Revision

  • Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof (BGH) Nr. 108/2011 vom 21.06.2011

    Das ewige Thema der Sicherungsverwahrung. Der BGH hat im folgenden Fall die nachträgliche Sicherungsverwahrung eines Sexualstraftäters (ua Vergewaltigung) aus den folgenden Erwägungen bestätigt.

    Auszug aus der Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof bestätigt nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen einen Sexualstraftäter

    Der mittlerweile 43-jährige Verurteilte trat erstmals 1989 wegen eines Sexualverbrechens strafrechtlich in Erscheinung. Die Zeit von 1990 bis 2000 verbrachte er ­ auch aufgrund einer Verurteilung wegen mehrerer Vergewaltigungstaten ­ fast durchgehend in Haft. Am 17. November 2000 verurteilte ihn das Landgericht Potsdam unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs und Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren.
    Zugleich brachte es ihn wegen einer diagnostizierten Borderline-Persönlichkeitsstörung in einem psychiatrischen Krankenhaus unter. Die Unterbringung wurde schon im Jahr 2002 aufgehoben, weil ihre Voraussetzungen nicht (mehr) gegeben waren. Nach Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe hat das Landgericht Potsdam mit Urteil vom 28. Oktober 2010 die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet.

    Der 5. (Leipziger) Strafsenat hat die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Verurteilten verworfen. Die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 entwickelten Kriterien einer hochgradigen Gefährlichkeit in Bezug auf weitere schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten und einer psychischen Störung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Von einer konkreten hochgradigen Gefährlichkeit hat sich das Landgericht mit Blick auf die außerordentlich hohe Rückfallgeschwindigkeit der früheren Taten sowie das massiv gewaltbereite und berechnende Auftreten des Verurteilten im Strafvollzug rechtsfehlerfrei überzeugt. Das Vorliegen einer psychischen Störung konnte der Bundesgerichtshof dem landgerichtlichen Urteil ­ auch wenn darin der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts noch nicht unmittelbar hatte berücksichtigt werden können ­ wegen einer beim Verurteilten nach Begutachtung durch zwei psychiatrische Sachverständige festgestellten dissozialen Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen sicher entnehmen.

    Urteil vom 21. Juni 2011 ­ 5 StR 52/11


  • 3. Strafsenat des BGH, Az.: 3 StR 111/11

    Die Beschuldigte wandte sich mit ihrer Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen die vom Landgericht angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

    Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
    Die Beschuldigte befand sich zum Tatzeitpunkt in einem Behandlungstermin. Als sie Angst und Panik empfand, wurde sie „zunehmend angespannt und aufgeregt“. Kurz darauf hörte sie Stimmen, infolge dessen sie ein in ihrer Handtasche mitgeführte Messer mit einer Klingenlänge von 20 cm ergriff. Die Zeugin T. wich sofort zurück und betätigte den Alarmknopf. Einen Angriff mit dem Messer konnte die Zeugin T. abwehren. Ein wenig später konnte die Beschuldigte festgehalten und ihr das Messer abgenommen werden.  Weiter heißt es: „Während des Tatgeschehens war die Steuerungsfähigkeit der Beschuldigten wegen einer schizoaffektiven Psychose aufgehoben“.

    Im Prozess hat sich die Beschuldige dahingehend eingelassen, sie habe lediglich mit dem Messer zu drohen versucht, wollte aber nicht auf diese einstechen. Die Strafkammer folgte dem nicht und nahm einen schuldfähigen und mit natürlichem Vorsatz begangenen versuchten Totschlag an.

