitz risikolos hinnimmt, kann fahrlässig handeln. In der Verteidigung ist die genaue Prüfung dieser subjektiven Tatseite durch einen erfahrenen BtM Anwalt oft entscheidend, um den Tatvorwurf abzuschwächen oder ganz zu entkräften.
Das unerlaubte Erwerben von Betäubungsmitteln ist in § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 9 BtMG normiert und eine der zentralen Tathandlungen im Betäubungsmittelstrafrecht. Wer im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer die tatsächliche Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel erlangt, verwirklicht den Straftatbestand des Erwerbs. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Erfolgsdelikt. Das bedeutet, dass die Tat in dem Moment vollendet ist, in dem der Erwerber faktisch in der Lage ist, über die Substanz zu verfügen. Ob der Kaufvertrag wirksam ist, spielt keine Rolle – Betäubungsmittelgeschäfte sind nach § 134 BGB ohnehin nichtig. Entscheidend für eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 9 BtMG ist also allein der tatsächliche Übergang der Verfügungsgewalt. Ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz liegt damit schon dann vor, wenn der Erwerber den praktischen Zugriff auf die Droge erhält.
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