Verfahrensfremde Untersuchungshaft ist auch dann anzurechnen, wenn auch nur potentielle Gesamtstrafenfähigkeit besteht.
Der Angeklagte befand sich aufgrund des aktuellen Verfahrens seit dem 01.01.2012 in Untersuchungshaft. Der Angeklagte saß bereits zwischen dem 09.06.2008 und 11.12.2008 und dem 29.07.2009 und 11.09.2009 ebenfalls wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls in Untersuchungshaft. Von diesen zwei Taten wurde der Angeklagte jedoch rechtskräftig freigesprochen.
Die Strafverteidigung wehrt sich nun vor dem Oberlandesgericht Naumburg (OLG Naumburg) gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft. Denn dem Angeklagten drohe lediglich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, dabei befindet er sich, unter hinzuziehen der beiden anderen Untersuchungshaftzeiträumen, bereits seit 16 Monaten in Untersuchungshaft.
Das OLG Naumburg hält die Beschwerde der Strafverteidigung für berechtigt. Denn wäre der Angeklagte nicht freigesprochen worden, dann hätte man nun eine Gesamtstrafe gebildet, auf der die Untersuchungshaft anzurechnen gewesen sein wäre.
„Wäre der Angeklagte für jene Taten verurteilt worden, wäre aus den dann verhängten Strafen und derjenigen, die vom Amtsgericht Magdeburg ausgesprochen und vom Landgericht Magdeburg mit Urteil vom 12. September 2012 bestätigt wurde, eine Gesamtstrafe zu bilden gewesen (§§ 55 Abs. 1 StGB, 460 StPO). Die im Fall der rechtskräftigen Verurteilung von der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren vorzunehmenden Anrechnung muss sich daher auch auf die in den Jahren 2008 und 2009 erlittene Untersuchungshaft erstrecken.“
Da die Untersuchungshaft mit 16 Monaten die zu erwartende Freiheitsstrafe von einem Jahr übersteigt, hebt das OLG Naumburg den Haftbefehl auf.
OLG Naumburg, Beschluss vom 11. Oktober 2012, Az.: 2 Ws 198/11