    Wie der Strafsenat des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss ausführt, beruht die Annahme des Landgerichts, die Anlasstat sei ein mit natürlichem Vorsatz begangener versuchter Totschlag, auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die Feststellung der Strafkammer, die Beschuldigte habe einen Stich in Richtung des Oberkörpers im Bereich des Herzens geführt, um Frau T. zu töten, beruht nicht auf einer tragfähigen Beweisgrundlage (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 261 Rn. 2 und § 337 Rn. 26, jeweils mwN). Sie steht im Widerspruch zu den Aussagen aller vernommenen Zeugen, von denen keiner eine Stichbewegung bekundet hat. Dies gilt auch für die Zeugin T. , die in ihrer Aussage lediglich einen Widerstand beschrieben hat, den sie beim Ergreifen des Handgelenks der Beschuldigten gespürt habe, nicht aber eine tatsächlich geführte Stichbewegung. Sie hat ihren subjektiven Eindruck wiedergegeben, dass ein Stich, wenn er tatsächlich geführt worden wäre, sie im Bereich des linken Arms getroffen hätte, mit dem sie ihren Oberkörper in der Herzgegend geschützt habe. Zu einem Stich ist es nach dieser Zeugenaussage wegen des Festhaltens der Hand nicht gekommen. Die Zeugin B. hat eine Stichbewegung in ihrer Vernehmung explizit ausgeschlossen, der Zeuge W. konnte sich an eine solche nicht erinnern.

    Weiterhin ist die Beweiswürdigung lückenhaft (vgl. dazu Meyer-Goßner, aaO, § 337 Rn. 27 mwN), weil sich das Landgericht nicht im Einzelnen mit der Möglichkeit befasst hat, dass die Beschuldigte die Zeugin T. lediglich bedrohen und nötigen, nicht aber töten wollte. Hierzu bestand indes nach der Einlassung der Beschuldigten und den Zeugenaussagen Anlass. Die Strafkammer hat den natürlichen Tötungsvorsatz allein aus der Angabe der Zeugin T. gefolgert, sie habe deutlich Widerstand gespürt, als sie das Handgelenk der Beschuldigten ergriffen habe. Bei dieser Beweissituation hätte sich das Landgericht näher mit der Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass die Beschuldigte die Geschädigte mit dem Messer nur bedrohen wollte und lediglich dem Festhalten ihres Handgelenks Widerstand entgegensetzte.“

    Aus diesem Grund hebt der Strafsenat die Anordnung auf. Ferner bedarf es einer neuen Verhandlung und Entscheidung.

    Im Übrigen weißt der Strafsenat für die neue Hauptverhandlung noch unter anderem auf folgendes hin:

    “Die akute schizoaffektive Psychose, die das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen zum Tatzeitpunkt bejaht hat, könnte als krankhafte seelische Störung einzuordnen sein, welche die Fähigkeit der Beschuldigten ausgeschlossen hat, das Unrecht ihres Handelns einzusehen. Ohne weitere Erörterung ist bei dem festgestellten Krankheitsbild nicht nachvollziehbar, dass bei bestehender Unrechtseinsicht lediglich die Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen sein soll (vgl. Nedopil, Forensische Psychiatrie 1996, 12.5.1.5 und 12.5.3.1).“

    Eine Entscheidung, mit der der BGH erneut eine lückenhafte (und einseitige) Beweiswürdigung beanstanden muss. Die Revision der Angeklagten war erfolgreich und das Urteil aufzuheben.


  • Der Bundesgerichtshof hob das Urteil gegen den früheren CDU-Kreisvorsitzenden Richard B. auf. Das Landgericht Köln hatte ihn wegen Untreue, Betrug und Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Rahmen einer Parteispendenaffäre zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde.

    Nach Ansicht des Landgerichts Köln hatte B. im Jahre 1999 dafür gesorgt, dass 33.000 Euro unbekannter Herkunft an den CDU-Kreisverband gezahlt wurden. Dagegen legte die Verteidigung Revision ein. Die Revision war erfolgreich und der Bundesgerichtshof entschied, dass das Urteil die Verurteilung Blömers wegen Untreue nicht tragen würde. Dies wurde damit begründet, dass die Pflichten aus dem Parteigesetz keinen das Parteivermögen schützenden Charakter habe. Daher komme keine strafbare Untreue in Betracht.

    Nun wurde die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

    ( Quelle: Bundesgerichtshof, Az.: 1 StR 94/10 )


  • Quelle:  Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH), Nr. 098/2011 vom 07.06.2011

    Der BGH erklärt die Verurteilung der drei Angeklagten in dem so genannten „Rüsselheimer Eiscafé-Mord“ Fall für rechtskräftig. Insbesondere würden die niedrigen Beweggründe der Tat als Mordmerkmal nach Auffassung des Strafsenats vorliegen.

