Körperverletzung

  • 5. Strafsenat des BGH., Az. 5 StR 88/10

    Die Angeklagten war vom Landgericht Leipzig wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe und Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten sowie fünf Jahren und drei Monaten verhängt. Die gegen das Urteil gerichtete Revision der beiden Angeklagten erzielte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einen Erfolg.

    Das Landgericht hatte nach den Feststellungen den minder schweren Fall nach §250 Abs. 3 StGB verneint, obwohl es in seinen Erwägungen von einigen Milderungsgründen ausgegangen war. Dieses hält nach Ansicht des 5. Strafsenats des BGH einer rechtlichen Nachprüfung aus den Gesichtspunkten einer vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht stand.

    Aus dem Wortlaut des Strafsenats:

    „Das Landgericht führt für die Angeklagten eine Reihe gewichtiger Milderungsgründe auf (UA S. 34 f.; 37). Zu den Voraussetzungen des § 250 Abs. 3 StGB beschränkt es sich dann auf den hinsichtlich beider Angeklagter gleichlautenden Hinweis, die mildernden Umstände würden von einer „insgesamt negativen Persönlichkeitsentwicklung – insbesondere zunehmender Tatfrequenz und ansteigender krimineller Energie – überwogen“ (UA S. 35; 38). Angesichts dieser formelhaften Wendung, die durch die Feststellungen zu den – vergleichsweise geringen und größtenteils nicht einschlägigen – Vorbelastungen der Angeklagten überdies nicht gedeckt ist (UA S. 4 bis 6; 7 bis 9), besorgt der Senat, dass das Landgericht die notwendigen Abwägungen in der Sache nicht vorgenommen hat.“

    Außerdem habe die Strafkammer des Landgerichts Leipzig bei der Strafzumessung den Umstand, dass das Opfer der Vater des 8-jährigen Sohnes des Angeklagten W. war, nicht berücksichtigt und somit weitere Wertungsfehler vollzogen. Zur Bedeutung eines solchen Strafzumessungsgrundes führt der Strafsenat im Folgenden aus:

    „Hinzu kommt, dass die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung einen die Tat hinsichtlich beider Angeklagter prägenden Umstand völlig außer Acht lässt. Bei dem Opfer handelt es sich um den Vater des 8-jährigen Sohnes der Angeklagten W. , für den der Kindsvater bislang keinerlei Unterhalt gezahlt hat. Deswegen gab es in der Vergangenheit und auch un-mittelbar vor der Tat Streit (UA S. 18 f.). Der Angeklagten drohte die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen konnte. Um den Haftantritt und die damit verbundene Trennung von ihrem Sohn abwenden zu können, bat sie den Geschädigten um finanzielle Unterstützung. Auch wenn mangels Leistungsfähigkeit des Geschädigten kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf die erpresste Geldsumme in Höhe von 330 Euro bestand, die allein diesem Zweck dienen sollte, konnte die Angeklagte der Meinung sein, der Geschädigte sei ihr unter den gegebenen Umständen ethisch zu finanzieller Unterstützung verpflichtet. Es handelt sich um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, mit dem sich das Urteil ausdrücklich hätte auseinandersetzen müssen.“

    Insgesamt führen diese Fehler in der Begründung und Wertung zu einem fehlerhaften Strafausspruch, jedoch hat dieses auf die vorangegangenen Feststellungen des LG Leipzig keinen Einfluss. Das neue Tatgericht wird die Sache erneut zu verhandeln und bezüglich der Zurechnung der Faustschläge im Rahmen eines gemeinsamen Tatplans neue Feststellungen vorzunehmen haben:

    „Weil der Strafausspruch lediglich wegen Begründungs- und Wertungsfehlern keinen Bestand hat, können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Allerdings vermag der Senat – anders als der Generalbundesanwalt – den Gründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen, dass die beiden Faustschläge, die der Angeklagte H. dem Geschädigten kurz vor Beendigung der Tat versetzte (UA S. 13 f.), noch vom gemeinsamen Tatplan gedeckt waren und der Angeklagten W. deshalb nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden können. Hierzu wird das neue Tatgericht ergänzende Feststellungen vorzunehmen haben. Es ist auch sonst nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.“


  • Der Entscheidung über die Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft durch den 4. Strafsenats des BGH lag folgender Sachvershalt zugrunde:

    Als die Ehefrau des Geschädigten, die unter Einfluss von Alkohol und Medikamenten stehend auf dem Gehweg zusammengebrochen war, von der zuständigen Polizei mittels eines Krankenwagens zum Krankenhaus abtransportiert wurde, versuchte der ebenfalls stark alkoholisierte Ehemann und Geschädigte (eine Blutalkoholkonzentration von 3 Promille wurde gemessen) dieses zu verhindern.

    Darauf entschlossen sich die anwesenden zwei Polizeibeamten, den Geschädigten „zur Ausnüchterung in Gewahrsam zu nehmen und ihm zu diesen Zwecken zu fesseln“. Als sich der Geschädigte hiergegen auf dem Boden liegend wehrte, während eine Polizeibeamtin ihn zu fesseln versuchte, biss er der Polizeibeamtin durch ihre Jeans in den Oberschenkel. In diesem Moment versetzte die Polizeibeamtin dem Geschädigten zwei „kurze Schläge auf den Kieferknochen oder direkt in sein Gesicht“, um sich so aus der Situation zu befreien. Der zweite Polizeibeamte trat dem Geschädigten daraufhin mehrmals mit seinem Schuh (ein fester Dienstschuh) in die Bauchgegend.

    Im anschließenden Verfahren wurde der Angeklagte aufgrund der Tritte gegen den auf dem Boden liegenden und stark alkoholisierten Geschädigten wegen einer Körperverletzung im Amt gemäß §340 Abs. 1 StGB vom Landgericht verurteilt. Die gefährliche Körperverletzung im Amt nach §§340 Abs. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB lehnten die Richter jedoch ab, da ihrer Auffassung nach kein „gefährliches Werkzeug in Gestalt des Dienstschuhs“ vorliegen würde und somit der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung nach §224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht erfüllt gewesen sei.

    Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte legten hiergegen eine Revision ein.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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