Strafe unerlaubtes sonstiges Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln
- Der Strafrahmen des unerlaubten sonstigen Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln reicht von Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren ist stets von Vorteil. Vereinbaren Sie noch heute Ihr kostenloses unverbindliches Erstgespräch mit uns.
Das sonstige Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG ist eine besonders weit gefasste Auffangvorschrift des § 29 BtMG. Sie sorgt dafür, dass auch solche Handlungen strafbar sind, die nicht eindeutig unter die Begriffe der Abgabe oder Veräußerung fallen, aber trotzdem dazu führen, dass ein anderer die tatsächliche Kontrolle über Betäubungsmittel erhält. Dadurch soll verhindert werden, dass Betäubungsmittel auf Umwegen oder durch atypische Verhaltensweisen in den illegalen Verkehr gelangen.
Unter sonstigem Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG versteht man jede Handlung, die einem anderen die Möglichkeit eröffnet, die tatsächliche Verfügungsmacht über ein Betäubungsmittel zu erlangen. Es muss also nicht zwingend eine direkte Übergabe oder ein Geschäft stattfinden. Schon das Herbeiführen eines Wechsels der Sachherrschaft genügt, wenn der neue Inhaber anschließend frei über die Droge verfügen kann. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG ist als sogenanntes Erfolgsdelikt ausgestaltet. Das bedeutet, sie ist erst dann vollendet, wenn der neue Inhaber tatsächlich die Verfügungsgewalt erlangt hat. Ob dieser die Betäubungsmittel bewusst als Rauschgift erkennt, ist unerheblich – entscheidend ist, dass er faktisch in der Lage ist, sie zu verwenden oder weiterzugeben.
Inverkehrbringender kann nur derjenige sein, der selbst Sachherrschaft über die Betäubungsmittel hat – also tatsächlich die Möglichkeit, über sie zu verfügen. Eigentum oder rechtlicher Besitz sind hingegen nicht erforderlich. Der § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG knüpft allein an die tatsächliche Verfügungsmacht an. Das kann der unmittelbare Besitzer sein, der die Drogen selbst in der Hand hält, oder der mittelbare Besitzer, der über einen Besitzmittler oder eine Verwahrung auf die Substanzen zugreifen kann. Auch eine anmaßende Verfügungsmachtreicht aus: Wer etwa fremde Betäubungsmittel aus dem Fenster wirft und so Dritten den Zugriff ermöglicht, erfüllt den Tatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG. Keine Täterschaft liegt dagegen vor, wenn jemand keine eigene Verfügungsmacht hatte, sondern nur Gehilfe einer anderen Haupttat war.
Das Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG setzt voraus, dass ein neuer Inhaber der Betäubungsmittel entsteht. Dabei kann es sich um eine gezielte Handlung handeln – etwa das Unterjubeln von Drogen, um jemanden zu belasten – oder um ein ungerichtetes Verhalten, das anderen Personen die Möglichkeit zum Zugriff eröffnet. Auch wer Betäubungsmittel in öffentlich zugänglichen Räumen zurücklässt oder so aufbewahrt, dass Dritte sie ohne großen Aufwand an sich nehmen können, macht sich nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG strafbar. Der neue Inhaber muss die Drogen nicht behalten wollen oder als Rauschgift erkennen – es genügt für die Strafbarkeit wegen des unerlaubten Inverkehrbringens aus, dass er sie faktisch unter Kontrolle hat.
Ein zentrales Merkmal des unerlaubten Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln ist, dass der neue Inhaber die Betäubungsmittel zur freien Verfügung erhält. Er muss sie also ohne Einschränkungen nutzen oder weitergeben können. Wird der Zugriff nur vorübergehend ermöglicht, etwa durch Übergabe an einen Boten, der sie im Auftrag transportiert, liegt noch kein Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG vor. Anders ist es, wenn der Bote für den neuen Inhaber tätig ist und dieser dadurch faktisch Zugriff hat.