    Pressemitteilung:

    Verurteilungen im Rüsselsheimer Eiscafé-Mordprozess  sind rechtskräftig

    Das Landgericht Darmstadt hat den Angeklagten Taylan K. wegen Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe und Beteiligung an einer Schlägerei zu lebenslanger Freiheitsstrafe, die Angeklagten Erdal E. und Serdal E. wegen versuchten Mordes, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei, zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts bestanden zwischen Angehörigen der Familien K. und E., die in der Türsteherszene tätig waren, seit einiger Zeit zunehmend Spannungen; diese waren in der Vergangenheit bereits Anlass für gewalttätige Auseinandersetzungen und einen erfolglosen Schlichtungsversuch durch die Familienältesten gewesen. Am 12. August 2008 kam es zu einer „Aussprache“ zwischen den verfeindeten Lagern in einer Eisdiele in Rüsselsheim, zu der für die Familie K. der Angeklagte Taylan K., sein Cousin Erkan K. sowie Baris Y. erschienen; sie hatten sich mit Pistolen bewaffnet. Für die Familie E. erschienen die angeklagten Brüder Erdal und Serdal E. sowie ihr Bruder Deniz E.; diese führten Messer, Pfefferspray und einen Schlagring bei sich. Beide Parteien rechneten mit einer notfalls gewaltsamen Auseinandersetzung unter Einsatz der mitgeführten Waffen und sonstigen Gegenstände.

    Nach kurzer Diskussion gerieten die beiden Gruppen in heftigen Streit, woraus sich eine Schlägerei entwickelte. Als Erdal E. ein Messer zog, schoss Erkan K. in Tötungsabsicht mehrfach auf ihn und verletzte ihn schwer. Der Angeklagte Serdal E. flüchtete daraufhin zunächst aus der Eisdiele. Auch sein Bruder Deniz E. versuchte zu fliehen, wurde aber von dem Angeklagten Taylan K. und Erkan K. durch mehrere Schüsse getroffen und getötet. Durch den fehlgehenden Schuss wurde eine unbeteiligte Besucherin des Eisacafés tödlich verletzt.

    Der Angeklagte Erdal E. griff nun trotz seiner schweren Schussverletzungen den Erkan K. erneut mit dem Messer an, um ihn zu töten. Um seinem Cousin zu helfen, schoss der Angeklagte Taylan K. auf Erdal E., traf aber versehentlich seinen Cousin in die Brust. Der Angeklagte Erdal E. stach in der Folge dem tödlich getroffenen, auf dem Bauch liegenden Erkan K. vielfach sein Messer in den Rücken, um ihn zu töten und den Tod seines Bruders Deniz zu rächen. Inzwischen war auch der Angeklagte Serdal E.  an den Tatort zurückgekehrt. Auch er stach dem sterbenden Erkan E. nun sein Messer mehrfach in den Rücken sowie in den Hinterkopf. Erkan K. verstarb kurze Zeit später. Sowohl die Schussverletzung durch seinen Cousin Taylan K. als auch die Messerstiche durch Erdal E. und Serdal E. waren jeweils für sich tödlich. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Stichverletzungen den Tod des Erkan K. beschleunigten.

    Das Landgericht hat den Angeklagten Taylan K. wegen eines vollendeten, die Angeklagten Erdal und Serdal E. wegen eines versuchten Tötungsdelikts verurteilt. Hinsichtlich aller drei Angeklagten hat es das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe festgestellt, da sie handelten, um ihren sozialen Geltungsanspruch im Milieu um jeden Preis zu behaupten, die Angeklagten Erdal und Serdal E. zusätzlich aus Wut und Rache.

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Annahme niedriger Beweggründe nicht beanstandet und die Revisionen der Angeklagten verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Die Verurteilungen sind damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 18. Mai 2011 – 2 StR 601/10

    Landgericht Darmstadt – Urteil vom 31. März 2010 – 11 Ks 431 Js 39.382/08

    Karlsruhe, den 7. Juni 2011


  • Ein Baby muss generell bekanntlich von der Mutter oder den Eltern mit Nahrung versorgt werden. Überforderte Eltern vergessen dies mitunter immer wieder oder „sorgen“ aufgrund von Depressionen oder finanzieller, familiärer Probleme für eine schlechte Erziehung und Ernährung ihres Kindes.

    Im Folgenden beschäftigten sich die Gerichte mit der Strafbarkeit einer Mutter, nachdem ihr unterernährtes Baby verstorben ist.

  • Strafrecht / Revision / Wirtschaftsstrafrecht / Bestechung
    Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 5.5.2010

    Pressemitteilung:

    Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Frage dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt, der nach § 132 Abs. 4 GVG für die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen u. a. dann zuständig ist, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Das zugrunde liegende Revisionsverfahren betrifft die Strafbarkeit von Beteiligten am sog. Pharmamarketing.

    Die Staatsanwaltschaft Verden (Aller) hatte gegen den Geschäftsführer eines Unternehmens ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechung bzw. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr geführt. Das Unternehmen vertreibt Geräte, die zur elektromedizinischen Reizstromtherapie bestimmt sind. Nach Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens, hat die Staatsanwaltschaft in einem selbstständigen Verfallsverfahren beantragt, gegen das Unternehmen Wertersatz in Höhe von 350.225 Euro für verfallen zu erklären.

    Das Landgericht Stade hat diesen Antrag als unzulässig verworfen. Nach seinen Feststellungen schloss das Unternehmen mit der AOK N. Verträge über die Abgabe der Reizstromtherapiegeräte an Patienten zur häuslichen Eigenanwendung. Es stellte zudem niedergelassenen Ärzten hochwertige Apparaturen für deren Praxis zur Verfügung und erließ das hierfür zu zahlende Entgelt vollständig oder teilweise, wenn der Arzt Verordnungen über den Bezug eines Reizstromtherapiegeräts ausstellte und diese dem Unternehmen zukommen ließ. Zwischen September 2004 und November 2008 gingen dem Unternehmen mehr als 70.000 Verordnungen zu. Es rechnete seine Leistungen sodann auch gegenüber der AOK N. ab.

    Das Landgericht hat diesen Sachverhalt rechtlich dahin gewürdigt, dass weder die Voraussetzungen einer Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB noch diejenigen einer Vorteilsgewährung nach § 333 StGB oder Bestechung nach § 334 StGB gegeben seien. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision.

    Für die Entscheidung erheblich ist danach vorrangig, ob ein niedergelassener Vertragsarzt bei der Behandlung gesetzlich Versicherter – hier: Verordnung von Hilfsmitteln – als Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB anzusehen ist mit der Folge, dass die Beteiligten ein Amtsdelikt (Vorteilsannahme bzw. -gewährung, Bestechlichkeit bzw. Bestechung, §§ 331 ff. StGB) begehen können. Ist dies zu verneinen, hängt der Ausgang der Revision davon ab, ob der Vertragsarzt Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB ist. Diese Fragen sind in der Literatur umstritten. Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu sind bisher nicht ergangen. Ihre Beantwortung hat über den vorliegenden Einzelfall hinaus erhebliche Auswirkungen auf die Strafverfolgungspraxis im weit verbreiteten Bereich des sog. Pharmamarketing.

    Az:. 3 StR 458/10 – Beschluss vom 5. Mai 2011

  • 2. Strafsenat des OLG Nürnberg, Az.: 2 St OLG Ss 147/10

    Das AG Schwandorf hat die Angeklagte wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50,00 Euro verurteilt und hat ein Fahrverbot von einem Monat ausgesprochen. Die Angeklagte legte dagegen, beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch, Berufung ein. Das LG Amberg hat die Berufung als unbegründet verworfen. Dagegen wandte sich die Angeklagte mit dem Rechtmittel der Revision.

    Der 2. Strafsenat erachtet die Revision der Angeklagten als begründet, da die vom AG Schwandorf getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage für eine Strafzumessung bildeten und das LG Amberg darüber hinausgehende Feststellungen getroffen hat, die ihm verwehrt gewesen sind.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die Feststellungen des AG tragen zwar den Schuldspruch des unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Sie ermöglichen aber keine Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots. Nach § 44 StGB kann ein solches verhängt werden, wenn jemand „im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ eine Straftat begeht. Derartige Feststellungen wurden nicht getroffen.
    Das LG hat vorliegend über die vom AG zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen hinaus zusätzliche Feststellungen getroffen. Zudem ist es bei seiner Entscheidung zum Fahrverbot ersichtlich von seinen ergänzenden Feststellungen ausgegangen. Folglich hat das LG Feststellungen über die Rechtsfolgen in unzulässiger Weise in seiner Entscheidung zugrunde gelegt, aus denen sich im Vergleich zu den rechtskräftig gewordenen Feststellungen des AG erst die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots ergeben. Die zusätzlichen Feststellungen des LG wirken sich damit „strafschärfend“ aus. Solche Feststellungen zu treffen, war dem LG verwehrt.“

    Der Strafsenat hob das Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Amberg zurück. Die Revision der Verteidigung hatte damit Erfolg.