Wie bei Abgabe und Veräußerung muss auch beim sonstigen Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG der Kreis derjenigen, die mit dem Betäubungsmittel in Beziehung stehen, erweitert werden. Eine bloße Rückgabe an den bisherigen Besitzer oder Mittäter erfüllt den Tatbestand nicht. Liegt das Betäubungsmittel allerdings zwischenzeitlich im legalen Verkehr – etwa in einer Apotheke zur Analyse – und wird anschließend wieder in den illegalen Verkehr gebracht, so liegt ein strafbares Inverkehrbringen vor.
Besonders bedeutsam ist, dass das Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln auch durch Unterlassen begangen werden kann. Wer Betäubungsmittel in seiner tatsächlichen Gewalt hat, hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie nicht in unbefugte Hände gelangen. Diese sogenannte Garantenpflicht gilt insbesondere für Personen, die beruflich mit Betäubungsmitteln umgehen, wie Ärzte, Apotheker oder Pflegepersonal. Wer Betäubungsmittel oder Betäubungsmittelrezepte nicht ordnungsgemäß verwahrt und dadurch Dritten den Zugriff ermöglicht, kann sich wegen unerlaubten Inverkehrbringens nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG strafbar machen.
Eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren ist stets von Vorteil. Vereinbaren Sie noch heute Ihr kostenloses unverbindliches Erstgespräch mit uns.
Typische Beispiele des sonstigen Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln sind:
Diese Beispiele zeigen, dass das sonstige Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG im Alltag schneller verwirklicht sein kann, als viele annehmen. Schon kleine Unachtsamkeiten können zu einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz führen und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Auch hier gilt: Strafbar nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG ist nur das unerlaubte Inverkehrbringen. Eine behördliche Erlaubnis wird jedoch nur in Ausnahmefällen erteilt, etwa zu wissenschaftlichen Zwecken oder im Rahmen des legalen Arzneimittelverkehrs. Privatpersonen besitzen im Grunde nie eine Erlaubnis. In der Praxis wird das Fehlen einer Erlaubnis in den meisten Fällen aus den Gesamtumständen geschlossen.
Auch der Versuch des unerlaubten Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln ist nach § 29 Abs. 2 BtMG strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar dazu ansetzt, Betäubungsmittel in den Verkehr zu bringen, der tatsächliche Übergang der Verfügungsmacht aber ausbleibt – etwa weil die Substanzen rechtzeitig sichergestellt oder entfernt werden, bevor Dritte Zugriff erhalten. In der Praxis betrifft dies häufig Fälle, in denen Betäubungsmittel versteckt oder platziert werden, um sie anderen zugänglich zu machen, der beabsichtigte Zugriff jedoch scheitert. Auch hier ist die Abgrenzung zwischen strafbarem Versuch und strafloser Vorbereitung entscheidend. Ein erfahrener BtM Anwalt kann bereits in diesem Stadium bewirken, dass das Verfahren eingestellt oder auf eine geringere Schuldform begrenzt wird.
Wie bei allen Tatvarianten des § 29 BtMG ist für eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Inverkehrbringens gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Var. 8 BtMG grundsätzlich Vorsatz erforderlich. Der Täter muss also wissen und wollen, dass seine Handlung dazu führt, dass ein anderer die tatsächliche Verfügungsmacht über Betäubungsmittel erlangt. Es genügt bereits bedingter Vorsatz, wenn er diese Möglichkeit erkennt und billigend in Kauf nimmt – etwa beim achtlosen Zurücklassen von Betäubungsmitteln, obwohl er weiß, dass Dritte sie finden könnten. Fehlt es am Vorsatz, kann allenfalls eine fahrlässige Begehung nach § 29 Abs. 4 BtMG in Betracht kommen. Eine solche liegt zum Beispiel vor, wenn jemand Betäubungsmittel ungesichert lagert, ohne zu erkennen, dass Dritte dadurch Zugriff erhalten könnten, obwohl er dies bei der gebotenen Sorgfalt hätte vermeiden können. Gerade im medizinischen Bereich – etwa bei Ärzten, Apothekern oder Pflegekräften – spielt diese Form der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit eine bedeutende Rolle.
Haben Sie weitere Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?
Für eine frühzeitige Einwirkung auf Ihr Verfahren kontaktieren Sie noch heute Ihren Anwalt BtMG:
Kanzlei für Strafrecht in Hamburg, Frankfurt am Main und Neumünster | Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht bundesweit.