  • Das Landgericht hat die Angeklagten D. und C. wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ( Betäubungsmittelstrafrecht ) zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Jahren verurteilt.

    Die Angeklagte J. hat es wegen Beihilfe zu dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollziehung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

    Hiergegen legten die Angeklagten D., und C. Revision ein. Die Angeklagte J. legte ebenfalls Rechtsmittel ein. Die  Revision des D., eine allgemeine Sachrüge und das sich auf das Strafmaß beziehende Rechtsmittel der J., blieben ohne Erfolg, Die Revision des C. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils.

  • 1. Strafsenat des BGH, Az. 1 StR 210/10

    Das Landgericht München I hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung verurteilt. Hiergegen wendet er sich in seiner Revision, die mit Beschluss des LG Münchens aufgrund vom Landgericht festgestellten versäumten Frist zunächst als unzulässig verworfen worden ist. Der Bundesgerichtshof hob diesen Beschluss auf, da nach Ansicht des Senats die Frist für die Begründung der Revision vom Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht versäumt worden ist.

    Aus dem Wortlaut des 1. Strafsenats des BGH zur Voraussetzung der Wirksamkeit der Zustellung des Urteils für den Beginn der Revisionsbegründungsfrist:

    “Voraussetzung hierfür (der Beginn der Frist) ist gemäß § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO die wirksame Zustellung des Urteils. Hieran fehlt es, wie der Generalbundesanwalt unter Hinweis auf BGHR StPO § 37 Abs. 1 Wirksamkeit 3 zutreffend ausgeführt hat. Eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschl. vom 23. November 2004 – 5 StR 429/04) kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, da das Schreiben vom 12. Januar 2010 nur mitteilt, „dass das Urteil am 23.12.2009 in der Kanzlei eingegangen ist“. Dem lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass das Urteil der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war (Pflichtverteidiger Rechtsanwalt T. ), tatsächlich zugegangen ist. Die ordnungsgemäße Zustellung ist deshalb nachzuholen.“

    Somit ist die Revision des Angeklagten zulässig und der Beschluss des Landgerichts wurde aufgehoben.

  • Ebenfalls wurde vom Bundesrat am 7.05.2010 ein Gesetzesentwurf zur „Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens“ beschlossen und in den Bundestag eingebracht (BR-Drucks. 120/10).

    Angesichts der begrenzten Ressourcen der Justiz bestehe ein Verbesserungsbedarf in den unterschiedlichen Abläufen des Strafverfahrens. Hierbei sei es das Ziel, die Strafverfahren zu beschleunigen ohne dabei die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen oder gegen berechtigte rechtsstaatliche Interessen des Bürgers, aber auch des Rechtstaatsprinzips zu verstoßen. Viele Vorschläge seien in der Literatur und auch rechtspolitischen Diskussion bereits aufgetaucht, jedoch herrsche hier eine gewisse Uneinigkeit.

    Im Hinblick auf strukturelle Reformen forderte der Bundesrat bereits vor einigen Jahren (BR-Drucks. 660/06) einen Gesetzesentwurf zur Effektivierung des Strafverfahrens. Von dem Entwurf wurden jedoch nur einige Teile umgesetzt. Hier bestünde noch weiterer Bedarf.

    Der derzeitige Entwurf sieht beispielsweise die Einführung einer Pflicht vor, dass Zeugen auf Ladung vor der Polizei zu erscheinen haben. Diese Pflicht soll das Ermittlungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Ferner sind die Erstreckung des §153a StPO auf das Revisionsverfahren und eine Modifizierung der gerichtlichen Zuständigkeit bei den Entscheidungen nach §454 b Abs. 3 StPO in dem vorgelegten Entwurf vorgesehen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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